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Wissmanns Erzählungen - oder die Mär von der "grünen" Automobilausstellung

Berlin (ots)

Deutsche Umwelthilfe wirft Automobilindustrie
Wortbruch vor - Zusagen der deutschen Autobauer zur IAA 2007 wurden 
überwiegend nicht eingehalten -DUH-Geschäftsführer Resch legt 
VDA-Präsident Wissmann Rücktritt nahe, wenn er sein Versprechen, in 
deutschen Pkw-Klimaanlagen nur noch natürliche Kältemittel 
einzusetzen, gegenüber den VDA-Mitgliedsunternehmen nicht durchsetzen
kann - DUH dokumentiert Brandgefahren des von Herstellern 
favorisierten chemischen Kältemittels und belegt in einem 
Rechtsgutachten, dass das Festhalten an chemischen Kältemitteln gegen
EU-Recht verstößt
Die vor zwei Jahren unter dem Eindruck der Klimadebatte bei der 
Internationalen Automobilausstellung (IAA) 2007 in Frankfurt/M. 
versprochene "Ergrünung" der deutschen Automobilindustrie hat nach 
Ansicht der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) nicht stattgefunden. 
Umweltfreundliche und klimaschonende Antriebe finden sich wie eh und 
je bei den zahlreichen Konzeptcars. Bei den vorgestellten 
Serienfahrzeugen ist hingegen der Kraftstoffverbrauch insgesamt immer
noch zu hoch. Technisch ausgereifte Spritspartechnologien wie der 
Hybridantrieb finden sich in immer mehr ausländischen Modellen. Bei 
den deutschen Herstellern hingegen fehlen sie trotz gegenteiliger 
Ankündigung von vor zwei Jahren - abgesehen von Kleinstserien der 
Hersteller BMW und Mercedes in der Oberklasse. Eine wirkliche 
Änderung der Modellpalette wie auf der "grünen" IAA 2007 angekündigt,
ist auf der diesjährigen Automobilmesse nicht erkennbar.
Zur morgigen Eröffnung der IAA steht der damals frisch gewählte 
Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias 
Wissmann nach Ansicht der DUH vor einem "Scherbenhaufen seiner 
Glaubwürdigkeit". Genau vor zwei Jahren ließ er sich dafür feiern, 
einen Beschluss der Vorstandsvorsitzenden der deutschen 
Automobilhersteller herbeigeführt zu haben, dass bei Neuwagen nur 
noch Klima und Umwelt schonende, natürliche Kältemittel in 
Autoklimaanlagen eingesetzt werden sollen. Für diesen verbalen Erfolg
hatte die DUH seinerzeit erklärt: "Chapeau Herr Wissmann - Sie haben 
den Lackmustest bestanden". Zur Eröffnung der diesjährigen IAA steht 
fest, dass kein einziger deutscher Autobauer im Jahr 2011 - so wie 
dies die EU rechtlich bindend fordert - in neuen Pkw-Modellen auf 
schädliche chemische Kältemittel verzichten wird. Dieses ernüchternde
Resumé zog die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) zum Start der 
diesjährigen Frankfurter Autoshow.
