Kostenkontrolle nach Bauabschluss: Experte erklärt, welche Rechnungsposten man akzeptieren muss und wo man Geld sparen kann
Velburg (ots)
Nach dem Abschluss eines Bauvorhabens stehen Bauherren vor der Herausforderung, die endgültigen Kosten zu überprüfen und unnötige Ausgaben zu identifizieren. Diese Aufgabe kann überwältigend sein, da die finale Abrechnung häufig Posten enthält, die auf den ersten Blick nicht immer nachvollziehbar sind.
Aber Nachschauen lohnt sich: In fast jeder Endabrechnung findet man Einsparpotenzial von stellenweise mehreren 10.000 Euro - das überprüft allerdings kaum jemand. So werfen viele Bauherren schließlich ihr Geld zum Fenster hinaus. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rechnungsposten man akzeptieren muss und wo man oft viel Geld sparen kann.
Kostenfalle Schlussrechnung
Viele Bauherren erleben bei der Präsentation der Schlussrechnung einen regelrechten Kostenschock, da diese häufig unvorhergesehene und zusätzliche Ausgaben beinhalten. Solche Mehrkosten können auf Nachträge, Aufmaße und andere Zusatzleistungen zurückzuführen sein, die im Verlauf des Projekts entstanden sind, aber in den ursprünglichen Angeboten oder Verträgen nicht berücksichtigt wurden.
Nachträge umfassen zusätzliche Arbeiten oder Änderungen, die während des Bauprojekts durchgeführt wurden und nicht im ursprünglichen Vertrag enthalten waren. Derartige Nachträge erscheinen oft in der Endabrechnung und können erhebliche Mehrkosten verursachen.
Bei Aufmaßen handelt es sich um detaillierte Dokumentationen, die festhalten, wann und wo spezifische Arbeiten ausgeführt und welche Materialien und Komponenten der Auftragspositionen verwendet wurden. Sie ähneln Bautagebüchern, sind jedoch spezifischer hinsichtlich der erbrachten Arbeitsleistungen. Aufmaße dienen als Beweis für die tatsächlich erbrachten Leistungen und können zusätzliche Kosten aufzeigen, die zuvor nicht erkennbar waren. Es ist somit keine Seltenheit, dass die Endabrechnung erhebliche Mehrkosten enthält, die den Bauherren unvorbereitet treffen.
Prüffristen beachten und Überprüfungen dokumentieren
Grundsätzlich ist es bei eingehenden Rechnungen dringend geboten, immer die Fristen für die Überprüfung zu beachten. Besonders bei den üblichen Vertragsformen, wie etwa nach der VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen), herrschen strenge Fristen für die Überprüfung und Zahlung der Rechnungen. Wird diese Frist versäumt und eine Mahnung ausgestellt, sollte diese äußerst ernst genommen werden, da den ausführenden Unternehmen zahlreiche vertragliche Mittel zur Durchsetzung ihrer Ansprüche zur Verfügung stehen. Daher ist es unerlässlich, im ersten Schritt die Fristen im Blick zu behalten.
Sind die Fristen bekannt, sollte überprüft werden, ob die Rechnung tatsächlich nachvollziehbar ist. Eine Rechnung gilt als nachvollziehbar, wenn sämtliche erforderlichen Dokumentationen und Nachweise vorhanden sind. Zu diesen Nachweisen zählen detaillierte Aufmaßprotokolle, die genau festhalten, welche Arbeiten wann und wo ausgeführt wurden. Sollten diese Nachweise fehlen, ist es ratsam, die Rechnung als nicht prüfbar zurückzuweisen und umgehend einen Termin mit dem Auftragnehmer zu vereinbaren. Sämtliche dieser Schritte sollten sorgfältig dokumentiert werden. Insbesondere bei Streitigkeiten dient eine solche Dokumentation als Nachweis, dass Rechnungen ordnungsgemäß geprüft und gegebenenfalls zu Recht beanstandet wurden.
