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KfW-Förderstopp kostet die sozialen Vermieter Norddeutschlands mindestens 250 Millionen Euro. Der Neubau und die energetische Sanierung von mehr als 13.000 Wohnungen sind gefährdet.

21/2022

Hamburg/Kiel/Schwerin. Der am Montag vergangener Woche überraschend von der Bundesregierung verkündete Stopp der KfW-Programme in der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) kostet in Norddeutschland die sozialen Vermieter von Wohngebäuden mindestens 250 Millionen Euro an Fördermitteln.

Zudem sind die Errichtung und die energetische Modernisierung von mehr als 13.000 bezahlbaren Wohnungen bedroht. Von den meisten Unternehmen wird genannt, dass durch die entfallene Förderung außerplanmäßige Kostensteigerungen entstehen, aus denen wiederum zwingend höhere Erstbezugsmieten bzw. Mieten nach der Modernisierung resultieren. Ferner rechnet eine Mehrheit der sozialen Vermieter mit einer teils erheblichen Verzögerung des Baubeginns geplanter Vorhaben.

Das sind die Ergebnisse einer Umfrage unter 295 im Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) organisierten Wohnungsgenossenschaften und -gesellschaften. An der Umfrage, die am vergangenen Donnerstag und Freitag durchgeführt wurde, nahmen 80 Unternehmen aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern teil.

„Die Ergebnisse unserer Umfrage übertreffen erste Befürchtungen und machen deutlich: die Entscheidung der Bundesregierung gefährdet im bezahlbaren Wohnungssegment massiv bereits geplante Neubau- und Modernisierungsvorhaben mit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden energetischen Standards und konterkariert damit die Anstrengungen der sozialen Vermieter für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner.

„Der Förderstopp legt die Axt an den Bau und die energetische Sanierung bezahlbarer Wohnungen im Norden Deutschlands“, so der VNW-Direktor weiter. „Dem Klimaschutz wird ein Bärendienst erwiesen. Die Regierenden machen das Wohnen für Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen unbezahlbar. Allein der Wegfall der Förderung des KfW55-Standards führt zu einer Mietsteigerung von mindestens 1,50 Euro pro Quadratmeter.“

Zwei Drittel der sozialen Vermieter sind vom Förderstopp betroffen

68 Prozent der Unternehmen, die an der Umfrage teilnahmen, gaben an, sie seien von der Einstellung der Förderung betroffen. 60 Prozent fürchten Auswirkungen auf Neubauprojekte, 37 Prozent auf Modernisierungsvorhaben. Hauptgründe für die Verzögerung, Rückstellung oder vollständige Aufgabe geplanter Bauvorhaben sind

  • Unwirtschaftlichkeit durch wegfallende Fördermittel,
  • Finanzierungslücken,
  • der Verlust von Planungs- sowie Kalkulationssicherheit und eine
  • Überschreitung der Belastungsgrenze der Mieterhaushalte.

„Bedrückend ist die Einschätzung vieler Unternehmen, dass ihre Mieterinnen und Mieter nach Wegfall der Förderung die Kosten für die Wohnung nicht mehr stemmen können“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Die sozialen Vermieter stehen zu den Klimaschutzzielen der Politik. Aber wir haben immer auch gesagt: die Akzeptanz von Nachhaltigkeit und Klimaschutz unter den Menschen wird es nur geben, wenn das Wohnen auf Dauer bezahlbar bleibt.“

Im Augenblick sehe es so aus, dass vor allem die Menschen mit weniger Einkommen die Zeche zahlen müssten, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner weiter. „Sie können sich ihr Zuhause nicht mehr leisten. Damit wächst die Gefahr, dass sich die Menschen von Nachhaltigkeit und der unverzichtbaren Reduzierung der Treibhausgase abwenden. Zudem rückt das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, in weite Ferne. Der Neubau wird ausgebremst.“

„Im Ernstfall bleiben tolle und wichtige Projekte in der Schublade.“

In ihren Antworten beklagen die sozialen Wohnungsunternehmen einen massiven Vertrauensverlust in die Politik und eine mangelnde Verantwortung der Regierung. Die Planung für Modernisierungs- und Neubauprojekte habe eine lange Vorlaufzeit. Viele Mieter seien bereits umfangreich informiert und hätten sich auf die Maßnahmen gefreut.

