Ende der Barockmusik am Schloss Charlottenburg?
Bauverzögerungen drängen Berliner Residenz Konzerte ins Aus
Berlin (ots)
Die beliebten Berliner Residenz Konzerte in der Großen Orangerie des Schloss Charlottenburg hatten beides fast überstanden: Die Corona-Pandemie und auch die seit 2021 andauernden Sanierungsarbeiten am Schloss. Doch im Frühjahr 2022 führten Bauverzögerungen zu einer fünfmonatigen Zwangspause und damit zu Umsatzverlusten in sechsstelliger Höhe. Den Berliner Residenz Konzerten und ihrem Ensemble droht nun das Aus.
Seit 2006 gelingt es den Berliner Residenz Konzerten, einem breiten internationalen Publikum das Faszinosum der Barockmusik nahezubringen. Zu bislang rund 2.750 Konzerten begrüßte der "königliche Hofzeremonienmeister" insgesamt mehr als 380.000 Gäste aus aller Welt in der Großen Orangerie des Schloss Charlottenburg. Im ausgehenden 17. Jahrhundert pflegte dessen einstige Hausherrin, die hochmusikalische Kurfürstin und spätere erste preußische Königin Sophie Charlotte, hier an ihrem "Musenhof" zusammen mit namhaften Komponisten und Virtuosen die Barockoper und Barockmusik. Unter ihrer Patronage kam die einflussreiche abendländischen Kunstmusik in Preußen erstmals zu wahrer Blüte und trug fortan zur Entwicklung einer reichen musikalischen Tradition in Deutschland bei.
Populäre Wiederbelebung eines großen musikalischen Erbes
Mit seinen Programmen knüpft das Berliner Residenz Ensemble an dieses kulturelle Erbe an. Für die neuzeitliche Wiederbelebung des höfischen Musiklebens mit den facettenreichen Kompositionen des Generalbasszeitalters fließen allerdings keine Kulturfördermittel. Finanziell tragen lassen sich die populären Dinner-Konzerte nur durch die Firmenevents namhafter Unternehmen, die in der Großen Orangerie inmitten der opulenten Gärten des prunkvollen Hohenzollernschlosses den verlässlichen glanzvollen Rahmen für ihre hochkarätigen Veranstaltungen finden. Damit war es im Zuge der Sanierungsmaßnahmen am Schloss Charlottenburg vorbei.
Fünfmonatige Zwangspause verursacht sechsstelligen Schaden
"Wir haben die notwendigen Sanierungsarbeiten stets unterstützt und uns auf die damit einhergehenden Gewinnausfälle eingestellt", sagt Orangerie Berlin Geschäftsführer Thomas Gross. Doch Bauverzögerungen führten zu Beginn des vergangenen Jahres zu einer weiteren fünfmonatigen Zwangspause. "Das konnten wir finanziell nicht mehr stemmen. Entsprechende Schadensersatzansprüche haben wir umgehend an die Vermieterin adressiert. Die der Orangerie Berlin GmbH durch die Bauverzögerungen entstandenen Verluste summieren sich auf rund 300.000 Euro", so der Veranstalter.
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ohne Lösungsvorschlag
"Einen verbindlichen Lösungsvorschlag dazu hat uns die Vermieterin, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, bis heute nicht unterbreitet. Sämtliche Bemühungen unsererseits um eine einvernehmliche Schadensregulierung liefen ins Leere", sagt Gross. Ein weiteres Gespräch mit der Vermieterin am 1. August 2023 ergab erneut keine Lösung. Sollte der Orangerie Berlin GmbH bis einschließlich 21. August kein positiver Entscheid zum zuletzt durch sie vorgelegten Vergleichsangebot vorliegen, wäre sie gezwungen, Insolvenzantrag zu stellen.
Brandbrief an Generaldirektion und Stiftungsrat
Jetzt bleibt dem Veranstalter nur noch die Hoffnung auf Eingreifen durch die Generaldirektion und den Stiftungsrat der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Regulär käme letzterer allerdings erst zu seiner Herbstsitzung wieder zusammen. Für den Fortbestand der Berliner Residenz Konzerte wäre das zu spät. Ein entsprechender Brandbrief an den Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, und an den Stiftungsrat ging daher in der vergangenen Woche raus.
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