Mit Stammzellen gegen chronisch-venöse Ulzera
Stiftungspreis "Wissenschaft-Wirtschaft 2022" würdigt Zusammen-arbeit der Universität Ulm mit Stammzellunternehmen RHEACELL
Heidelberg (ots)
Für die erfolgreiche Forschungskooperation zur Entwicklung einer Stammzelltherapie für die Behandlung von Wundheilungsstörungen erhielt die Wissenschaftlerin Professorin Dr. med. Karin Scharffetter-Kochanek von der Universität Ulm den Kooperationspreis "Wissenschaft-Wirtschaft 2022". Ausgezeichnet wurde sie für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem biopharmazeutischen Unternehmen RHEACELL. Der Forschungskooperation gelang es, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse um die Wirkweise spezieller aus der Haut gewonnener Stammzellen, sogenannte ABCB5+ mesenchymale Stromazellen (MSCs), erfolgreich von der Forschung in die klinische Entwicklung zu transferieren. Das Ergebnis: Eine innovative Stromazelltherapie, die 2021 vom Paul-Ehrlich-Institut die nationale Marktgenehmigung zur Behandlung chronisch-venöser Wunden erhielt[1] - ein Durchbruch für schwer betroffene Patienten mit therapierefraktären Verläufen, deren Lebensqualität erheblich eingeschränkt ist und für die es bis dato keine adäquaten Therapiemöglichkeiten gab.
Die Stiftung der Universität Ulm schreibt seit 1995 jährlich den "Kooperationspreis Wissenschaft-Wirtschaft" aus. Zweck der Stiftung ist die Förderung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft bei innovativen Forschungsprojekten mit konkretem Anwendungsbezug. Die Auszeichnung 2022, die am 3. Februar 2023 im Rahmen eines Festakts an der Universität Ulm verliehen wurde, erhielt Professorin Dr. med. Karin Scharffetter-Kochanek, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie, für ihre Zusammenarbeit mit Dr. med. Christoph Ganss und Dr. rer. nat. Andreas Kluth von dem biopharmazeutischen Unternehmen RHEACELL. Das wissenschaftliche Team unter der Leitung von Professorin Scharffetter-Kochanek konnte nicht nur die Wirkweise von mesenchymalen Stammzellen aus der Haut bis ins Detail charakterisieren und deren besonderes regeneratives Potenzial identifizieren, sondern diese Erkenntnisse auch erfolgreich in die klinische Entwicklung übertragen. So gelang es den Wissenschaftlern gemeinsam mit RHEACELL ein stammzellbasiertes Medizinprodukt zu entwickeln, mit dem nun seit 2021 Menschen mit chronisch-venösen Wunden (Ulcus cruris) erfolgreich behandelt werden können.[2]
ABCB5+ mesenchymale Stammzellen: zukunftsweisender
Therapieansatz für die regenerative Medizin?
"Begonnen hat unsere erfolgreiche Kooperation vor über 10 Jahren durch ein zufälliges Kennenlernen auf einer Bahnfahrt zu einer Fachtagung für Dermatologen. Unsere damalige Vision, auf Basis sogenannter mesenchymaler Stammzellen (MSCs) ein Zelltherapeutikum zu entwickeln für Menschen mit entzündlichen, degenerativen Erkrankungen und dadurch resultierenden chronischen Wunden, stieß direkt auf das Interesse von Professorin Scharffetter-Kochanek", berichtete Dr. Christoph Ganss, Arzt, Mitbegründer und Geschäftsführer von RHEACELL bei der Preisübergabe.
Die Ulmer Wissenschaftlerin beschäftigte sich schon viele Jahre mit der Ursachenforschung für die gestörte Wundheilung chronisch-venöser Wunden. Sie war sofort fasziniert von dem geschilderten antientzündlichen Potenzial dieser speziellen aus der Haut gewonnenen Stammzell-Subpopulation, sogenannte ABCB5+ MSCs, an denen Wissenschaftler des Heidelberger Unternehmens intensiv forschten. Es begann eine langjährige, erfolgreiche Kooperation mit einer ausführlichen Charakterisierung dieser besonderen Zellen, die 2% aller Zellen in der Haut ausmachen. So fand das Team um Professorin Scharffetter-Kochanek heraus, dass ABCB5+ MSCs ein großes regeneratives Potenzial haben und überaktive Fresszellen (Makrophagen) "beruhigen" können, die eine Schlüsselrolle in chronischen Entzündungen spielen.
