Tiroler Tourismus: Gedämpfte Freude über positive Winterbilanz - BILD
Innsbruck (ots)
In der bisherigen Wintersaison sind so viele Gäste nach Tirol gekommen wie noch nie. Im Zeitraum November 2014 bis März 2015 hat es fünf Millionen Ankünfte gegeben, das entspricht einem Plus von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Nächtigungen haben um 2,2 Prozent auf 23,7 Millionen zugelegt. Das ist im langjährigen Vergleich das drittbeste Ergebnis für den Zeitraum November bis März. Der Trend zu kürzeren Aufenthalten hat sich mit einem leichten Rückgang von 4,8 Tagen im Vorjahr auf 4,7 Tage in diesem Winter erneut fortgesetzt. Vor dem Hintergrund der steigenden Belastungen für die Tourismusbranche - insbesondere durch die geplante Steuerreform - fällt die Reaktion über die positiven Zahlen jedoch verhalten aus.
Heruntergebrochen auf die einzelnen Herkunftsländer gab es auf den Kernmärkten durchwegs positive Ergebnisse. Insbesondere die Zugewinne am Hauptmarkt Deutschland fielen deutlich aus: Die Nächtigungen deutscher Gäste stiegen um 3,9 Prozent, die Ankünfte um 6,2 Prozent. Die Übernachtungen von Niederländern legten um 1,9 Prozent, ihre Ankünfte um 2,6 Prozent zu. Der Inlandsmarkt verzeichnete ein Plus von 0,7 Prozent bei den Übernachtungen und von 3,5 Prozent bei den Ankünften. Bei Gästen aus Russland gab es mit einem Minus von 34,4 Prozent bei den Übernachtungen und 34,9 Prozent bei den Ankünften hingegen den erwartet deutlichen Rückgang, der auf die schwierigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist. Damit sind die Nächtigungen aus Russland in absoluten Zahlen um 216.000 zurückgegangen, wurden aber alleine durch die Nächtigungssteigerungen am deutschen Markt mit 453.000 mehr als egalisiert. Russland wurde damit als wichtigster ost- und zentraleuropäischer Markt von Polen und Tschechien überholt, wo im bisherigen Winter jeweils deutliche Zuwächse erzielt werden konnten.
Zwtl.: Betriebe mit wirtschaftlicher Entwicklung zufrieden
Mit dem repräsentativen Saisonalen Tourismusbarometer wurde Anfang April die Zufriedenheit der Tiroler Beherbergungsunternehmen mit dem wirtschaftlichen Erfolg der bisherigen Wintersaison erhoben. Dabei zeigen sich 36 Prozent der befragten Betriebe sehr zufrieden, weitere 53 Prozent zufrieden. Nur etwa jeder zehnte Unterkunftsbetrieb ist mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Wintersaison 2014/15 nicht zufrieden. Betrachtet man das aktuelle Ergebnis nach Unterkunftskategorien, so ist der Anteil der sehr zufriedenen Betriebe in der gehobenen Hotellerie mit 45 Prozent am höchsten.
Zwtl.: Landeshauptmann fordert Nachbesserungen
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge bilanziert Tirols Tourismusreferent und Landeshauptmann Günther Platter die aktuellen Entwicklungen: "Der positive und sehr erfreuliche Verlauf von Ankünften und Nächtigungen im heurigen Winter spiegelt die außerordentlichen Leistungen der heimischen Akteure in der Tourismuswirtschaft wider. Dafür gebührt jedem einzelnen großer Dank. Abseits der guten Winterstatistik ist es jedoch ebenso wichtig, ein Auge auf die tatsächliche Wertschöpfung zu legen. In diesem Sinne weist die Tourismusbranche zu Recht darauf hin, dass die Belastungsgrenze erreicht beziehungsweise überschritten ist. Ich war einer der ersten, der auf die einseitigen Belastungen für den Tourismus hingewiesen und Verbesserungen eingefordert hat. Mit meinen Amtskollegen, den Landeshauptleuten Markus Wallner und Wilfried Haslauer, habe ich zuletzt auch in einem Brief an Vizekanzler Reinhold Mitterlehner klargemacht, dass wir auf Änderungen bestehen. Es kann nicht sein, dass eine Branche einseitig belastet wird und habe Verständnis für den Unmut der Touristiker. Niemand soll Angst haben müssen, seinen Betrieb an die Kinder zu übergeben." Die Branche trage entscheidend zum Wohlstand des Landes bei, zumal jeder dritte Vollzeitarbeitsplatz in Tirol direkt von der Tourismus- und Freizeitwirtschaft abhänge und jeder dritte Euro im Tourismus verdient werde. Außerdem werden 90 Prozent der touristischen Investitionen in der Heimat getätigt, so Platter. Erst die jüngste Statistik der EU zur Erwerbslosigkeit in den Regionen hat die Bedeutung des Tourismus als Arbeitgeber wieder bestätigt. Denn nicht zufällig liegen die drei tourismusstarken westlichen Bundesländer mit den niedrigsten Arbeitslosenzahlen auf den ersten drei Plätzen, Tirol hat sogar die geringste Arbeitslosigkeit österreichweit.
Auch bei Josef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung, löst die Bilanz der aktuellen Wintersaison vor dem Hintergrund der Steuerreform gemischte Gefühle aus: "Einerseits hat der Tiroler Bergwinter mit hochwertigen Angeboten und bestem Preis-Leistungsverhältnis entgegen vieler Unkenrufe weiterhin Konjunktur. Alleine die Zuwächse in den klassischen Kernmärkten belegen das. Andererseits wird der internationale Wettbewerb immer härter, daher sind zusätzliche Belastungen eine große Gefahr."
