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Brustvergrößerung mit Implantaten: Viel Unsicherheit zum Thema "Silikonimplantat assoziiertes Lymphom ALCL", aktuelle Fakten und Empfehlungen für Ärzte und Patientinnen

Brustvergrößerung mit Implantaten: Viel Unsicherheit zum Thema "Silikonimplantat assoziiertes Lymphom ALCL", aktuelle Fakten und Empfehlungen für Ärzte und Patientinnen
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Hannover (ots)

Nachdem bereits im Dezember 2018 texturierten Implantaten der Marke Allergan in Frankreich die CE-Zertifizierung entzogen wurde, erweiterte die französische Regulierungsbehörde Agence Nationale de Sécurité du Médicament (ANSM) im März 2019 das Verbot auf einige Implantate von weiteren - namhaften - Herstellern. Damit wurde auch die Presse auf eine sehr seltene Nebenwirkung von Silikonimplantaten aufmerksam: das sogenannte "Brustimplantat assoziierte anaplastische großzellige Lymphom" oder abgekürzt BIA-ALCL. Bei den verbotenen Implantaten handelte es sich um texturierte und polyurethan-beschichtete, wo hingegen glatte und mikrotexturierte Implantate empfohlen wurden.

Seit wann ist ALCL der Wissenschaft bzw. den Behörden bekannt?

1997 gab es die erste wissenschaftliche Publikation, die auf diesen Tumor-Typ hinwies. 2011 hatte die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) über diesen sehr seltenen von T-Zellen abstammenden Non-Hodgkin-Lymphom berichtet und Chirurgen darauf aufmerksam gemacht. Damals waren 60 Fälle dieser Erkrankung in den USA registriert worden. Diese Zahl stieg bis Anfang Feb. 2019 auf 359, was durch die größere Aufmerksamkeit der Chirurgen bei Entfernung von alten Implantaten und Weiterleitung der Informationen in Form von Medical Device Report an FDA erklärt werden kann. 2016 klassifizierte die WHO diesen Tumortyp als eine eigene Entität.

So neu scheinen also die Daten zu diesem Thema nicht zu sein. Was passierte aber, dass nun die Gesundheitsbehörden weltweit sich diesem Thema intensiver widmen?

Nach aktuellen klinischen Daten traten die meisten ALCL-Fälle bei Patientinnen mit grob texturierten Implantaten auf. Wissenschaftlich evident sind diese Daten allerdings nicht, da keine kontrollierten klinischen Studien dazu existieren, die Patientengruppen mit glatten und texturierten Implantaten vergleichen. Ein kausaler Zusammenhang ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen bzw. der Mechanismus für die Entstehung des BIA-ALCL ist noch nicht ermittelt worden. Bisher handelt sich somit um Mutmaßungen, die in den nächsten Jahren erst durch entsprechende wissenschaftliche Arbeiten belegt oder widerlegt werden könnten, auch wenn die bisherige Datenlage einen Zusammenhang zwischen texturierten Implantaten und ALCL sehr wahrscheinlich macht. Das ist dann auch der Grund, weshalb sich weder die FDA noch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) der Einschätzung der französischen Behörde anschlossen und texturierte und polyurethan-beschichtete Implantate nicht verboten haben.

Wie hoch ist das Risiko an BIA-ALCL zu erkranken?

Laut der "Deutschen Gesellschaft der plastischen, rekonstruktiven und ästhetischen Chirurgen DGPRÄC" schwanken die Zahlen zwischen 1 zu 100.000 bis zu 3 von 100 Millionen Erkrankten pro Jahr, unabhängig davon, ob die Implantate für ästhetische oder rekonstruktive Zwecke eingesetzt wurden. Weltweit sind bis September 2018 626 histologisch bestätigte ALCL- und 16 Todesfälle bei 35 Millionen Implantierten bekannt geworden, davon 10 in Deutschland, somit extrem selten.

Was sind die typischen Symptome von BIA-ALCL? Wie sollte man als Patientin oder Arzt handeln?

Ganz wichtig: ohne Symptome gibt es keinen Handlungsbedarf, unabhängig von der Implantatmarke oder Beschichtung!

Bei ALCL kommt es fast immer mindestens ein Jahr - am häufigsten zwischen 7. bis 10. Jahr - nach Implantation von meist texturierten Implantaten zu einem ein- oder beidseitigen Serom im Implantatlager, was nicht durch eine Infektion oder Trauma erklärt werden kann. Dies führt zu einer Brustschwellung, neu aufgetretener Asymmetrie und manchmal auch Schmerzen. Ebenso kann es zu Hautveränderungen in Form von Inflammation oder Lymphknotenadenopathien kommen

Treten diese Symptome auf, sollten Untersuchungen wie Ultraschal oder MRT zur Bestätigung des Seroms veranlasst werden. Es kann zudem eine Punktion der Flüssigkeit mit anschließender Zytologie durchgeführt werden. Es sollte aber in jedem Falle eine baldige Operation geplant werden. Bei der Operation sollte die gesamte Kapsel-Implantat-Einheit entfernt werden. Ebenso sollten bei Nachweis von soliden Tumoren oder vergrößerten Lymphknoten diese ebenfalls komplett mit histologisch freien Schnitträndern entfernt werden. Bei fortgeschrittenen Erkrankungen kann eine Chemo- und/oder Strahlentherapie erwogen werden. So therapiert haben die ALCL erkrankten Patientinnen in frühen Stadien eine gute Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 89%.

Unabhängig davon wird allen Frauen mit Brustimplantaten einmal jährlich eine Untersuchung beim Chirurgen empfohlen.

Was für Konsequenzen sollten die Chirurgen und die Politik aus der aktuellen Datenlage bezüglich ALCL ziehen?

Nach Empfehlung von DGPRÄC sollte bis auf weiteres und nach Möglichkeit auf den Einsatz von texturierten und polyurethan-beschichteten Silikonimplantaten verzichtet werden. Angestoßen wurde zudem die Implementierung eines verpflichtenden Implantatregisters. Der Gesetzesentwurf hierzu liegt bereits vor, die Umsetzung soll ab 2021 erfolgen. Langfristig lassen sich durch solche Register genauere Aussagen zu implantat-assoziierten Risiken treffen. In unserer Klinik in Hannover werden Brustvergrößerungen nur noch mit mikrotexturierten Implantaten durchgeführt, um das Risiko bereits jetzt zu minimieren.

Quellen:

- Ärzteblatt

https://www.aerzteblatt.de/archiv/200706/Brustimplantat-assoziiertes-Lymphom

https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=102183&s=allergan

- "Deutschen Gesellschaft der plastischen, rekonstruktiven und ästhetischen Chirurgen DGPRÄC" http://ots.de/K9XUpI

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