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Domestizierung von Pflanzen bereichert das Spektrum an Nahrungsmitteln

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PRESSEMITTEILUNG

Mehr Vielfalt auf unseren Tellern und Feldern

Domestizierung von Pflanzen bereichert das Spektrum an Nahrungsmitteln

Als Beitrag zur Nahrungsmittelsicherheit und -vielfalt in Subsahara Afrika soll ein dort vorkommendes vitamin- und mineralstoffreiches Blattgemüse in Kultur genommen werden. Derzeit enthalten die Pflanzen allerdings noch hochgiftige Stoffe, die krebserregend und leberschädigend sind, wie ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) zusammen mit Forschenden aus Nigeria gezeigt hat. Ziel der Forschenden ist es jetzt, toxinfreie Sorten zu züchten, um die Pflanze gefahrlos nutzen zu können.

Die Erde bietet einen reichen Schatz an Pflanzenarten. Für die Ernährung der Weltbevölkerung stehen etwa 300.000 essbare Pflanzen zur Verfügung, wovon der Mensch aber nur einen Bruchteil konsumiert. Die drei Nutzpflanzen Reis, Weizen und Mais ernähren die Hälfte der Weltbevölkerung.

Diese Getreidearten liefern hohe Erträge und machen satt. Sie sind reich an Kohlehydraten und damit effiziente Kalorienlieferanten. In manchen Ländern sind sie für die Ärmsten aber oft einziges Nahrungsmittel und da einige Getreidearten wie Reis kaum Vitamine und Mineralstoffe enthalten, sind Mangelernährung und dadurch ausgelöste Krankheiten die Folgen.

Vernachlässigte Pflanzenarten fördern

Weitere Pflanzenarten zu erschließen, ist wichtig, um einseitiger Ernährung vorzubeugen und um die Biodiversität auf den Äckern der Welt zu erhöhen. Dabei sind auch Obst- und Gemüsearten entscheidend. „Diese haben zwar oft große lokale Bedeutung und sind an regionale Klimabedingungen ausgezeichnet angepasst, werden aber in der Forschungs- und Züchtungsarbeit vernachlässigt, da ausreichend große, globale Absatzmärkte fehlen“, sagt Brigitte Poppenberger, Professorin für Biotechnologie gartenbaulicher Kulturen an der TUM.

Um die Arbeit mit vernachlässigten Pflanzen aus Afrika zu fördern, wurde deshalb das „ African Orphan Crops Consortium“ gegründet - ein Konsortium aus Universitäten, Industriepartnern und Nichtregierungsorganisationen, welches das Erbgut der 101 wichtigsten Pflanzenarten Afrikas entschlüsselt, um essentielle Ressourcen für Forschung und Züchtung zu schaffen. Eine davon ist das Blattgemüse Ebolo.

Der Bedarf an der Pflanze Ebolo (Crassocephalum crepidioides), die ähnlich wie Spinat eingesetzt wird, kann durch Sammeln nicht gedeckt werden. „In manchen Gegenden kommt es dadurch sogar zu einer Gefährdung des Artenbestands“, sagt Prof. Poppenberger. Um Kulturtechniken für einen gezielten Anbau zu etablieren und wichtige Eigenschaften züchterisch zu verbessern, hat ein Forschungsteam an der TUM die Pflanze genauer analysiert.

Entfernen von Toxinen zur Domestizierung der Blattgemüseart Ebolo

Unter der Leitung von Prof. Poppenberger haben die Forschenden in Zusammenarbeit mit Prof. Traud Winkelmann von der Leibniz Universität Hannover gezeigt, dass Ebolo ein Toxin mit dem Namen Jacobin synthetisiert, das zur Gruppe der so genannten Pyrrolizidinalkaloide gehört. Bereits in geringsten Mengen ist Jakobin leberschädigend und krebserregend.

„Auch etliche unserer Kulturpflanzen wie Zucchini, Tomaten, Paprika oder Kartoffeln bilden hochtoxische Substanzen und trotzdem wurden sie domestiziert. Das Entfernen oder Reduzieren von Toxinen ist häufig ein wichtiger Schritt in der züchterischen Verbesserung von Arten“, erklärt Prof. Poppenberger.

Das Forschungsteam konnte zeigen, dass die Bildung von Jacobin durch Stickstoffmangel angeregt wird und dass sie in der verwandten Art Crassocephalum rubens unterbleibt. „Das ist natürlich eine wichtige Erkenntnis. Wir sollten aber trotzdem nicht allein auf diese verwandte Art setzen, weil Crassocephalum crepdioides andere Vorteile bringt, wie etwa viel höhere Erträge, selbst in sehr kargen Wachstumsbedingungen“, sagt Prof. Poppenberger.

Deutsch-Nigerianische Zusammenarbeit wird fortgeführt

Die Erkenntnisse zur Biochemie und Genetik der Jacobin-Biosynthese werden es jetzt erleichtern, die Kulturtechnik anzupassen und toxinfreie Sorten zu züchten, um einen gefahrlosen Verzehr der Pflanzen zu gewährleisten. Da Pyrrolizidinalkaloide, als Teil des chemischen Abwehrarsenals von Pflanzen, von vielen Arten gebildet werden, ist das vertiefte Wissen zur Bildung dieser Gifte auch für andere Arten interessant.

Die Wissenschaftlerinnen aus Deutschland und Nigeria werden auch künftig eng zusammenarbeiten, um die Forschung mit vernachlässigten Pflanzenarten voranzutreiben. So gilt es unter anderem für Ebolo vor Ort in Nigeria zu testen, ob das Entfernen der Toxine keine ungünstigen Effekte auf die Insektenresistenz hat, denn auch wenn eine bessere Verträglichkeit der Pflanzen für den Menschen erwünscht ist, soll sie für Schadinsekten freilich unterbleiben.

Publikation:

Schramm, S., Rozhon, W., Adedeji-Badmus, A.N., Liang, Y., Nayem, S., Winkelmann, T., Poppenberger, B.:

The orphan crop Crassocephalum crepidioides accumulates the pyrrolizidine alkaloid jacobine in response to nitrogen starvation

Frontiers in Plant Science. July 28, 2021. DOI: 10.3389/fpls.2021.702985

Mehr Informationen:

Das Projekt wurde durch ein Promotionsstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes für Adebimpe Adedeji-Badmus gefördert, welches der Nigerianerin ermöglicht, an der TUM zum Thema Ebolo zu promovieren.

Hochauflösende Bilder: https://mediatum.ub.tum.de/1619885

Kontakt:

Prof. Dr. Brigitte Poppenberger

Technische Universität München

Professur für Biotechnologie gartenbaulicher Kulturen

Tel.: +49 8161 71 2401

brigitte.poppenberger(at)tum.de

Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 600 Professorinnen und Professoren, 45.000 Studierenden sowie 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands. www.tum.de

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