Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e.V.
Meldung des BBMV: Bundesländer nehmen Verschlechterung ambulanter Versorgung in Kauf
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Stauch-Eckmann: „Bundesländer nehmen Verschlechterung ambulanter Versorgung in Kauf“
Vor einer deutlich schlechteren haus- und fachärztlichen Versorgung warnt der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV), sollte die Bundesregierung den Regulierungsvorschlägen des Bundesrates für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) folgen.
Berlin, 29.11.2023 | „Die Pläne des Bundesrates würden in vielen Landkreisen die Gründung fachärztlicher MVZ faktisch verhindern oder massiv erschweren“, sagt Sibylle Stauch-Eckmann, Vorsitzende des BBMV. „Dies würde die ambulante Versorgung von Patientinnen und Patienten durch MVZ insbesondere in schon jetzt unterversorgten Regionen verschlechtern. Mit der vorgeschlagenen Quoten-Regelung für MVZ in Krankenhausträgerschaft würde sich der Gesetzgeber außerdem auf verfassungs- und europarechtlich höchst fragwürdiges Gelände begeben“, so Stauch-Eckmann.
Quoten für Medizinische Versorgungszentren verhindern Neugründungen
Der Bundesrat hat die Bundesregierung im Juni aufgefordert, ein „MVZ-Regulierungsgesetz“ auszuarbeiten. Vorgeschlagen werden dafür räumliche Beschränkungen für MVZ in Krankenhausträgerschaft sowie Versorgungshöchstquoten für haus- und fachärztliche MVZ in den arztgruppenbezogenen Planungsbereichen und in den Bezirken der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung. Nach aktuellen Berechnungen des BBMV würden diese Regelungen in zahlreichen Fachrichtungen faktisch zu einem Verbot von MVZ-Gründungen durch Krankenhäuser führen: Betroffen wären die allgemeine fachärztliche Versorgung, insbesondere jedoch Dermatologie, Urologie und die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. „In den kommenden Jahren wird ein großer Teil der heute praktizierenden Ärztinnen und Ärzte in den Ruhestand gehen. Wenn jetzt auch noch die Gründungsmöglichkeiten für MVZ eingeschränkt werden, sehe ich für die flächendeckende Versorgung schwarz“, so die BBMV-Vorsitzende.
Ländliche Versorgung droht sich zu verschlechtern
In Deutschland sind rund 40 Prozent der Haus- und Fachärztinnen und -ärzte älter als 60 Jahre. Sie stehen damit kurz vor dem Ruhestandsalter, allerdings wird es für sie immer schwieriger eine Nachfolge für ihre Praxis zu finden. Das liegt unter anderem am veränderten Berufsbild jüngerer Ärztinnen und Ärzte, die immer seltener eine eigene Praxis gründen wollen. Medizinische Versorgungszentren bieten hier eine Alternative, mit der die ambulante Versorgung in Zukunft sichergestellt werden kann.
Aus Sicht des BBMV würde der Vorschlag des Bundesrates die gerade in ländlichen Regionen ohnehin angespannte Versorgungssituation weiter verschärfen. „Die bisherigen Überlegungen der Politik führen nicht zu Lösungen, sondern in die genau entgegengesetzte Richtung“, so Stauch-Eckmann „MVZ-Gruppen schaffen es bisher, die Versorgung auch in ländlichen Gebieten sicherzustellen, indem sie attraktive Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte schaffen. Die Bundesländer nehmen mit ihren MVZ-Regulierungsvorschlägen bewusst die Verschlechterung der ambulanten Gesundheitsversorgung in Kauf“.
Weitere Informationen
Stellungnahme des BBMV zum Entschließungsantrag des Bundesrates „Schaffung eines MVZ-Regulierungsgesetzes“ vom 16. Juni 2023, Details hier
Rechtsgutachten zu verfassungs- und europarechtlichen Grenzen weiterer MVZ-Regulierungen von Prof. Dr. Martin Burgi, Ordinarius für Öffentliches Recht und Europarecht an der LMU München, Download hier
Hintergrund
Der Bundesrat schlägt Versorgungsquoten für die ärztliche Versorgung vor, er orientiert sich dabei an der existierenden Quotierung für den zahnärztlichen Bereich nach § 95 Abs. 1b SGB V.
Dabei wird die zulassungsbeschränkte Bedarfsplanung in der ambulant-ärztlichen Versorgung nicht berücksichtigt. Die vom Bundesrat geforderte Quotierung würde nach Berechnungen des BBMV, die sich am Basisszenario nach § 95 Abs. 1b SGB V orientieren, in zahlreichen Fachrichtungen der ärztlichen Versorgung de jure und de facto zu einem Verbot von MVZ-Gründungen durch Krankenhäuser in vielen Landkreisen führen.
Von einem rechtlichen Verbot wären alle Landkreise betroffen, bei denen die Versorgungshöchstquote für Krankenhausträger unter einem vollen ärztlichen Sitz liegt. Um die Zulassung für ein MVZ zu erhalten, müssen jedoch mindestens ein voller Arztsitz und zwei Ärztinnen/Ärzte vorhanden sein. Meist sind MVZ aber deutlich größer, im Bundesdurchschnitt sind 6,4 Ärztinnen und Ärzte in einem MVZ beschäftigt, wie Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zeigen. Bei dieser Größe sind rund 2-3 Sitze notwendig. Liegt die Versorgungshöchstquote unter dieser Zahl, wären Krankenhäuser von einem faktischen Verbot betroffen, da sich der Betrieb des MVZ nur schwer organisieren lässt.
Entscheidend dabei ist der Zuschnitt der Bedarfsplanungsregionen für die einzelnen Fachgruppen. Allein in der Dermatologie wären 191 von 271 untersuchten Landkreisen von einer eingeschränkten MVZ-Gründung für Krankenhäuser betroffen (siehe Abbildung oben). In der Augenheilkunde wäre immerhin noch knapp jeder vierte Landkreis von Einschränkungen betroffen. Damit verstößt eine Begrenzung der Versorgungsanteile für Krankenhaus-MVZ auch gegen die staatliche Verpflichtung, eine angemessene und bundesweit einheitliche Versorgung sicherzustellen. [1]
Über den BBMV
Der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e.V. setzt sich für eine breite Trägervielfalt und die bestmögliche Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten im ambulanten Gesundheitssektor ein. Die Mitglieder betreiben bundesweit Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und tragen zur wohnortnahen haus- und fachärztlichen Versorgung bei. Dabei vertreten sie die gemeinsamen Interessen der Mitglieder gegenüber Politik, Selbstverwaltung und Öffentlichkeit nach den Grundsätzen der Offenheit, Transparenz, Fairness und Integrität.