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Autoindustrie boykottiert Umstieg auf natürliches Kältemittel in Klimaanlagen

Berlin (ots)

Deutsche Autokonzerne sitzen Umsetzung der
EU-Richtlinie zum Verbot der klimaschädigenden Chemikalie R134a aus -
DUH-Geschäftsführer Resch wirft Autoindustrie und VDA-Präsident 
Matthias Wissmann "Wortbruch" zu Lasten des Klimaschutzes vor - 
ARD-Magazin Kontraste dokumentiert am Donnerstag (9. April) um 21.45 
Uhr, wie Unternehmen den ab 2011 verbindlichen Klimaschutz in der 
Pkw-Kühlung unterlaufen
Die deutsche Autoindustrie bereitet sich offenbar darauf vor, die 
ab 2011 geltende EU-Richtlinie zum Verbot des bisherigen 
klimaschädlichen Kältemittels R134a in Autoklimaanlagen zu 
boykottieren. Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH)
wollen die Autokonzerne über den Stichtag 1. Januar 2011 hinaus noch 
mehrere Jahre lang neue Fahrzeugtypen mit dem klimaschädlichen 
Kältemittel R134a verkaufen. Entgegen der Zusagen von Matthias 
Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, aus dem 
Sommer 2007, auf das natürliche Kältemittel CO2 zu setzen, haben die 
Autokonzerne bis heute keine Entwicklungs- oder Produktionsaufträge 
für umweltfreundliche Fahrzeugklimaanlagen vergeben. Eine 
termingerechte Umsetzung der europäischen Vorgaben ist daher nicht 
mehr möglich. Nach Angaben von Branchenkennern brauchen die 
Unternehmen eine Vorlaufzeit von mindestens drei Jahren, bis die 
Serienproduktion der neu zu entwickelnden Technik starten kann. Neue 
Fahrzeugtypen müssen ab dem 1. Januar 2011 mit Kältemitteln 
ausgestattet sein, die maximal ein Treibhauspotential von 150 haben 
und somit weniger klimaschädigend sind als das heute verwendete 
chemische Kältemittel mit einem Treibhauspotential von 1.300.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch warf den deutschen 
Autokonzernen vor, erneut in Sachen Klimaschutz ihr gegebenes Wort zu
brechen. Im September 2007 ließ sich VDA-Präsident Wissmann mit 
klaren Aussagen zur Einhaltung der EU-Richtlinie feiern. Wörtlich 
verpflichtete er sich für die deutschen Autokonzerne, "in Zukunft bei
Klimaanlagen nur noch natürliche Kältemittel einzusetzen, die für die
Umwelt die geringste Belastung bedeuten und alle künftigen 
europäischen Grenzwerte deutlich unterbieten". Diese für den VDA 
bemerkenswert klare und unmissverständliche Position wurde durch 
Aussagen seines Präsidenten bestärkt: Wissmann gehe davon aus, dass 
"zu Beginn des nächsten Jahrzehnts diese Klimaanlagen in der 
Großserie zum Einsatz kommen". Damit schiebe sich die deutsche 
Autoindustrie auf diesem "ökologisch bedeutsamen Feld an die 
Weltspitze".
Achtzehn Monate nach diesen Zusagen verdichten sich die schon 
länger geäußerten Zweifel der DUH an der Seriosität dieser 
Ankündigung zur Gewissheit. Weder für 2011 noch 2012 ist der Einsatz 
des natürlichen Kältemittels bei neuen Fahrzeugtypen aus deutscher 
Fertigung noch möglich, wurde der DUH informell mitgeteilt. "Wenn die
Vorstände der Autokonzerne aufgrund der wirtschaftlichen 
Schwierigkeiten in Schockstarre festsitzen, ist es gerade am 
VDA-Präsidenten, an die einst entwickelten Strategien zu 
Ökologisierung der Autoindustrie und der damit verbundenen 
Marktchancen zu erinnern", sagte Jürgen Resch. "Die CO2-Technik wurde
in Deutschland entwickelt - mit Aufträgen der Autokonzerne für diese 
innovative Technik sichern die Unternehmen hierzulande Arbeitsplätze 
und übernehmen die technologische Vorreiterrolle."