ABCB5+ MSCs: Intelligente Zellen mit Einfühlungsvermögen
Die Heilung chronischer Wunden ist durch eine Stagnation in der Inflammationsphase der Wundheilung gestört. Bei chronischen Wunden, insbesondere beim chronisch-venösen Ulcus, sind Makrophagen überaktiviert und verhindern so den Übergang von der Entzündungsphase in die nächste Phase der Wundheilung, der Regeneration mit Ablagerung von Kollagen und Aufbau von neuem Hautgewebe. Werden MSCs auf die Wunde aufgebracht, interagieren sie lokal mit dem Immunsystem und versetzen so den Körper in die Lage, die chronische Wunde zu schließen. Dies erfolgt durch Freisetzung des Interleukin-Rezeptorantagonisten-Protein IL-1RA, das für die Hemmung des proinflammatorischen Zytokins Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-alpha) in Makrophagen verantwortlich ist. Dies führt zur Umschaltung der überaktivierten M1-Makrophagen zu regenerativen, heilenden M2-Makrophagen. Die Entzündung klingt ab und das Gewebe kann sich wieder regenerieren.[3] "Diese Stammzelle hat für uns eine große Faszination. Wir haben von den ersten Zellkulturen über die präklinischen Modelle so viel über sie gelernt, wie sie ihre Umwelt erfühlen und genau das richtige tun kann, wenn eine chronische Wunde zu aggressiv ist, dann dämpft sie die Entzündung. Für mich ist diese Forschung ein Highlight", so Professorin Scharffetter-Kochanek bei der Preisübergabe.
Von der Forschung in die Praxis - Spitzenforschung im Schulterschluss
In einer klinischen Phase IIa-Studie an Patienten mit chronisch-venösen Ulzera konnte nachgewiesen werden, dass es durch die ABCB5+ MSCs zu einer Verkleinerung und auch Abheilung chronischer Wunden kommen kann.[4] Von der innovativen Stammzelltherapie profitieren besonders Patienten, deren Wunden nicht auf herkömmliche Therapien ansprechen und über Jahre nicht mehr abheilen. Dies kann mitunter zu massiven Komplikationen führen, von stationär behandlungsbedürftigen Wundinfektionen bis hin zu einer Sepsis oder im Extremfall auch einer notwendigen Amputation.
Professorin Scharffetter-Kochanek freut sich über diesen Forschungserfolg, der nun den Patienten zugutekommen kann. "Dies bedeutet für die Behandlung von chronischen Wunden in der Medizin und für die Dermatologie sehr viel. Chronisch-venöse Ulzera kommen in 2 bis 5% der über 60-jährigen und älteren Patienten vor. Die Entwicklung von wirksamen therapeutischen Optionen bei diesen altersabhängigen Erkrankungen ist wichtig, denn die Demographie sagt voraus, dass sich unsere Gesellschaft auf mehr ältere Menschen einstellen muss. Ein schneller Transfer von Grundlagenerkenntnissen aus der Forschung in die klinische Entwicklung bis hin zu einer anwendbaren Therapie ist daher von großer Bedeutung und ohne engagierte Kooperationspartner aus der Industrie nicht zu schaffen", so Professorin Scharffetter-Kochanek.
Über RHEACELL / TICEBA: www.rheacell.com / www.ticeba.com
[1] Gebrauchs- und Fachinformation AMESANAR®
[2] Kerstan et al. (2022). JID Innovations 2022;2:100067
[3] Vander Beken S. et al. (2019). Stem Cells 2019;37:1057-1074
[4] Kerstan et al. (2022). JID Innovations 2022;2:100067
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