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Quanten-Echos: neue Möglichkeiten für die Arbeit mit Quanteninformation

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PRESSEMITTEILUNG

Mehrfaches Quantenecho

Mehrfach-Echos durch starke Kopplung zwischen Spins und Mikrowellen-Photonen

Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM), der TU Wien und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften entdeckte einen bemerkenswerten Echoeffekt - er bietet spannende, neue Möglichkeiten für die Arbeit mit Quanteninformation.

Kleine Teilchen können einen Drehimpuls haben, der in eine bestimmte Richtung zeigt - den sogenannten Spin. Durch ein Magnetfeld lässt sich dieser Spin manipulieren. Das nutzt man etwa für die Magnetresonanztomographie aus, wie sie in Krankenhäusern eingesetzt wird.

Nun stieß ein internationales Forschungsteam auf einen überraschenden Effekt bei einem System, das sich besonders gut für die Verarbeitung von Quanteninformation eignet: die Spins von Phosphor-Atomen in Silizium.

Regt man diese Spins geschickt mit Mikrowellen-Pulsen an, so kann man nach einer bestimmten Zeit ein so genanntes Spin-Echosignal detektieren - das eingespeiste Pulssignal wird als Quantenecho wieder ausgesendet.

Erstaunlicherweise stellt sich dieses Quantenecho nicht nur einmal ein, sondern es lässt sich eine ganze Serie von Echos detektieren. Das eröffnet neue Möglichkeiten, wie mit solchen Quantensystemen Information verarbeitet werden kann.

Das Echo der Quantenspins

"Spin-Echos kennt man schon lange, das ist nichts Ungewöhnliches", sagt Prof. Stefan Rotter von der TU Wien. Zunächst erreicht man durch ein Magnetfeld, dass die Spins vieler Teilchen alle in dieselbe magnetische Richtung zeigen. Bestrahlt man die Teilchen mit einem elektromagnetischen Puls beginnen ihre Spins plötzlich ihre Richtung zu ändern. Sind die Teilchen jeweils in geringfügig unterschiedliche Umgebungen eingebettet, wirken auf sie jedoch leicht unterschiedliche Kräfte.

"Dadurch verändert sich der Spin nicht bei allen Teilchen gleich schnell", erklärt Dr. Hans Hübl stellvertretender Direktor des Walther-Meißner-Institut (WMI) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Mitarbeiter des Lehrstuhls für Technische Physik der TU München. "Manche Teilchen ändern ihre Spin-Richtung schneller als andere, und bald hat man ein wildes Durcheinander von Spins mit ganz unterschiedlichen Ausrichtungen."

In dieses scheinbare Chaos kann man allerdings neue Ordnung bringen - mit Hilfe eines weiteren elektromagnetischen Pulses. Ein geeigneter Puls kann nämlich die vorherige Spin-Drehung wieder umkehren, sodass die Spins alle wieder zueinanderstreben.

"Man kann sich das so ähnlich vorstellen wie bei einem Marathon", sagt Stefan Rotter. "Beim Startsignal sind alle Läufer noch gemeinsam am Start; dadurch, dass manche Läufer schneller unterwegs sind als andere, zieht sich das Feld der Läufer im Laufe der Zeit immer weiter auseinander. Wenn man nun jedoch allen Läufern das Signal gibt, wieder zum Start zurückzukehren, kommen sie ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wieder an den Start zurück, obwohl schnellere Läufer einen längeren Rückweg zurücklegen müssen als langsamere."

Bei den Spins bedeutet dies, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Teilchen wieder genau dieselbe Spin-Richtung haben - und das bezeichnet man als "Spin-Echo". "Dass wir bei unseren Experimenten ein Spin-Echo messen konnten, hatten wir auf Basis unserer Erfahrung in diesem Gebiet bereits erwartet", sagt Hans Hübl. "Das Bemerkenswerte ist nun allerdings, dass wir nicht nur ein einziges, sondern gleich mehrere Echos messen konnten."

