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Tag der Deutschen Einheit

„Wir Deutschen neigen dazu, Erfolge zu wenig zu feiern“

„Wir Deutschen neigen dazu, Erfolge zu wenig zu feiern“
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Ein Land, 16 Bundesländer, 32 Botschafterinnen und Botschafter. Zum diesjährigen Tag der Deutschen Einheit zeigt Deutschland Gesicht: In ganz persönlichen Protokollen stellen die Einheitsbotschafter sich und ihre Idee der Deutschen Einheit vor.

„Wir Deutschen neigen dazu, Erfolge zu wenig zu feiern“

Einheitsbotschafterin Schleswig-Holstein – Katja Matthes

Prof. Dr. Katja Matthes (45) wuchs in Berlin-Zehlendorf auf. Sie absolvierte ihr Meteorologie-Studium an der Freien Universität Berlin. Nach der Promotion arbeitete sie unter anderem am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Seit 2012 hat Katja Matthes eine Professur am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, dessen Leitung sie 2020 übernahm. Sie fühlt sich in Schleswig-Holstein sehr wohl und meint, dass wir Deutschen viel mehr würdigen sollten, was durch die Einheit alles erreicht wurde.

Ich bin zwar erst seit 2012 in Schleswig-Holstein, trotzdem ist hier mein Zuhause. Nicht nur wegen der zwei Meere und der vielen Inseln – mit Helgoland haben wir sogar eine echte Hochseeinsel. Ich werde oft beneidet, dort zu wohnen, wo andere Urlaub machen. Gar kein schlechtes Gefühl, Schleswig-Holstein.

Seit 2020 leite ich das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Wir beschäftigen uns unter anderem mit dem Klimawandel und seinen Folgen – und wissen seit langem, dass es Zeit ist zu handeln.

Für die Deutsche Einheit haben die Menschen friedlich auf der Straße protestiert. Ich wünsche mir jetzt diesen Mut zu Veränderung, zusammen mit unseren wissenschaftlichen Erkenntnissen, für eine klimafreundlichere Gesellschaft einzutreten.

Ich bin im Westteil Berlins aufgewachsen, das war für mich immer wie eine Insel. Plötzlich war alles anders. Wir waren mittendrin, konnten unkompliziert überall hin.

Am Morgen nach dem 9. November 1989 hatte unser Deutsch- und Geschichtslehrer auf dem Lehrertisch einen Fernseher aufgebaut. Das gab es noch nie. Er zeigte uns die Bilder vom Mauerfall und sagte dann feierlich: „Dies ist ein historischer Tag, den ihr nie vergessen werdet. Ihr habt jetzt schulfrei. Fahrt mit Euren Eltern in den Ostteil und seht Euch alles an.” Meine Eltern haben uns drei Kinder geschnappt und sind mit uns zur Oberbaumbrücke losgefahren.

Meine Kinder können sich das alles gar nicht mehr vorstellen. Ich habe natürlich versucht, ihnen das mit der Teilung zu erklären. Leute, die quasi in der Nachbarschaft leben und die die gleiche Sprache sprechen – und einander nicht besuchen können. Als Gegenfrage kam dann: Und warum machen die Menschen das? Dafür gibt es keine Erklärung.

Klar hätte man bei der Einheit einiges anders, besser machen können. Zum Beispiel das System der Kinderbetreuung und die Polikliniken aus der DDR hätte man übernehmen und ausbauen können. Davon hätten wir alle profitiert. Bei der Angleichung der Löhne ist noch Handlungsbedarf.

Man muss aber auch würdigen, was durch die Einheit alles geschafft wurde. Wir Deutschen neigen bisweilen dazu, Erfolge zu wenig zu feiern. Wir beschweren uns lieber und sehen eher die Probleme.

Welche Namen ich mit der Einheit verbinde? Für mich stehen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow ganz vorn. Aber auch Hans-Dietrich Genscher, hier denke ich immer an seine Gänsehautrede in der Prager Botschaft – und Günther Schabowski und seine später legendär gewordene Wortgruppe: Sofort und unverzüglich.

Mit freundlichen Grüßen
Susanne Bethke
Projektleiterin Bundesratspräsidentschaft/
Tag der Deutschen Einheit 2021
Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt
Hegelstraße 40 - 42
39104 Magdeburg
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