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Behördenskandal: Cadmium und Blei verseuchen Böden in Wohngebieten um Müllanlage Pohritzsch

Berlin (ots)

Bodenproben der Deutschen Umwelthilfe belegen:
Giftstaub rings um die Abfallbehandlungsanlage Pohritzsch (Sachsen) 
verseucht Wohngebiete - Behörden ignorieren Gesundheitsgefahren und 
verweigern Bodenanalysen - DUH-Analyse zeigt, dass Grenzwerte für 
Cadmium und Blei bis zu elffach überschritten werden - DUH fordert 
Schließung der Abfallbehandlungsanlage und sofortigen Schutz der 
Bevölkerung vor schwermetallverseuchten Böden
Hochgiftiges Cadmium und Blei haben Chemiker in Bodenproben von 
Wohn- und Gewerbegebieten rings um die Abfallbehandlungsanlage der 
Firma S.D.R. Biotec in Pohritzsch gefunden. Die Deutsche Umwelthilfe 
e.V. (DUH) hatte die Analyse in Auftrag gegeben, nachdem das 
zuständige Regierungspräsidium Leipzig die nötigen Untersuchungen für
den Gesundheitsschutz der dortigen Bevölkerung verweigert hat. Nach 
mehrmaliger Aufforderung durch die DUH hatte die Behörde zwar die 
Staubbelastung in der Luft gemessen, aber nicht die entscheidenden 
Bodenuntersuchungen durchgeführt, die Hinweise auf eine 
Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung liefern können. "Der Grenzwert 
für Cadmium wird um das 11-fache überschritten, der Grenzwert für 
Blei um das 6-fache - bei diesen hohen Werten der krebserregenden 
Schwermetalle können Gesundheitsgefahren für die Anwohner rings um 
die Anlage nicht ausgeschlossen werden", warnt 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Wir reden von 
Bleibelastungen in Höhe von 2,3 Gramm pro Kilogramm - also 2,3 
Promille - hochgiftiges Blei in der Erde in Wohngebieten."
In der sogenannten Immobilisierungsanlage am Ortsrand behandelt 
das Unternehmen Biotec gefährliche Abfälle, wie Rückstände aus 
Müllverbrennungsanlagen und schwermetallhaltige Abfälle. Die Anwohner
klagen seit Jahren über die hohen Staubbelastungen durch Biotec. Das 
zuständige Regierungspräsidium Leipzig hat wiederholt die Forderungen
der DUH zur Bodenprobennahme auf dem Firmengelände und in der 
Umgebung abgewiesen. Nachdem die DUH im vergangenen Jahr mehrfach auf
diesen Missstand hingewiesen und die Untätigkeit der Landesbehörden 
beklagte, erklärte sich die Behörde im Frühjahr 2008 bereit, die 
Staubemissionen zu untersuchen. Es dauerte vier weitere Monate bis 
der Giftstaub in der Luft gemessen wurde. Das Erdreich in der 
Umgebung der Anlage bzw. im angrenzenden Wohngebiet wurde von 
staatlicher Seite bis heute nicht in die Schadstoffanalyse 
einbezogen. Die DUH hat daher selbst Bodenproben analysieren lassen -
und bei den hochgiftigen Schwermetallen Cadmium und Blei hohe 
Überschreitungen der zugelassenen Grenzwerte festgestellt. Sie 
begründen den Verdacht auf eine sogenannte schädliche 
Bodenveränderung. Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung 
(BBodSchV) schreibt für solche Fälle eine Detailuntersuchung vor.
"Die zuständigen Behörden sind ihrer Sorgfaltspflicht nicht 
nachgekommen. Die Überwachung der Anlage war nachlässig und als die 
Hinweise auf potenziell gefährliche Staubbelastungen in Pohritzsch 
sich häuften, geradezu fahrlässig", sagte Resch. Nach einer 
Feststellung vorliegender Gefahren durch die Überschreitung von 
Grenzwerten in Böden muss die zuständige Behörde nach BBodSchV 
geeignete Sanierungs- sowie Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen 
vorschlagen. Die DUH fordert die sofortige Schließung der 