Der Spin, der sich selbst beeinflusst

Zunächst war unklar, wie dieser neuartige Effekt zustande kommt. Doch genauere theoretische Analysen ermöglichten, das Phänomen zu verstehen: Es liegt an der starken Kopplung zwischen den beiden Bestandteilen des Experiments - den Spins und den Photonen in einem Mikrowellen-Resonator, einem elektrischen Schaltkreis, in dem Mikrowellen nur mit bestimmten Wellenlängen existieren können.

"Diese Kopplung ist das Wesentliche an unserem Experiment: In den Spins kann man Information speichern, und mit Hilfe der Mikrowellenphotonen im Resonator kann man sie verändern und auslesen", sagt Hans Hübl.

Die starke Kopplung zwischen den Atomspins und dem Mikrowellen-Resonator sorgt gleichzeitig auch für das Mehrfach-Echo: Wenn die Spins der Atome nämlich beim ersten Echo alle wieder in dieselbe Richtung zeigen, entsteht genau dadurch ein elektromagnetisches Signal.

"Dank der Kopplung an den Mikrowellen-Resonator wirkt dieses Signal wieder auf die Spins zurück, und das führt zu einem weiteren Echo - und immer so weiter", erklärt Stefan Rotter. "Die Spins verursachen von selbst den elektromagnetischen Puls, der für das nächste Echo verantwortlich ist."

Große Bedeutung für technische Anwendungen

Die Physik des Spin-Echos hat eine große Bedeutung für technische Anwendungen - sie ist ein wichtiges Grundprinzip, das beispielsweise hinter der Magnetresonanztomographie steckt. Welche neuen Möglichkeiten nun in dem Mehrfach-Echo stecken, etwa für die Verarbeitung von Quanteninformation, soll nun genauer untersucht werden.

"Fest steht, dass sich dadurch völlig neue Möglichkeiten ergeben", sagt Rudolf Gross, Direktor des Walther-Meißner-Instituts in Garching und Professor für Technische Physik an der TU München. "Eine regelmäßige Serie quantenphysikalischer Signale ist für uns ein aufregendes neues Werkzeug."

Publikation:

Echo Trains in Pulsed Electron Spin Resonance of a Strongly Coupled Spin Ensemble

Stefan Weichselbaumer, Matthias Zens, Christoph W. Zollitsch, Martin S. Brandt, Stefan Rotter, Rudolf Gross, and Hans Huebl

Physical Review Letters, 22.09.2020 - DOI: 10.1103/PhysRevLett.125.137701

https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.125.137701

Mehr Informationen:

Die Experimente wurden am Walther-Meißner-Institut in Garching von Forschern der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der TU München durchgeführt, die theoretische Erklärung dazu entstand an der Technischen Universität Wien. Die Arbeit wurde gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Exzellenzclusters "Munich Center for Quantum Science and Technology" (MCQST) und des Schwerpunktprogramms "New frontiers in sensitivity for EPR spectroscopy" (SPP 1601), von der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen des Projekts NHQWAVE, MSCA-RISE und vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF).

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Kontakt:

Priv.-Doz. Dr. Hans Huebl

Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

und Lehrstuhl für Technische Physik der TU München

Walther-Meißner Str. 8, 85748 Garching

Tel.: +49 89 289 14204 - E-Mail: huebl@wmi.badw.de

Web: http://www.wmi.badw.de/ - https://www.mcqst.de

Prof. Dr. Stefan Rotter

Institut für Theoretische Physik

Technische Universität Wien

Wiedner Hauptstraße 8-10, 1040 Wien

Tel.: +43 1 58801 13618 - E-Mail: stefan.rotter@tuwien.ac.at

Web: https://rottergroup.itp.tuwien.ac.at/

Die Technische Universität München (TUM) ist mit rund 600 Professorinnen und Professoren, 43.000 Studierenden sowie 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands. www.tum.de

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