Die DUH warnte erneut davor, das klimaschädliche Kältemittel R134a
durch die Chemikalie 1234yf der US-Konzerne Dupont und Honeywell zu 
ersetzen, die in der Branche als möglicher Ersatz neben CO2 gehandelt
wurde. Das bislang nicht zugelassene 1234yf ist schnell brennbar, 
wobei große Mengen des Gases Fluorwasserstoff entstehen, das sich in 
Wasser oder Atemnebel zur tödlich wirkenden Flusssäure wandelt. Die 
DUH hatte nachgewiesen, dass bei einem Unfall die Fahrzeuginsassen 
und Rettungskräfte dadurch großen Gesundheitsgefahren ausgesetzt 
sind. Untersuchungen einzelner Autokonzerne haben den DUH-Test 
bestätigt, weshalb einige Autokonzerne und der VDA behaupten, die 
Chemikalie 1234yf sei "keine Option" mehr. "Wenn 1234yf von einer 
Mehrzahl der Unternehmen angeblich abgelehnt wird und gleichzeitig 
keine Aufträge für die CO2-Anlagen erteilt werden, frage ich mich, 
mit welchem Kältemittel die deutsche Automobilindustrie die 
EU-Vorschriften einhalten will", sagte Eva Lauer, Projektleiterin der
DUH.
Hintergrund
R134a ist für die Massenanwendung in Autoklimaanlagen aus gutem Grund
verboten. Die Chemikalie treibt den Klimawandel voran, weshalb sie im
Kyoto-Protokoll als zu reduzierendes Treibhausgas gelistet ist. Im 
Jahr 2007 betrugen die Emissionen von R134a jedoch allein aus 
Autoklimaanlagen 2.480 Tonnen, was 3,2 Millionen Tonnen 
CO2-Äquivalenten entspricht. Zum Vergleich: Das entspricht den 
CO2-Emissionen der privaten Stromversorgung einer Stadt mit 2,8 
Millionen Menschen.
Andere kostensensible Branchen zeigen, dass Klimaschutz auch in 
wirtschaftlich angespannten Zeiten möglich ist. Der Getränkekonzern 
Coca-Cola oder Discounter wie Aldi und Lidl rüsten mittlerweile um 
und kühlen Getränke und Lebensmittel mit dem natürlichen, günstigen 
und in diesem Zusammenhang klimafreundlichen Kältemittel CO2. 
Kohlendioxid wird für den Einsatz als Kältemittel aus natürlichen 
Quellen entnommen.
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. führt mit Unterstützung des 
Umweltbundesamtes und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz 
und Reaktorsicherheit (BMU) ein Projekt zur Einführung von CO2 als 
Kältemittel in allen Fahrzeugklimaanlagen durch. Verschiedene 
Verkehrsbetriebe wie z. B. die Berliner BVG haben Busse versuchsweise
mit CO2-Klimaanlagen ausgerüstet. Das BMU hat sich schon vor Jahren 
für das natürliche Kältemittel ausgesprochen, denn mindestens 260.000
Tonnen CO2-Äquvalente könnten hierzulande eingespart werden, wenn 
alle neuen Autoklimaanlagen mit dem natürlichen Kältemitel laufen 
würden. Hinzu käme die Emissionsminderung in den Ländern, die 
deutsche Autos importieren: rund 364.000 Tonnen CO2-Äquivalente.
Morgen (Donnerstag, 9. April um 21.45 Uhr) zeigt das ARD-Magazin 
Kontraste unter dem Titel "Wie die Klimaanlage das Klima killt - 
Autobauer blockieren Umweltschutz" einen Beitrag zum Thema.
Ein Video über die durchgeführten Tests über die Brennbarkeit 
chemischer Kältemittel können Sie unter 
www.duh.de/klimaanlage_film.html sehen.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e. V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, Fax: 030 2400
867 -19, resch@duh.de
Eva Lauer, Projektleiterin "Klimafreundliche Kühlung", DUH,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400 867 -76,
lauer@duh.de

Ulrike Fokken, Sprecherin Politik & Presse, DUH, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-86, Mobil: 0151 55 01 70 09,
fokken@duh.de

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