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Pkw-Klimaanlagen: mit hochtoxischem Chemiecocktail gegen den Klimawandel?

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Berlin (ots)

Sperrfrist: 04.03.2009 15:00
   Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der
   Sperrfrist zur Veröffentlichung frei gegeben ist.
Deutsche Umwelthilfe fürchtet beim Ersatz klimawirksamer 
Kältemittel erneut den Einsatz gefährlicher Produkte der Fluorchemie 
- Eigene Untersuchungen zum chemischen Kältemittel 1234yf offenbaren 
enorme Risiken für Fahrzeuginsassen und Helfer im Brandfall - 
Chemieindustrie agiert ohne Rücksicht auf potenzielle Unfallopfer
Die Entscheidung der Europäischen Union, extrem klimaschädliche 
Kältemittel in Pkw-Klimaanlagen aus dem Verkehr zu ziehen, hat 
möglicherweise ungewollt lebensbedrohliche Konsequenzen für 
zukünftige Unfallopfer. Denn auf der Suche nach Ersatzstoffen setzt 
die Autoindustrie bei neuen Klimaanlagen weiter auf gefährliche 
Kältemittel. Die brennbare und hochtoxische Chemikalie 1234yf gilt 
vielen Herstellern mittlerweile als kostengünstige Alternative.
"Der ausgeprägte Wille vieler Automanager, in diesem hochsensiblen
Bereich die überkommene Kooperation mit der Chemieindustrie 
fortzusetzen, führt in die Irre und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu 
zusätzlichen Verkehrsopfern", warnte der Bundesgeschäftsführer der 
Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) Jürgen Resch heute in Genf. 
Anlässlich des 79. Internationalen Automobilsalons präsentierte die 
Deutsche Umwelthilfe e.V. eigene Testergebnisse zum Verhalten von 
1234yf, wenn der Chemiecocktail bei einem Unfall Feuer fängt. Das 
Produkt der US-Chemiekonzerne Honeywell und DuPont soll das 
Kältemittel R134a ab 2011 ersetzen. Auch der weltweit agierende 
Konzern Arkema wirbt unter dem Namen Forane® 1234yf bei der 
Autoindustrie für das neue Produkt. Doch das ist nur eine Lösung auf 
den ersten Blick. Das Kältemittel 1234yf ist brennbar und setzt in 
Verbindung mit Wasser hochgiftige Flusssäure (chemisch: HF) in 
lebensbedrohlicher Konzentration frei.
Flusssäure ist in geringsten Konzentrationen hochgiftig, was zudem
von den Opfern nicht unmittelbar bemerkt wird. HF durchdringt die 
Haut, zerstört tiefere Gewebeschichten und führt zu schweren inneren 
Verätzungen. Das Einatmen kann akut zu einem Lungenödem und 
chronischen Schäden bis hin zum Tod führen. "Aus einem Kilogramm des 
Kältemittels 1234yf können im Brandfall 700 Gramm Flusssäure 
entstehen. Eine durchschnittliche Pkw-Klimaanlage ist mit etwa 600 
Gramm des Kältemittels gefüllt. Kaum auszudenken, was bei einem 
Auffahrunfall mit mehreren Fahrzeugen passieren kann", erläuterte der
Verkehrsberater und frühere Abteilungsleiter im Umweltbundesamt 
(UBA), Dr. Axel Friedrich. Unfallopfer, die einen Verkehrsunfall 
überleben, könnten anschließend an der eingeatmeten Flusssäure 
sterben. Es sei "beschämend, wie ungeniert Teile von Automobil- und 
Chemieindustrie mit der Sicherheit und letztlich den Leben von 
Menschen spielen, um aus diesem lukrativen, weltweiten Markt nicht 
herauszufallen".
Die Ergebnisse der im Auftrag der DUH durchgeführten 
Unfallsimulationen sind eindeutig. Das Szenario: Bei etwa 600 Grad 
Celsius am Motorkrümmer und einem Unfall, bei dem der 
Kältemittelschlauch abreißt, entzündet sich 1234yf und brennt 
kontinuierlich mit großer Flamme. Überraschend für die Tester war vor
allem das Ausmaß der Entstehung von Flusssäure. Das Problem kann den 
Chemiekonzernen, die die Autohersteller unter hohen 
Entscheidungsdruck setzen, nicht verborgen geblieben sein. Trotzdem 
setzen Unternehmen weiter auf schnellen Profit in diesem weltweiten 
