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Neue Technologie für klinische Computertomographie
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PRESSEMITTEILUNG
Neue Technologie für klinische Computertomographie
Prototyp kombiniert klassische Röntgen-CT und Dunkelfeld-Röntgenverfahren
Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat erstmalig eine neue Röntgenmethode, das Dunkelfeld-Röntgen, in einen für den Patienteneinsatz ausgelegten Computertomographen integriert. Dunkelfeld-Röntgen liefert zusätzliche Informationen zu konventionellen Röntgenaufnahmen. Mit dem neuen Prototyp sind dreidimensionale Dunkelfeld-Röntgenaufnahmen möglich.
Computertomographie (CT) ist eine der wichtigsten Methoden in Kliniken für präzise und schnelle Diagnosen. Bisher werden dafür konventionelle Röntgenaufnahmen verwendet, um diese dann in ein dreidimensionales CT-Bild umzurechnen.
Eine neue Röntgentechnologie, das Dunkelfeld-Röntgen, kann zusätzliche Informationen liefern und feine Gewebestrukturen, insbesondere der Lunge, deutlich detaillierter als bisher abbilden. Bisher gab es jedoch aufgrund technischer Herausforderungen keine Möglichkeit, Patientinnen und Patienten mit der neuen Röntgentechnologie in einem klinischen CT-Gerät zu untersuchen.
Ein Forschungsteam um Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering der TUM, hat nun ein CT-Gerät so weiterentwickelt, dass es beide Röntgentechnologien kombiniert. „Wir konnten erstmals zeigen, dass sich das Dunkelfeld-Röntgen auch in einen klinischen Computertomographen integrieren lässt. Obgleich noch eine neue Technologie, zeigen vorangegangene, vorklinische Studien mit Mäusen bereits deutliche Vorteile der Dunkelfeld-Computertomographie, vor allem für die Bildgebung von Lungengewebe“, sagt Franz Pfeiffer, Leiter der Studie.
Der neue CT-Prototyp wurde bereits erfolgreich mit einem sogenannten Thorax Phantom, einem künstlichen Modell eines menschlichen Oberkörpers, getestet, und ist groß genug für den geplanten Einsatz bei Patientinnen und Patienten.
Konventionelles Röntgen
Auf dem Weg von der Röntgenquelle zum Detektor wird Röntgenlicht durch das dazwischenliegende Gewebe abgeschwächt. Konventionelles Röntgen nutzt diesen Effekt zur Bildgebung, da die Abschwächung je nach Art und Struktur des Gewebes unterschiedlich stark ist. Dadurch erscheinen Strukturen wie beispielsweise Knochen, die das Röntgenlicht stärker abschwächen, im konventionellen Röntgenbild hell, während durchlässigeres Gewebe wie die Lunge dunkel erscheint.
Dunkelfeld-Röntgen
Dunkelfeld-Röntgen nutzt hingegen die Streuung des Röntgenlichts. Trifft Röntgenlicht auf Materialien unterschiedlicher Dichte, wie zum Beispiel an den Grenzflächen zwischen Lungengewebe und Luft, wird es kleinwinklig gestreut. Wertet man diese Kleinwinkelstreuung aus, erhält man zusätzliche Informationen über feinste Gewebestrukturen, die mit konventionellen Röntgenverfahren nicht auflösbar wären.
Gittertechnologie für das Dunkelfeld-Röntgen
Um das gestreute Röntgenlicht detektieren zu können, sind spezielle optische Elemente, sogenannte mikrostrukturierte Gitter, nötig. Diese werden zwischen Röntgenquelle und Detektor angebracht. Wenn das Röntgenlicht die Gitter passiert, entsteht ein charakteristisches Muster auf dem Detektor. Platziert man eine Probe oder Person zwischen den Gittern, verändert sich das Muster. Dadurch sind Rückschlüsse auf die Struktur der Probe oder das Gewebe der Person möglich.
