Kulturzentrum Haus der Donauschwaben Bayern e.V.
Wo wohnt Heimat eigentlich und welche Geschichten erzählt sie uns?
Neugründung Kulturzentrum Haus der Donauschwaben in Bayern e.V.
Europäische Migrationsgeschichte(n)
Haar (bei München) (ots)
Es gibt eine neue Adresse in der bunten Landschaft der bayerischen Museen und Kulturzentren: Das Kulturzentrum Haus der Donauschwaben e.V. in Haar. Das Kulturzentrum widmet sich dem kulturellen Erbe der Donauschwaben und schafft Bewusstsein für Migrationsgeschichten in Europa. Mit einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm, einem Museum, einer Bibliothek und Archiven öffnet es sich interessierten Besuchern, auch Schulklassen sind willkommen. Bei einem aktuellen Besuch der Landtagsabgeordneten Sylvia Stierstorfer und Josef Zellmeier ging es auch um die Modernisierung des Gebäudes.
Das Kulturzentrum Haus der Donauschwaben ist ein Ort des Erinnerns an ein Kapitel europäischer Migrationsgeschichte. Anhand zahlreicher Exponate des kulturellen Erbes der Donauschwaben erzählt das Kulturzentrum die Geschichte einer Migration in zwei Richtungen: Einst zogen die überwiegend deutschsprachigen Siedlerinnen und Siedler als Wirtschaftsmigranten und gesuchte Fachkräfte fort aus der alten Heimat über die Donau in Gebiete des heutigen Ungarn, Serbien und Rumänien. Später wurden sie von dort wieder vertrieben oder mussten fliehen. Viele von ihnen kamen nach Bayern und fanden hier ein neues Zuhause.
Das Kulturzentrum beschäftigt sich mit den Dimensionen des ambivalenten Begriffs "Heimat". Es öffnet seine Türen für Begegnungen, für Lernen und Verstehen. "Wir wollen eine Brücke schlagen in die Gegenwart und dabei Themen nachgehen, die uns in einer Welt mit aktuell so vielen Flucht- und Migrationsgeschichten alle betreffen: Identität, Integration und die Herausforderungen einer multiethnischen Gesellschaft", sagt Geschäftsführerin Gabriele Schilcher.
Vielfältiges Programm: Zeitzeugengespräche, Konzerte, Vorträge
Mit Fördermitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales wird das Haus der Donauschwaben mit der ehrenamtlich aufgebauten Sammlung derzeit zu einem zeitgemäßen Museum und einem Ort lebendiger Begegnung entwickelt. Neben der Sammlung mit donauschwäbischen Trachten, Exponaten und einer Fachbibliothek sieht das zukünftige Veranstaltungsprogramm Zeitzeugengespräche, Autorenlesungen, Konzerte und Ausstellungen vor, ebenso Seminare und Vorträge zum Gegenwartsdiskurs "Einwanderung - Auswanderung", "Migration", "Wirtschaftsflüchtlinge und Fachkräftemangel". Schulführungen und besondere Events wie Brauchtumsfeste oder gemeinsames Kochen alter donauschwäbischer Rezepte sollen dies ergänzen.
Sylvia Stierstorfer, Landtagsabgeordnete und Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, besuchte mit Josef Zellmeier, Vorsitzender des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen und Landesvorsitzender der Karpatendeutschen, im Juli das Kulturzentrum. Im gemeinsamen Gespräch wurden die Möglichkeiten der künftigen Modernisierung des Gebäudes ausgelotet, das auch anderen Vertriebenenverbände für kulturelle Veranstaltungen offenstehen könnte. Bei dem Besuch wurde auch die Machbarkeitsstudie zur Weiterentwicklung des Hauses vorgestellt wie auch die laufenden Projekte zur Inventarisierung der Sammlung und zum Aufbau eines Depots.
Wer sind die Donauschwaben?
Die Geschichte der Donauschwaben ist in unserer von Migration geprägten Gegenwart aktuell wie nie. Auf der Suche nach einer besseren Zukunft folgten zahlreiche unter Armut und Abhängigkeit leidende Bauern und Handwerker aus dem süddeutschen Raum im späten 17. und vor allem im 18. Jahrhundert dem Versprechen der Habsburger Kaiser auf ein sicheres Auskommen und Freizügigkeit. Mit einfachen Holzschiffen fuhren sie über die Donau auf sogenannten Schwabenzügen in das Gebiet des heutigen Ungarn, Serbien und Rumänien, wo nach den Zerstörungen durch die Türkenkriege dringend Fachkräfte für den Ackerbau benötigt wurden. Die Siedlerinnen und Siedler verwandelten das Gebiet um die mittlere Donau zur damaligen Kornkammer Europas.
Lange prägten Vielfalt und Toleranz das Zusammenleben der multiethnischen und multikonfessionellen Gruppen, ehe aufkommender Nationalismus und die Verbrechen des Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg einen Keil zwischen die einst friedlichen Nachbarn trieben und schließlich zu Flucht, Vertreibung, Deportation und Internierung der Donauschwaben führten. Nach 1945 fanden viele Überlebende neue Heimat(en) in Bayern und Baden-Württemberg, andere flohen auch nach Amerika oder Australien. Die Erfahrungen von Krieg, Flucht und Vertreibung wurden nicht selten an Kinder und Enkel weitergegeben als transgeneratives Trauma.
Das Team des Kulturzentrums Haus der Donauschwaben e.V. besteht
... aus Zeitzeugen wie Paul Beiwinkler, der sich erinnert: "Auf der Straße mit den Kindern habe ich Serbisch gesprochen, und sobald ich in den Hof kam, wurde in den donauschwäbischer Dialekt gewechselt"; oder Evi Hübner: "Meine Mutter hat auf der Flucht einen Stoff mitgenommen, daraus hat sie später ihr Brautkleid genäht, jetzt trägt eine Puppe im Museum einen Rock aus dem Stoff."
... aus Nachfahrinnen und Nachfahren der Erlebensgeneration wie Karl-Heinz Wendel: "Ich bin überzeugt davon, dass wir das donauschwäbische kulturelle Erbe nur bewahren können, wenn wir es schaffen, unseren Blick, zusammen mit den Menschen, die heute in Serbien leben, auch in die Zukunft zu richten."
Und es gibt Menschen im Team, die ohne familiären Hintergrund von dem Thema berührt werden.
Die moderne Präsenz des Kulturzentrums auf der neugestalteten Homepage (donauschwaben.bayern) und auf Instagram (@donauschwaben.bayern) ermöglicht es Donauschwaben weltweit in Verbindung zu treten, Kontakte zu knüpfen, Interessen und Geschichte zu teilen. Der Kanal spiegelt die Aktivitäten des Kulturzentrums wider.
Pressekontakt:
Gabriele Schilcher, Leibstraße 33, 85540 Haar
Telefon: 089-456 99 193, 0176-45535894
schilcher@donauschwaben.bayern
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