Milliardengeschäft. Als so genanntes Drop-In-Kältemittel kann 1234yf 
ohne größeren Umbau in bestehende Klimaanlagensysteme eingefüllt 
werden. Die Autohersteller sparen also kurzfristig erhebliche Summen,
weil eine Umkonstruktion der Klimaanlagen entfällt. "Die von den 
Chemiekonzernen und den Autoherstellern vorgelegten Kostenrechnungen 
stehen auf wackeligen Füssen. Denn weder zu den Anwendungs- noch zu 
den Herstellungskosten der instabilen Chemikalie gibt es bislang 
verlässlichen Aussagen", sagte die Projektleiterin für 
Klimafreundliche Kühlung der DUH, Eva Lauer.
Honeywell hatte der DUH Ende letzten Jahres sogar mit 
Schadenersatzklagen gedroht, sollte sie die Versuchsergebnisse 
veröffentlichen. Doch nach der erstmaligen öffentlichen Präsentation 
geschah - nichts. "Es herrscht Ruhe im Walde, weil bei Honeywell 
offenbar die Einsicht eingekehrt ist, dass für die bedrohlichen 
Resultate nicht der Überbringer der schlechten Nachricht 
verantwortlich gemacht werden kann, sagte Resch.
Auslöser der internationalen Diskussionen über eine nächste 
Generation von Fahrzeugklimaanlagen und das brisante Kältemittel 
1234yf ist die EU-Richtlinie 2006/40/EG sowie die EU-Verordnung 
842/2006. Danach darf das bisher in Pkw-Klimaanlagen eingesetzte 
extrem klimaschädliche Kältemittel R134a ab 2011 in Neuwagen 
europaweit nicht mehr eingesetzt werden. Doch die Automobilindustrie 
ist offenbar entschlossen, das Klimarisiko durch ein neues zu 
ersetzen: R134a soll von der hoch entzündlichen und noch dazu im 
Brandfall toxischen Chemikalie 1234yf abgelöst werden.
Die aktuell einzig geprüfte serienreife und umweltfreundliche 
Alternative ist nach Überzeugung der DUH das natürliche Kältemittel 
Kohlendioxid (CO2) - in diesem Zusammenhang auch R744 genannt. CO2 
hat ein Treibhauspotenzial von eins (das bisher eingesetzte R134a 
erreicht ein Treibhauspotenzial von 1.400) und ist weltweit 
kostengünstig verfügbar. Die DUH fordert daher von der 
Automobilindustrie, CO2 als Kältemittel in Neuwagen einzusetzen. Die 
Einführung dieser Technik vermeide unnötige Emissionen und trage zum 
Erreichen der Klimaschutzziele bei. "Der Auto-Salon in Genf wäre die 
ideale Plattform gewesen, die neue Generation von Pkw-Klimaanlagen 
auf CO2-Basis gemeinsam mit den neuen Serienfahrzeugen zu 
präsentieren. Diese Chance wurde wieder einmal vergeben", erklärte 
Friedrich.
Der Film über die durchgeführten Tests ist in deutscher, 
englischer und französischer Fassung abrufbar unter: 
www.duh.de/klimaanlage_film.html
Stichwort Flusssäure:
Flusssäure ist ein starkes Kontaktgift. Die Gefährlichkeit wird 
dadurch erhöht, dass sie sofort von der Haut resorbiert wird. Dadurch
ist eine Verätzung tieferer Gewebeschichten und sogar der Knochen 
möglich, ohne dass die Haut äußerlich sichtbar verletzt ist. Eine 
handtellergroße Verätzung wirkt bei 40 % Flusssäure bereits in aller 
Regel tödlich. Besonders gefährlich hierbei ist, dass eine 
Schmerzwirkung (die warnend wirken würde) oft erst mit einer 
Verzögerung von mehreren Stunden auftritt. Flusssäure schädigt das 
Nervensystem. Schmerzstillende Mittel, selbst Betäubungsmittel wie 
Morphin und Fentanyl, sind hierbei fast wirkungslos.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: +49 (0)171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Axel Friedrich, Berater Mobil: +49 (0)152 294 83857, E-Mail:
axel.friedrich.berlin@gmail.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: +49 (0)30 2400867-21,
Mobil: +49 (0)151 5660577,E-Mail: rosenkranz@duh.de

Eva Lauer, Projektleiterin Klimafreundliche Kühlung, Deutsche
Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: +49 (0)30
2400 867-76, E-Mail: lauer@duh.de

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