Vier Pfoten - Stiftung für Tierschutz
Tierschutz und rituelles Schlachten
Interkultureller Dialog eröffnet Perspektiven
Hamburg/Berlin (ots)
Auf dem vierten Tierschutzpolitischen Gespräch von VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz diskutierten am 20. Oktober 2005 in Berlin je ein Vertreter der jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften, ein Veterinärmediziner, ein Rechtswissenschaftler und ein Experte für den abrahamischen Dialog, inwieweit die Elektrokurzzeitbetäubung vor der rituellen Schlachtung mit den jeweils religiösen Regeln vereinbar sei. Die generelle Einführung der Elektrokurzzeitbetäubung bei rituellen Schlachtungen ist die Konsequenz einer Bundesratsinitiative des Landes Hessens zur Änderung tierschutz-rechtlicher Vorschriften, die zurzeit im Bundesrat diskutiert wird.
Der stellvertretende Vorsitzende vom Bündnis der islamischen Gemeinden in Norddeutschland, Ahmet Yazici, erklärte: "Es entspricht zwar nicht dem allgemeinen muslimischen Brauch, jedoch hat die Mehrheit der islamischen Rechtsgelehrten in einem Rechtsgutachten erläutert, dass die Anwendung der Elektrokurzzeitbetäubung nicht gegen den Koran verstößt, wenn sicher gestellt ist, dass es sich um eine reversible Betäubungsmethode handelt."
Walter Rothschild, Landesrabbiner Schleswig-Holsteins, der auf dem Podium keine offizielle Repräsentationsfunktion inne hatte, sprach sich für technologische Neuerungen aus, die Tierleid verhindern, relativierte aber gleichzeitig, dass in Deutschland nur eine sehr kleine Menge Tiere nach jüdischem Ritual geschlachtet würde und stellte in Frage, ob die genannte Modernisierung gegenüber jahrtausend alten Erfahrungen und Methoden, die auch den Respekt vor dem Tier ausdrücken, wirklich einen Vorteil bringt. Von einem neutralen Standpunkt aus sprach Walter Rothschild sich weder ausdrücklich für noch gegen die Methode der Elektrokurzzeitbetäubung aus.
Die drei großen Glaubensgemeinschaften der Christen, Juden und Moslems haben gleiche Wurzeln, die grundsätzlich eine Achtung vor dem Tier beinhalten. "Die Anwendung einer Elektrokurzzeitbetäubung bei der rituellen Schlachtung wäre ein klarer erster Schritt zur Verbesserung des Tierschutzes", sagt Dr. Marlene Wartenberg, Geschäftsführerin von VIER PFOTEN.
Ein weiteres Ergebnis des beginnenden interkulturellen Dialogs ist die gemeinsam ablehnende Haltung gegenüber der Intensivtierhaltung und Akkordschlachtung. Denn diese Praxis entfremdet systematisch den Menschen vom Tier. Die Konsequenz: Achtung und Respekt vor dem Tier gehen verloren.
Von allen Beteiligten wurde das Podium als ein wichtiger Ausgangspunkt für einen Anfang gewertet, um gemeinsam für die Tiere nach Verbesserungen zu suchen. Fünf von sechs Podiumsteilnehmern sprachen sich ausdrücklich für eine Zustimmung der Länder zur hessischen Bundesratsinitiative aus.
"Die Dialogbereitschaft aller Experten hat mehr als eine Perspektive aufgezeigt und der Dialog wird fortgesetzt. Dieser kann, über den Tierschutzaspekt hinaus, gesellschaftlich große integrative Kraft entwickeln. Wir fordern alle Bundesländer auf, der Bundesratsinitiative zuzustimmen", so Marlene Wartenberg.
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