Deutschen Unternehmen droht "Zombiefizierung" - Zeit für Politik und Wirtschaft zu handeln
Düsseldorf (ots)
Eine neue Studie der Strategieberatung Kearney hat weltweit sogenannte "Zombieunternehmen" unter die Lupe genommen. Darunter versteht man Unternehmen, die drei Jahre in Folge nicht in der Lage sind, mit ihrem operativen Ergebnis die laufenden Zinsverbindlichkeiten zu decken. Schaut man auf Deutschland, könnte sich die Lage in Anbetracht potenziell steigender Zinssätze in den nächsten Jahren verschärfen. Unternehmen sollten nun ihre Geschäftsmodelle anpassen, um die Auswirkungen künftiger Zinserhöhungen abzumildern.
Der Anteil der weltweiten sogenannten "Zombieunternehmen" ist im Jahr 2022 um fünf Prozent gestiegen. Das ist das Ergebnis der internationalen Kearney-Studie "Dawn of the Debt: Will higher interest rates doom more zombie companies?"
Blickt man auf einzelne Länder und Regionen, bietet sich ein heterogenes Bild. Während in vielen Ländern die Anzahl der Zombieunternehmen zugenommen hat (USA +22%, China +2%, Dänemark +104%, UK +18% und Frankreich +5%), gingen die Zahlen in anderen Regionen zurück (Spanien -60% und Italien -6%).
Zombieunternehmen in Deutschland
4,2 Prozent der deutschen Unternehmen gelten als "Zombieunternehmen". Damit ist die Zahl der Zombies in Deutschland zwar um insgesamt 2 Prozent gesunken, nichtsdestoweniger muss die hiesige Wirtschaft die steigenden Zinsen im Auge behalten.
"Wir können davon ausgehen, dass die deutsche Wirtschaft im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt und sogar zu ihren europäischen Pendants stärker von Zinserhöhungen betroffen sein wird. Unternehmen sollten daher frühzeitig gegensteuern, bevor sie der Zinshammer trifft", empfiehlt Nils Kuhlwein, Partner & Managing Director, Head of Service Line Restructuring bei Kearney.
Deutschland muss sich also für eventuell ansteigende Zinssätze wappnen, denn ein in der Studie durchgeführter Stresstest zeigt: Bereits bei einem 1,5-fachen Zinsanstieg würde der Zombieanteil auf 5,1% steigen, bei einem 2-fachen Zinsanstieg auf sogar insgesamt 5,5%. Diese Zahlen liegen über den weltweiten Durchschnittswerten und würden dazu führen, dass Deutschland andere Länder wie Italien in Sachen Zombieanzahl überholt.
Dass Deutschland insgesamt einen Rückgang an Zombies verzeichnen kann, liegt daran, dass einige Zombies es geschafft haben, sich aus der Situation zu befreien (28%), während andere Zombies aus 2021 schlichtweg in Insolvenz gegangen sind und nicht mehr existieren (28%). Damit stieg der Anteil jener Unternehmen, die aus eigener Kraft den Turnaround nicht vollziehen konnten und insolvent gingen, deutlich um 7 Prozentpunkte (von 21% im Jahr 2021). Die Wiedereinführung von Insolvenzvorschriften, die während der COVID-19-Pandemie ausgesetzt worden waren, könnte sich hier ausgewirkt haben.
Der Blick auf einzelne Branchen
Hier stellt die Studie heraus, dass die Zahl der Zombieunternehmen zwar von Jahr zu Jahr gestiegen ist, aber in einzelnen Branchen sehr unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten sind. So wies die Luftfahrtindustrie 2021 weltweit einen Zombieanteil von 3,2 % auf, der 2022 auf 26,1 % anstieg. Umgekehrt führten hohe Gewinne aufgrund steigender Energiepreise zu einem Rückgang der Zombieunternehmen im Energiesektor um 13 % im Jahr 2022.
In Deutschland fällt auf, dass insbesondere die deutsche Industrie einen starken Anstieg an Zombies zu verzeichnen hat, + 67%, während in der IT-Branche ein Rückgang von - 67% zu beobachten ist.
Prognose der Kearney-Experten
Kearney geht davon aus, dass die Rate der "Zombiefizierung" und des Scheiterns von Zombieunternehmen in den kommenden 3-4 Jahren im Einklang mit den Zinssätzen zunehmen wird. Unternehmen, die in diesem Zeitraum festverzinsliche Darlehen refinanzieren müssen, werden mit teilweise deutlich höheren Zinssätzen konfrontiert werden, sofern die Zinssätze auf heutigem Niveau bleiben oder weiter steigen, was die Kosten in die Höhe treibt und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie sich zu Zombies entwickeln. Gleichzeitig steigt das Risiko, dass der Kapitalmarkt das Vertrauen in die Solvenz dieser Unternehmen verlieren könnte, was dann unmittelbar zu einer Insolvenz führen würde.
"Angesichts der turbulenten globalen Wirtschaftslage ist es nicht überraschend, dass die Zahl der Zombieunternehmen weltweit gestiegen ist. Die Entwicklung ist entsprechend besorgniserregend. Unternehmen, die nicht in der Lage sind, ihre Zinsverpflichtungen aus den laufenden Gewinnen zu begleichen, befinden sich in einer prekären Lage - und es reicht nicht aus, darauf zu warten, dass sich die Märkte ändern. Die betroffenen Unternehmen müssen jetzt handeln. Unsere Stresstests haben deutlich gemacht, dass einige Unternehmen noch stark unter Druck geraten könnten. Wichtig wird sein, dass sie ihre Geschäftsmodelle erneuern und sich schnell anpassen, um die Auswirkungen weiterer Zinserhöhungen abzumildern, bevor sie in Kraft treten", so die Einschätzung von Kearney Partner und Restrukturierungsexperte Nils Kuhlwein.
Über die Studie:
Die Studie analysiert 70.000 weltweit börsennotierte Unternehmen aus 180 Branchen und 153 Ländern. Der Datensatz umfasst mehr als 5 Millionen einzelne Datenpunkte und deckt Informationen von 2000 bis heute ab.
Über Kearney
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