Zwtl.: Land verstärkt Tourismusforschung
Um den Tourismus als zentralen Wirtschaftsfaktor Tirols zu stärken und weiterzuentwickeln, forciert das Land ein Tourismusforschungszentrum, das demnächst in der Landesregierung beschlossen werden soll. "Damit wollen wir die Branche bei der Entwicklung zukunftsfähiger Leistungen und Angebote unterstützen, um im globalen Wettbewerb weiterhin erfolgreich zu bestehen", macht Landeshauptmann Platter deutlich. Das Zentrum baue auf den Forschungsgrundlagen von MCI und Universität auf und werde von diesen beiden Partnern gemeinsam mit Land Tirol, Wirtschaftskammer und Tourismusverbänden getragen. Das Land stellt dafür ab 2016 jährlich 300.000 Euro über fünf Jahre zur Verfügung.
Zwtl.: Tiroler Bergsommer hat Potenzial
Eine positive Entwicklung zeigt der Tiroler Bergsommer, der in den vergangenen zehn Jahren bei den Ankünften um ein Drittel und bei den Nächtigungen um neun Prozent zugelegt hat. Margreiter sieht hier aber noch am meisten Potenzial: "Um diese Wachstumschancen vor allem hinsichtlich Wertschöpfung zu nutzen, braucht es verstärkte Investitionen in Top-Produkte und neue Angebote", so Margreiter. Für ambitionierte Wanderer wurde der Adlerweg neu gestaltet und auch in den Regionen zeige sich eine erfreuliche Dynamik in der Entwicklung zukunftsfähiger Angebote. Die Tirol Werbung investiert in die Bewerbung des heurigen Sommers rund 4,8 Millionen Euro, welche in verbesserter Abstimmung und durch Kooperationen mit Tourismusverbänden und Betrieben noch verstärkt werden.
Zwtl.: Positive Ausblicke auf Sommersaison
Im Rahmen des Saisonalen Tourismusbarometers wurden auch die Erwartungen der Unternehmen zur kommenden Sommersaison erhoben: Etwas mehr als die Hälfte der befragten Betriebe halten bei einem ähnlichen Buchungsstand wie im Vorjahr, zwölf Prozent konnten bisher sogar mehr Buchungen generieren. Ein Fünftel der Betriebe bezeichnet die derzeitige Buchungslage schlechter als im Vorjahr. Die Buchungslage aus den abgefragten Hauptherkunftsmärkten (Österreich, Deutschland, Niederlande und Schweiz) ist derzeit sehr zufriedenstellend, wobei die Werte für den wichtigsten Markt Deutschland am besten sind. Ein gutes Viertel der befragten Betriebe konnte bisher mehr Buchungen deutscher Gäste generieren als im Vorjahr zum gleichen Zeitpunkt.
Hinsichtlich der Umsatzerwartung für die kommende Sommersaison geht die Hälfte der Unterkunftsbetriebe davon aus, das Ergebnis vom Vorjahr halten zu können. Jeweils ein Fünftel rechnet mit einem Umsatzplus beziehungsweise einem Minus. In der gehobenen Hotellerie schätzt man die Umsatzentwicklung in der kommenden Sommersaison am positivsten ein, vier von zehn Betrieben rechnen mit einem Umsatzplus.
Zwtl.: Steigende Bedeutung der Onlinebuchungen
Laut Tourismusbarometer werden mittlerweile mehr als drei Viertel der Buchungen im Internet getätigt - 47 Prozent mittels E-Mails und 29 Prozent auf Onlineplattformen. Damit verzeichnen letztere weiterhin großes Wachstum, im Vorjahr lag dieser Wert bei 23 Prozent. "Angesichts dieser Entwicklung muss es das Ziel sein, die Onlinebuchbarkeit weiter zu verbessern", so Margreiter. "Einzelne Tiroler Regionen machen es bereits vor, und konzentrieren sich in ihren Portalen auf Betriebe, die online buchbar sind." Es sei erfreulich zu sehen, wie sowohl große als auch kleine Beherbergungsbetriebe im Land die Chance Internet immer besser nützen.
Zwtl.: Erwartungen für den Schweizer Markt
Große Beachtung hatte in den vergangenen Monaten der Schweizer Markt erfahren. Seit der Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro im Jänner hat sich der Tirol-Urlaub für die Eidgenossen deutlich verbilligt. Carmen Breuss, Markt Managerin Schweiz der Österreich Werbung, dämpft aber übertriebene Erwartungen: "Die Erfahrung der Frankenaufwertung 2010/11 hat gezeigt, dass es kurzfristig zu überdurchschnittlichen Zuwächsen kam, und wir danach erfreulicherweise dieses hohe Niveau halten konnten." Der Konkurrenzdruck nehme aber massiv zu. "Viele Destinationen - auch inländische - haben angesichts der Währungssituation eine Offensive am Schweizer Markt gestartet, aber der Kuchen wird deswegen nicht größer", so Breuss. Darüber hinaus seien die Auswirkungen für die exportorientierte Schweizer Wirtschaft noch nicht abzuschätzen. Langfristig zählten andere Kriterien - allen voran ein qualitätsvolles Angebot. Schließlich schätze der Schweizer Gast hochwertige Produkte und Infrastruktur, Top-Service und Gastfreundschaft. Für den kommenden Sommer erwartet Breuss jedenfalls ein leichtes Wachstum bei der Nachfrage. Eine konkrete Prognose sei angesichts des hohen Direktbucheranteils allerdings schwierig.
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