Max Mutzke im Music made in Germany Interview über seine Probleme mit Intoleranz und warum er nach 20 Jahren noch einmal beim Grand Prix antreten will
Max Mutzke im Music made in Germany Interview über seine Probleme mit Intoleranz und warum er nach 20 Jahren noch einmal beim Grand Prix antreten will
Ludwigshafen, den 15. Februar 2024 Max Mutzke ist zu Gast bei Moderatorin „Miriam Audrey Hannah“. Jede Woche führt die Journalistin Gespräche mit Persönlichkeiten und Künstler: innen aus der deutschen Musikszene im Podcast und in der RPR1. Radioshow “Music Made in Germany“. Im persönlichen Gespräch mit Max Mutzke, geht es u.a. um die Beweggründe seiner erneuten Teilnahme beim ESC-Vorentscheid, warum er eigens eine Hymne für den ESC geschrieben hat, warum er noch nie selbst auf Instagram war, was in uns allen für Werte schlummern, für die es sich zu kämpfen lohnt, warum er seine Kinder in seiner Abwesenheit noch mehr vermisst als sie ihn, in dem Gespräch geht es um Diversität, Toleranz und Intoleranz. Wir sagen: Toi Toi Toi für den Vorentscheid, lieber Max Mutzke. Wir wollen dich im Malmö sehen!
Das gesamte Gespräch ist im Interview-Podcast abrufbar: www.musicmadeingermany.de und die Radiosendung „Music Made in Germany mit „Miriam Audrey Hannah“ wird am Sonntag, den 18. Februar 2024 ab 16:00 Uhr auf RPR1. ausgestrahlt.
Hier Auszüge aus dem Interview mit Max Mutzke vorab:
> Und das ist aber nicht etwas, womit wir zurechtkommen müssen. Im Gegenteil, es ist das, was es so wertvoll macht
> Ich bin sehr intolerant der Intoleranz gegenüber
> Wenn jemand nicht tolerant ist. Das bringt mich an meine Grenzen
>Und das ist aber nicht etwas, womit wir zurechtkommen müssen. Im Gegenteil, es ist das, was es so wertvoll macht
„Ich bin ja in ganz vielen verschiedenen Gesellschaften, um mich herum sind Künstler: innen aller Couleur, die auch unglaublich divers sind, alle Hautfarben dabei, alle Sprachen sind dabei, die LGBTQ Szene. Wir haben in unserer Crew auch eine tolle Frau, die früher ein Mann war und das ist aber nicht etwas, womit wir zurechtkommen müssen. Im Gegenteil, es ist das, was es so wertvoll macht. Es ist das, dass wir eine unglaubliche Diversität in unserer Gesellschaft spüren und mit der arbeiten. Und wir sind davon abhängig, damit unsere Kreativität maximal groß ist und maximal Power- und Berechtigung hat, um in alle Richtungen denken zu können, das ist so das wichtig. Und wir glauben fest daran und merken das auch. Wenn jedes Individuum eines Staates, eines Volkes glücklich ist, dann hast du ein glückliches Volk und dementsprechend geht es dann auch sozusagen den Menschen gut. Das Gegenteil ist Russland oder Aserbaidschan oder im Iran, wo die Menschen eben nicht ihre Individualität leben können, wo es keine Toleranz gibt. Gleichzeitig bin ich im Schwarzwald zu Hause und da ist die Gesellschaft eine andere. Also Homosexualität gibt es da schon, aber man muss sich ja nicht unbedingt auf der Straße küssen. So Sachen hörst du da schon noch, oder Aussagen wie: Ich habe nichts gegen Schwule, aber man muss sich jetzt ja nicht so öffentlich küssen. In meiner musikalischen Welt ist das ganz anders, und ich gehe auch offensiv in den Dialog und Diskussionen mit denen. Ich versuche mich immer zu reflektieren und tolerant zu sein, was mir natürlich auch nicht immer gelingt. Also ich merke: Ich bin sehr intolerant der Intoleranz gegenüber. Also, wenn jemand nicht tolerant ist. Das bringt mich an meine Grenzen. Also ich will damit sagen, genauso wie ich auf den Tisch haue, wenn jemand rassistisch, sexistisch, antisemitisch oder schwulenfeindlich ist, kannst du doch auch auf den Tisch hauen, wenn jemand das Handy vor dir hinlegt und die Prioritäten falsch setzt. Also ich finde, man muss das auch. Das ist eine Art von Zivilcourage und diesen Auftrag haben wir alle, denn es gibt universelle Werte in unserem Herzen und da kann mir keiner erzählen, dass man die nicht spürt. Also es geht um Toleranz, um Akzeptanz, um Respekt.“
Sich selbst auch mal was sagen lassen können – diese Größe sollte man haben