Die Planung sei auf die bisher förderfähigen Standards hin ausgerichtet. Grundstücke wurden erworben, Ausschreibungen durchgeführt, Bauanträge gestellt und genehmigt sowie Finanzierungskonzepte aufgestellt. „Jedes betroffene Projekt ist ein Zug mit vielen Waggons, der jetzt unerwartet vor einer roten Ampel im Nebel steht“, sagt der VNW-Direktor. Die Unternehmen hätten nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden, sondern verlören auch an Glaubwürdigkeit. „Im Ernstfall bleiben tolle und wichtige Projekte in der Schublade.“

Zudem fürchten die Unternehmen, dass neue, noch strengere Standards zu einer weiteren Steigerung der Baukosten und zu zusätzlichen Belastungen der Mieter führen werden. Für Verärgerung sorgt vor allem die fehlende Verlässlichkeit der bestehenden Fördermechanismen und die derzeitige Ungewissheit darüber, wie die künftige Förderstruktur aussehen wird - und wann sie kommt. Soziale Vermieter seien auf Planungssicherheit und gute Rahmenbedingungen angewiesen. Nur so könnten sie bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Eine Reihe von Unternehmen kündigte an, derzeit keine Neubauprojekte mehr zu starten und Planungen für die energetische Sanierung von bestehenden Gebäuden zurückzustellen. Gründe seien ein nicht kalkulierbarer Zeitverzug und hohe Kosten für die Umplanung. Es sei offen, ob und zu welchen Mieten die Projekte künftig realisiert werden könnten. „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Projekte zumindest teilweise um Jahre verschoben werden müssen“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner.

Bei der Förderung künftig bezahlbaren Wohnraum berücksichtigen

Die sozialen Vermieter fordern von der Politik Klarheit, rasche Ersatzförderprogramme, Verlässlichkeit und die Einhaltung von Zusagen. Bei künftigen Förderprogrammen sollte mehr berücksichtigt werden, ob bezahlbare Wohnungen gebaut beziehungsweise saniert werden. „Mietwohnungsbau muss Vorfahrt erhalten“, so der VNW-Direktor. Zudem seien der Abbau von Bürokratie und eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren unverzichtbar.

Auf jeden Fall sollten Anträge für den KfW55-Standard, die bis zum 31.Januar 2022 eingehen, noch bearbeitet und genehmigt werden. Eine weitere Verschärfung der Effizienzstandards wird von einigen Unternehmen kritisch gesehen. Besonders gefordert seien jetzt die Förderbanken der Bundesländer, um Finanzierungslücken durch attraktive Förderprogramme zu schließen.

„Die sozialen Vermieter stehen bereit, bei der Erarbeitung sinnvoller Förderprogramme mit der Politik zusammenzuarbeiten“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Wir vertreten dabei auch die Interessen unserer Mieterinnen und Mieter. Eines dürfte inzwischen klar sein: ohne eine ausreichende Zuschussförderung werden die ambitionierten Klimaschutzziele im Bereich der Wohnungswirtschaft nicht zu erreichen sein.“

Die Zahlen für die einzelnen Bundesländer

In Hamburg kostet der Stopp der KfW-Förderung für mehr Klimaschutz die sozialen Vermieter mindestens 77 Millionen Euro an Fördermitteln. In der Hansestadt sind die Errichtung und die energetische Modernisierung von mehr als 2000 bezahlbaren Wohnungen gefährdet.

In Mecklenburg-Vorpommern kostet der Stopp der KfW-Förderung für mehr Klimaschutz die sozialen Vermieter mindestens 36 Millionen Euro an Fördermitteln. Im Nordosten sind die Errichtung und die energetische Modernisierung von mehr als 800 bezahlbaren Wohnungen gefährdet.

In Schleswig-Holstein kostet der Stopp der KfW-Förderung für mehr Klimaschutz die sozialen Vermieter mindestens 130 Millionen Euro an Fördermitteln. Im Norden sind die Errichtung und die energetische Modernisierung von mehr als 10.000 bezahlbaren Wohnungen gefährdet.

2022/01/30

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 403 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 686.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,20 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.

V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de

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