Abfallbehandlungsanlage bis sichergestellt ist, dass keine weiteren 
Giftemissionen von der Anlage ausgehen.
Hintergrund
Bereits im Februar 2008 hat die DUH das Regierungspräsidium 
Leipzig auf die hohen Staubbelastungen um die Abfallbehandlungsanlage
in Pohritzsch aufmerksam gemacht und Bodenproben gefordert. 
Bereitgestellte Fotos ließen vermuten, dass die vor Ort vorgefundene 
Staubbelastung direkt von der Abfallbehandlungsanlage ausgeht. Nach 
schriftlicher Aussage des Regierungspräsidiums Leipzig werde die 
Anlage "regelmäßig überwacht". Die Behörde habe hinsichtlich der 
Staubemissionen der Anlage und der Umgebung "keinerlei Beanstandungen
festgestellt". Ohne jegliche Bodenproben gemacht und analysiert zu 
haben, stellte das Regierungspräsidium Leipzig der DUH gegenüber 
fest: "Ein Verdacht auf Gesundheitsgefahr für die Bürger durch die 
Abfallbehandlung der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH in 
Pohritzsch liegt nicht vor". Auch der damalige Staatsminister Wöller 
hat auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im 
Sächsischen Landtag am 17. März 2008 versichert, dass es zur Sammlung
von Staubproben in der Umgebung der Anlage "keine Veranlassung" gäbe.
Auf wiederholte Forderungen der DUH hat das Sächsische 
Umweltministerium im April 2008 eine Staubmessung durch das 
Regierungspräsidium Leipzig angekündigt. Bodenanalysen wurden 
weiterhin abgelehnt. Es sollte dann aber bis zum September noch vier 
Monate dauern, bevor die Staubmessungen mittels offenen Glasbehältern
aufgenommen wurden. Auf Nachfrage hat das Umweltministerium 
mitgeteilt, dass die Messungen "aufgrund erster Zwischenwerte" bis 
August 2009 verlängert wurden. "Zwischenergebnisse, die nicht näher 
erläutert werden, aber zu einer erheblichen Verlängerung der Messung 
führen, lassen Unregelmäßigkeiten vermuten", befürchtet Maria 
Elander, Leiterin der Abteilung Kreislaufwirtschaft bei der DUH. 
"Trotzdem werden keine Bodenproben veranlasst. Das ist aus Umwelt- 
und Gesundheitsaspekten unverantwortlich". Daraufhin hat die DUH 
selbst insgesamt drei Bodenproben aus der Umgebung der Anlage 
analysieren lassen. In der Probe eines angrenzenden Wohngebiets hat 
ein staatlich anerkanntes Prüflabor Bleikonzentrationen 2.340 
Milligramm pro Kilogramm und Cadmiumkonzentrationen von 223 
Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse festgestellt. Die 
entsprechenden Grenzwerte für Wohngebiete liegen bei 400 bzw. 20 
Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse.
Sowohl Blei als auch Cadmium sind sehr giftig und 
gesundheitsschädigend. Blei schädigt über einen langen Zeitraum schon
in niedrigen Konzentrationen die Nerven. Laut Umweltbundesamt stehen 
die neurotoxischen Effekte beim Menschen durch Bleivergiftungen im 
Vordergrund. Bei Cadmium sind langfristig Schädigungen der Nieren zu 
erwarten. Beide Stoffe sind auch krebsauslösend. Untersuchungen 
lassen u.a. auf ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko nach langjähriger 
Exposition von hohen Cadmiumkonzentrationen in Form atembarer Stäube 
schließen. Die Exposition beider Stoffe ist nach Aussage des 
Umweltbundesamtes so gering wie möglich zu halten.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin Tel.: 030 2400867-41,
0160 533 73 76, elander@duh.de

Ulrike Fokken, Sprecherin Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-22,
0151 55 01 70 09, fokken@duh.de

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