Nachträge in der Schlussabrechnung
Es ist üblich, dass der Schlussrechnung Nachträge beigefügt werden. Diese umfassen oft nicht nur die ursprünglich vereinbarten Leistungen, sondern auch sogenannte Massenmehrungen. Das bedeutet, dass mehr Materialien oder Arbeitsleistungen benötigt wurden als ursprünglich vorgesehen, wie zum Beispiel zusätzlicher Beton oder mehr Steckdosen. Auch sonstige Arbeiten oder Leistungen werden als Nachträge in die Schlussrechnung aufgenommen.
Für Bauherren ist es wichtig zu verstehen, dass sowohl die Schlussrechnung als auch die Nachträge überprüfbar sind. Wenn also Nachträge zusammen mit der Schlussrechnung eingereicht werden, kann der Auftraggeber nicht beides gleichzeitig prüfen. In einem solchen Fall sollte die Schlussrechnung zunächst mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass zuerst die Nachträge überprüft und verhandelt werden müssten. Bei der Zurückweisung sollten darüber hinaus die fehlenden Unterlagen angefordert werden, beispielsweise Aufmaße und Kalkulationsnachweise. Ferner ist es ratsam, sofort einen Termin mit dem Auftragnehmer zu vereinbaren, da eine klare und direkte Kommunikation hierbei von enormer Bedeutung ist.
Kalkulationsnachweis bei Nachträgen
In der Baubranche ist es an der Tagesordnung, dass Preise für Nachträge bis zu 50 Prozent über den üblichen Marktpreisen liegen. Diese Vorgehensweise ist weit verbreitet, kann allerdings für den Auftraggeber äußerst ärgerlich und teuer sein. Bei überhöhten Preisen hat der Auftraggeber jedoch immer das Recht, einen detaillierten Kalkulationsnachweis anzufordern, was grundsätzlich ratsam ist. Ein solcher Kalkulationsnachweis umfasst typischerweise drei Hauptbereiche: die Kosten für die benötigten Materialien, die Arbeitszeitkosten für die zusätzlichen Arbeiten sowie die übrigen Nebenkosten, die im Zusammenhang mit den Zusatzarbeiten entstehen.
Nach Erhalt eines solchen Nachweises sollte der Auftraggeber unverzüglich das Gespräch mit dem Bauunternehmen suchen. Häufig sind die angegebenen Preise überhöht und können durch geschickte Verhandlungen reduziert werden. Es gibt nur wenige seriöse Unternehmen, die fair kalkulieren. Daher ist es entscheidend, Nachträge immer ausführlich zu diskutieren und zu verhandeln. Einen Nachtrag einfach hinzunehmen, ohne ihn zumindest zu hinterfragen, wäre leichtsinnig und könnte sich als schwerwiegender Fehler erweisen.
Ein gerichtliches Verfahren sollte stets als letzte Option betrachtet werden
Im Allgemeinen lässt sich festhalten: Beharrlichkeit zahlt sich aus, doch Unnachgiebigkeit hat in der Baubranche keinen Platz. Bei Bauprojekten treten in der Regel Konflikte auf, die oft mit Gutachten, Gegengutachten, Stellungnahmen und umfangreicher Dokumentation einhergehen. Dies führt zwangsläufig zu erheblichen Kosten für alle Beteiligten. Darum ist es für den Erfolg eines Bauvorhabens wesentlich, genau zu überlegen, wann ein Streitfall angemessen ist. Es ist ratsam, klare und frühzeitige Absprachen zu treffen sowie eine offene Kommunikation zu pflegen. Ebenso wichtig ist es, externe Beratung in Anspruch zu nehmen, um den Beteiligten erhebliche finanzielle Belastungen zu ersparen.
Über Dr. Peter Burnickl:
Dr. Peter Burnickl hat sich zur Aufgabe gemacht, mit einem neuen Ansatz für nachhaltige, optimierte und wirtschaftliche Gebäude zu sorgen. Er ist der Geschäftsführer der Pro Bauherr GmbH und kennt diese als Ingenieur, Projektentwickler und Bauträger genau. Mit seinem Team unterstützt er Bauherren dabei, so zu bauen, dass alle Kosteneinsparpotentiale voll ausgeschöpft sind. Weitere Informationen unter: https://www.pro-bauherr.com
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