4. Karlsruher Präventionsgespräch
Rauchschäden minimieren - eine ärztliche und politische Aufgabe
Karlsruhe (ots)
Am 21.06.2023 fand im Klinikum Karlsruhe das 4. Karlsruher Präventionsgespräch statt. Prof. Dr. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie des Städtischen Klinikums Karlsruhe, hatte dazu erneut eingeladen. Das Ziel der Karlsruher Präventionsgespräche ist es, einen fachübergreifenden interdisziplinären Konsens zu verschiedenen Fragen der Prävention von Gefäßkrankheiten zu schaffen und diesen allen interessierten Kollegen zu vermitteln.
Das Ergebnis fasst Prof. Storck wie folgt zusammen: "Es ist auch in Zukunft die Aufgabe der Ärzteschaft und der Wissenschaft, an die Bedeutung des Rauchens als größtes vermeidbares Risiko für die Gesundheit zu erinnern und zugleich den Dialog mit Betroffen und der verantwortlichen Politik zu suchen. Das gemeinsame Ziel muss sein, diese Risiken mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu minimieren, auch durch eine lebensnahe Strategie von Medizinern und Regulierern, die sich am jeweiligen Risikoniveau der Nikotinprodukte orientiert."
Evidenz kann nicht länger ignoriert werden
Nach Einführung in das Thema der Raucherentwöhnung durch Prof. Storck, eröffnete der Suchtexperte Prof. Dr. Backmund aus München die Reihe der Vorträge. Er klärte zunächst über den Begriff der Sucht auf. Für den Betroffenen ist sie eine Strategie, um innere Spannungen, Konflikte oder Ängste zu bewältigen. Eine effektive Therapie der Sucht ohne Bewältigung dieser inneren Probleme ist nicht möglich. Wenn die Sucht den Betroffenen durch Akut- oder Spätschäden gefährdet, gilt es, nach praktikablen Lösungen zu suchen. Hier kommt dem Begriff der Harm Reduction (Schadensreduktion) in vielen Bereichen der Suchttherapie eine große Bedeutung zu.
Prof. Dr. Martin Scherer, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, wies auf die Rolle der Allgemeinmediziner bei der Patientenversorgung und auch bei der Versorgung von Patienten mit Süchten hin. Klare und umsetzbare Empfehlungen in den Leitlinien zur Raucherentwöhnung sind daher wünschenswert und die Evidenz für den Nutzen der schadstoffreduzierten E-Zigaretten ist entsprechend für die Praxis von großer Bedeutung. Dabei ist die inzwischen zunehmende Evidenz für schadstoffreduzierte Alternativen ohne Tabakverbrennung mittlerweile so überzeugend, dass sie von den Leitlinien nicht mehr ignoriert werden kann.
Niemals nichts anbieten
Prof. Dr. Ute Mons, Professorin für Kardiovaskuläre Epidemiologie des Alterns an der Universität Köln hat sich mit dem Thema Tabakkontrolle im internationalen Vergleich beschäftigt. So steht Deutschland auf der Tabacco Control Scale der WHO weit unten. Vergleicht man die in der Skala weit vorne stehenden Nationen England und Irland mit Deutschland sieht man, dass es in diesen Ländern konsequente und immer wieder angepasste Pläne gibt, mit denen die Politik und das Gesundheitssystem gemeinsam versuchen, die Anzahl der Rauchenden aktiv zu reduzieren. Ein solcher strukturierte Plan und eine vergleichbare zielgerichtete Zusammenarbeit fehlen in Deutschland, kritisierte Prof. Mons.
Anschließend schilderten Dr. Thomas Hering, Pneumologe aus Berlin und Prof. Dr. Knut Kröger, Angiologie am Helios Klinikum Krefeld, ihre Sicht auf den klinischen Alltag von rauchenden Patienten mit fortgeschritten Spätschäden infolge des Rauchens. Bei der Beratung dieser Patienten steht die regelmäßige Ansprache des Problems im Vordergrund. Diese soll aber nicht belehrend und bevormundend, sondern als eine unterstützende und motivierende Gesprächsführung (Motivational Interviewing) erfolgen und muss einen festen Stellenwert in der Praxis und im Klinikalltag haben. Die Raucher, die nicht für den Rauchstopp motiviert werden können, sollten aber nicht alleine gelassen werden. Vielmehr ist es in diesem Kontext ethisch vertretbar und geboten, das Thema Harm Reduction anzusprechen. "Niemals nichts anbieten", betonte Prof. Hering.
Mehr Optionen durch neue Studie
Dass das Thema Raucherentwöhnung auch beim gemeinsamem Bundesausschuss (G-BA) angekommen ist, zeigt die neu initiierte ASCHR Studie (Aachener Smoking Cessation and Harm Reduction). Diese telemedizinische Studie ist aus Mitteln des Innovationsfonds des G-BA finanziert. Sie untersucht, ob die stufenweise Ausschöpfung aller in der S3-Leitlinie zur Raucherentwöhnung genannten Hilfsmittel und darüber hinaus das Angebot von E-Zigaretten oder Tabakerhitzern zur Schadstoffreduktion häufiger zum Rauchstopp führt, als die bisherige Standardtherapie. Diese beschränkt sich auf eine einfache Beratung durch den betreuenden Arzt mit der Aufforderung, sich selbst ein Nikotinersatzprodukt zu kaufen. Eingeschlossen in die neue Studie werden Patienten, die wegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit eine Intervention oder Operation benötigen.
Der politische Gedanke, der von diesen 4. Karlsruher Präventionsgespräch ausgeht, trägt dazu bei, die Rauchschäden deutschlandweit effektiv zu minimieren.
Video 4. Karlsruher Präventionsgespräch
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