Eksmo-Verlagsdirektor Kapyev: Die Kultur muss umso lauter sprechen, wenn die Politik schweigt
Frankfurt a.M./ Moskau (ots)
Der Generaldirektor eines der größten europäischen Verlagshäuser ruft auf, kulturelle Brücken zu bauen, die den Weg in eine friedliche Zukunft weisen können.
Die Internationale Buchmesse in Frankfurt a.M. (19.10.-23.10.2022) ist ein Leuchtturm für den kulturellen Austausch. Von ihr geht vor allem in schwierigen Zeiten ein Funke der Hoffnung auf Dialog und Völkerverständigung aus. Um so wichtiger, dass Politik nicht die Oberhand über Kultur gewinnt oder gar ganz zum Schweigen bringt.
"Es stellt sich die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, Brücken zu zerstören und damit die Verbindung zwischen Völkern und Kulturen von Ost und West, von Europa und Russland?", sagt Evgeny Kapyev, Generaldirektor von Eksmo, einem der größten europäischen Verlagshäuser. "Ist es nicht wichtiger denn je, kulturelle Kanäle mit Russland offen zu halten - nämlich mit dem lesenden und selbstständig denkenden Teil der Bevölkerung, der zunehmend eine Isolation verspürt?" Nach Ansicht der Verantwortlichen des Verlags, der unter anderem deutsche und internationale Autoren in russischer Sprache veröffentlicht, sollten die Kulturschaffenden den Politikern den Weg zu einem stabilen Frieden weisen.
Kultureller Austausch als Basis für den friedlichen Dialog
Über die aktuellen Entwicklungen und die Konsequenzen zeigt sich Kapyev alarmiert: "Russland wird zunehmend von internationalen Kultur- und Verlagsprozessen ausgeschlossen und somit die russischen Leser von globalen Inhalten abgeschnitten. Das ist die Realität, in der meine Kollegen und ich sich heute wiederfinden."Kapyev blickt mit Sorge insbesondere auf die junge Generation: Die aktivste Leserschaft in Russland ist die Gruppe der 16- bis 24-jährigen, vier der fünf meistverkauften Bücher gehören zur Jugendliteratur. "Auch wenn ein persönlicher Austausch derzeit nicht stattfindet, so haben russische Jugendliche immerhin noch die Möglichkeit, Bücher mit Gleichaltrigen in Europa und anderen Ländern zu teilen. Das aber könnte sich dramatisch ändern", befürchtet Kapyev. Sollten die kulturellen Verbindungen gekappt werden, gebe es keine Grundlage mehr für den Dialog unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. "Dagegen müssen wir Kulturschaffenden uns mit ganzer Kraft stemmen. Die Kultur muss umso lauter sprechen, wenn die Politik schweigt."
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