Neue Hard- und Softwarekomponenten für die Dunkelfeld-CT
Die Umsetzung der Dunkelfeld-Methode in einem CT-Gerät für die menschliche Größe bringt verschiedene technische Herausforderungen mit sich. Deswegen war die Größe von Dunkelfeld-CT-Geräten bisher auf deutlich kleinere Dimensionen beschränkt, die für den Einsatz beim Menschen nicht ausreichen. Außer der Größe stellt auch die schnell rotierende Scan-Einheit spezielle Anforderungen an die technischen Komponenten.
Die Scan-Einheit von CT-Geräten, Gantry genannt, rotiert sehr schnell. Dabei entstehen Vibrationen, die Auswirkungen auf die fein abgestimmte Technik im Inneren des Geräts haben. Auf der Basis einer detaillierten Analyse der Vibrationen gelang es dem Forschungsteam, die Vibrationen sogar zu nutzen, um die für die Dunkelfeld-Bildgebung notwendige Verschiebung der Gitter gegeneinander zu realisieren. Für die Auswertung der Scans entwickelten sie neue Algorithmen, die auf der Grundlage von Referenzscans die auf Vibrationen zurückzuführenden Effekte herausrechnen.
Zusätzliche Informationen für Diagnosen in der Klinik
„Mit dem Dunkelfeld-CT-Prototyp können wir beim gleichen Scan-Durchgang konventionelle Röntgenaufnahmen und Dunkelfeld-Aufnahmen machen. Dadurch gewinnen wir zusätzliche Informationen. Diese könnten zukünftig nicht nur bei der Diagnose von Lungenkrankheiten, sondern beispielsweise auch bei der Diagnose von Nierensteinen und Ablagerungen im Gewebe von Vorteil sein“¸ sagt Manuel Viermetz, einer der beiden Erstautoren der Studie.
Die Forschenden planen, die Bildgebung mit dem Dunkelfeld-Computertomographen im nächsten Schritt noch weiter zu optimieren und das Gerät für den ersten Einsatz bei Patientinnen und Patienten vorzubereiten.
Publikation:
Dark-field computed tomography reaches the human scale. Manuel Viermetz, Nikolai Gustschin, Clemens Schmid, Jakob Haeusele, Maximilian von Teuffenbach, Pascal Meyer, Frank Bergner, Tobias Lasser, Roland Proksa, Thomas Koehler und Franz Pfeiffer. PNAS, Februar 2022. DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2118799119
Mehr Informationen:
Mitautor Thomas Köhler (Philips Research) ist Rudolf Diesel Industry Fellow des TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS), das aus Mitteln der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder sowie des Marie Curie COFUND-Programm der EU gefördert wird.
Die Arbeiten wurden unterstützt durch das European Research Council im Rahmen eines Advanced Grants und die Philips GmbH Market DACH.
Ein Teil der Arbeiten wurde in Kooperation mit der Karlsruhe Nano Micro Facility (KNMF), einer Helmholtz-Forschungsinfrastruktur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), durchgeführt.
Prof. Dr. Franz Pfeiffer ist Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE). Das MIBE ist ein Integrative Research Institute der Technischen Universität München (TUM). Am MIBE entwickeln und verbessern Forscherinnen und Forscher aus der Medizin, den Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften gemeinsam Verfahren zur Diagnose, Prävention und Behandlung von Krankheiten. Sie arbeiten auch an Technologien, die körperliche Einschränkungen ausgleichen. Die Aktivitäten reichen dabei von der Untersuchung grundlegender wissenschaftlicher Prinzipien bis zu deren Anwendung in medizinischen Geräten, Medikamenten oder Computerprogrammen. https://www.bioengineering.tum.de/
Hochauflösende Bilder:
https://mediatum.ub.tum.de/1646992
Kontakt:
Prof. Dr. Franz Pfeiffer
Technische Universität München
Lehrstuhl für Biomedizinische Physik
Tel: +49 89 289 12551
franz.pfeiffer@tum.de
https://www.bioengineering.tum.de/
Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 600 Professorinnen und Professoren, 48.000 Studierenden sowie 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.