Bund der Freien Waldorfschulen
PISA-Studie: Bestätigung für Waldorfschulen
Stuttgart (ots)
Jetzt haben wir es wieder schwarz auf weiß: Unser staatliches Bildungssystem ist nur in der Auslese gut. PISA zeigt: Schlüsselqualifikationen wie Lesen und Rechnen vermittelt das dreigliedrige Schulsystem nur unzureichend, individuelle Fähigkeiten fördert es kaum, die liegen - wohl ein Leben lang - brach.
In den nun folgenden Debatten, was zu tun sei, dürfte es sich lohnen, auf alternative Erfahrungen der Staaten zu schauen, die auf besseren Plätzen gelandet sind - oder auf die Erfahrungen der Waldorfschulen im eigenen Land.
Zur Konzeption der Waldorfschulen gehört es nämlich, unterschiedlich begabte Kinder nicht so früh wie möglich zu separieren, sondern ihnen eine soziale, anregende Lerngemeinschaft zu bieten, die ihnen die Zeit für ihre Entwicklung einräumt, die sie individuell brauchen.
Ohne zu frühe Auslese und Zensuren (wohl aber mit aussagekräftigen leistungsbezogenen Beurteilungen), können Kinder ihre vielfältigen Talente allmählich entdecken, können sie Lernen als freudiges Erlebnis empfinden und damit Motivation zu lebenslangem Lernen begründen. Die Waldorfpädagogik versteht dabei Lernen nicht nur als Aneignung von Wissen, sondern legt Wert darauf, dass sich die Schüler mit dem Lernstoff auch emotional verbinden und ihn handlungsorientiert umsetzen können.
Zum Lesen lernen beispielsweise gehört nicht nur die phonetische Addition von Buchstaben, sondern das Erleben der Gestaltungs- und Ausdruckskraft der Sprache. Etwa das Theaterspiel an der Waldorfschule, ebenso wie die lebendige Bekanntschaft und Auseinandersetzung mit der Literatur, hat daher unmittelbar etwas mit der Aufgabe zu tun, lesen zu lernen.
Schlussfolgerungen aus der PISA-Studie wird es in den nächsten Wochen viele geben. Fatal wäre es, wenn sie in eine weitere Verfrühung des kognitiven Lernens mündeten. Die PISA-Studie zeigt nämlich auch: Erziehung braucht keine Beschleunigung, sondern Entschleunigung.
Kinder, die genügend Zeit hatten, ihre körperliche und seelische Beweglichkeit zu entwickeln, werden auch den kognitiven Anforderungen des Lebens besser gewachsen sein, das hatte schon Piaget erkannt. Chancengleichheit ist also mehr als das Recht auf formal gleiche Abschlüsse. Das Recht auf gleiche Chancen ist das Recht, im eigenen Tempo die eigenen Fähigkeiten zu entfalten: ein Prinzip der Waldorfpädagogik.
Wenn die PISA-Studie zu dieser Einsicht beiträgt, hat das schlechte deutsche Abschneiden doch etwas Gutes.
Bund der Freien Waldorfschulen Öffentlichkeitsarbeit Susanne Pühler E-Mail: puehler@waldorfschule.de Telefon: 0711-21042-30
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