„Wenn jemand respektlos ist, kannst du ihn darauf hinweisen. Und ich finde, das tut einem selbst auch gut. Ich habe auch schon Sachen gesagt bekommen, wo jemand zu mir gesagt hat: Hey, das finde ich respektlos, was du da sagst. Und ich hatte das erstmal vermeintlich gar nicht so gemeint. Aber als ich drüber nachgedacht habe, merkte ich: Oh fuck, ja, das war nicht korrekt, also mir bringen solche Momente was. Wenn ich erzogen werde von meinem Umfeld, dann finde ich das cool, denn ich brauche die Resonanz irgendwie, das ist ja etwas, was wir unbedingt machen und lernen müssen, also dass wir aufeinander aufpassen, achtsam miteinander umgehen. Mit andere auf etwas aufmerksam machen und es auch zulassen, aufmerksam gemacht zu werden. Das bedeutet, aber natürlich auch, unangenehme Momente anzusprechen und dann dafür einzustehen, dass man sagt: Ich will es, dass wir diesen Weg weitergehen, weil wir miteinander gut umgehen müssen. Mein neuer Song „Forever Strong“, den wir jetzt beim ESC-Vorentscheid spielen, hat genau diesen Ursprung darin, dass wir bei all der Hetze, der wir ausgesetzt sind und Spaltung in unserer Gesellschaft, dass wir trotzdem Werte in unserem Herzen haben. Und da gibt es eine Zeile, die heißt: Keep on flying will my heart is busy trying to stay forever strong. Also man versucht hier mitzukommen in diese Gesellschaft, während mein Herz die ganze Zeit beschäftigt ist, für immer stark zu bleiben, weil das den Menschen mittlerweile immer schwieriger fällt. Das sehen wir ja jetzt auch, wie man plötzlich wieder rechtes Gedankengut salonfähig gemacht wurde und wie ganz, ganz böse Hetze einfach gesagt werden kann, ohne dass es dafür Konsequenzen gibt. Erst seit ein paar Wochen gehen in Deutschland wieder Hunderttausende endlich auf die Straße. Eine Woche nachdem wir den Song geschrieben haben, haben diese Proteste wieder angefangen. und das war absolut nötig. Auch wenn vieles gut ist, heißt es, dass es noch nicht perfekt ist. Also man kann immer weiterkämpfen für eine gute und tolerante Gesellschaft. Aber wir sind schon auf einem guten Weg, glaube ich.“
Song mit Message!
Warum nach dem 8. Platz 2004 in Istanbul nochmal ESC?
„Also ich war ja 2004 beim Eurovision Song Contest selbst dabei als Teilnehmer und habe eigentlich in dem Moment nicht richtig begriffen, was das für die Menschen macht. Und ich habe dann in der Zeit natürlich auch unglaublich viel Stress gehabt. Ich bin aus dem Schwarzwald ins Farbfernsehen gefallen und dann plötzlich in Istanbul gestanden. Und danach habe ich mir gedacht: eigentlich gehöre ich nicht dahin in diese Gesellschaft, ich mache R'n'B, Soulmusik und da gibt es ja eine ganz andere Szene dafür. Und jetzt war ich aber letztes Jahr eingeladen, beim Grand Prix in Liverpool eingeladen, drei Tage dabei zu sein, mit in der Stadt zu sein, dieses Gefühl zu erleben und die Stimmung zu erleben. Diese einmalige Atmosphäre, dieses Gefühl von Gemeinschaft und Einigkeit. Wir sprachen darüber, wie die Welt gerade am Abgrund steht. Vermeintlich. Aber der Grand Prix, die größte Musikveranstaltung der Welt, hat mir letztes Jahr nochmal vor Ort gezeigt, dass eine unglaublich diverse Riesenhorde an Menschen Liverpool überfallen hat, im positiven Sinne, und drei Tage friedlich in voller Liebe miteinander Musik gehört hat.
Und das hat mich so beeindruckt, dass ich gesagt habe: Weißt du, was nächstes Jahr wäre? Zwanzigjähriges! Da könnte man doch eigentlich doch noch mal mitmachen. Aber nur weil es in Liverpool letztes Jahr so geil war, habe ich diesen Draht zum Grand Prix nochmal ganz, ganz neu erschaffen, sozusagen. Es gab mir einen anderen Zugang.
Und jetzt, nach 20 Jahren zu sagen, ich mache noch mal mit. Das fand ich lustig. Und dann habe ich mich beworben und bin mit dem Song Forever Strong auch genommen worden für den ESC-Vorentscheid in Berlin, den ich genau vor 20 Jahren schon mal machen durfte. Und ich hoffe natürlich, dass ich nach Malmö fahren darf und das Entscheiden aber letztendlich zum Glück ganz viele Menschen demokratisch. Den Song habe ich klar für den Grand Prix geschrieben. Es ist nicht ein Song, den ich schon geschrieben hatte und nun dachte: Oh, der könnte passen. Sondern ich habe mir sowohl die Inszenierung vorgestellt, ich habe mir den Moment vorgestellt, ich habe mir die Dramaturgie vorgestellt, ich habe mir das Pathos vorgestellt, der diese Veranstaltung trägt, ich habe mir das Drama vorgestellt, was Drumherum stattfinden muss, denn bei „Forever Strong“, geht es eben auch über Werte, die wir alle in uns tragen und die der Grand Prix inne hat. Es gibt nichts, was diese Werte mehr verkörpert als diese Veranstaltung. Und deswegen dachte ich, muss ich eine Hymne schreiben für den Grand Prix.“
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MICHAEL WEILAND
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