Im Einzelnen zeichnete die Umwelt- und 
Verbraucherschutzorganisation die Strategie nach, mit der vor allem 
deutsche Automobilhersteller die Klimaschutzbemühungen der 
EU-Kommission immer wieder systematisch unterminierten. Die deutschen
Hersteller waren Ende 2007 Haupttreiber bei der Verwässerung und 
Verschiebung der von der EU geplanten CO2-Grenzwerte auf 2015. Wie 
bisher böten die deutschen Automobilhersteller vornehmlich schwere, 
übermotorisierte Pkw an. Modelle, die den Spritverbrauch mindern 
sollen, würden zwar auf Messen gezeigt, kämen dann aber nicht auf die
Straße. So sei etwa der Audi Q7 bereits 2005 als Hybrid gezeigt und 
die Einführung für 2008 angekündigt worden. Schließlich habe man aus 
Kostengründen auf die Serie verzichtet. "Wir brauchen grüne Autos 
nicht in Showrooms und auf Messen, wir brauchen sie endlich auf der 
Straße", forderte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Das fortdauernde "Dienstwagenprivileg", das Festhalten an der 
unbegrenzten Raserei auf den Autobahnen und die verkorkste Reform der
Kfz-Steuer wirkten sämtlich "wie Schutzwälle gegen eine ökologische 
Richtungsänderung." Es sei nur schwer nachzuvollziehen, "dass die 
schwere Absatzkrise insbesondere der so genannten Premiumhersteller 
in den Konzernzentralen allenfalls zu einer verbalen Abrüstung 
geführt hat. Die Lektion, dass man mit übermotorisierten 
Spritschluckern auf Dauer auf der Strecke bleibt, ist längst nicht 
überall angekommen". Fatal sei, dass sich die Hersteller bei ihrer 
"zukunftsvergessenen Fehlsteuerung" sowohl auf die Große Koalition in
Berlin, als auch auf die Länderministerpräsidenten in den 
Hersteller-Bundesländern hätten verlassen können. "Die geradezu 
liebedienerische Grundhaltung führender Politiker gegenüber 
lernunwilligen Herstellern wird den Steuerzahlern auch in Zukunft 
teuer zu stehen kommen", prognostizierte Resch mit Blick auf die 
Steuermilliarden, die derzeit zur Opel-Rettung aufgebracht werden.
Abenteuerlich nannte die DUH den Bruch des im Vorfeld der IAA von 
VDA-Präsident Matthias Wissmann abgegebenen Versprechens, bei den 
Autoklimaanlagen künftig nur noch auf das natürliche Kältemittel 
Kohlendioxid (CO2) zu setzen. Entgegen den mehrfach wiederholten 
Zusagen ihres Verbandspräsidenten wird die deutsche 
Automobilindustrie zum 1. Januar 2011 neue Pkw-Modelle nicht mit 
Klimaanlagen auf Basis natürlicher Kältemittel ausliefern. Sie 
verstößt damit eindeutig gegen den Sinn und Wortlaut einer 
EU-Richtlinie, die ab diesem Stichtag für neue Fahrzeugtypen weniger 
Klima schädigende Kältemittel als den bisher verwendeten 
Fluorchlorkohlenwasserstoff R134a zwingend vorschreibt. Statt CO2 
versuchen die meisten Hersteller seither mit aller Macht das neue und
von den Chemieriesen Dupont und Honeywell angebotene Kältemittel 
1234yf durchzusetzen. Dieser Chemiecocktail ist jedoch leicht 
entzündlich und entwickelt im Brandfall hochgiftige Flusssäure-Gase. 
Das umstrittene Kältemittel sei "vielleicht für die Autohersteller 
von ökonomischem Vorteil, jedoch keineswegs für die Autofahrer und 
Innenstadtbewohner, die außerdem durch die Verwendung von 1234yf 
einem großen Risiko ausgesetzt werden", sagte der Verkehrsberater und
frühere Abteilungsleiter im Umweltbundesamt (UBA), Dr. Axel 
Friedrich. Neue, im Auftrag der DUH durchgeführte Brandtests der 
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) bestätigten 
die Gefährlichkeit des Kältemittels 1234yf. Im Fall eines Crashs kann
sich das Kältemittel entzünden und setzt dabei nicht nur die Insassen
sondern auch die Helfer am Unfallort hochgiftigen Flusssäure-Dämpfen 
aus.
Die DUH forderte von VDA-Präsident Matthias Wissmann Verantwortung
für die Entscheidung aus dem Jahr 2007 zu übernehmen: "Wenn die 
Autohersteller ihren Präsidenten in einer so entscheidenden Frage im 
Regen stehen lassen, dann bleibt ihm nur die Möglichkeit dies 
durchzusetzen oder zurückzutreten" kommentierte Resch.
In immer neuen Anläufen und mit juristischen Winkelzügen bemüht sich 
die Automobilindustrie, bei den ab 2011 EU-weit geltenden veränderten
Zulassungskriterien für Kältemittel in Autoklimaanlagen Zeit zu 
gewinnen. Die neuen Vorschriften sollen das derzeit eingesetzte, 
extrem Klima belastende Kältemittel R134a ersetzen. Anlässlich der 
Pressekonferenz präsentierte die DUH ein vom Berliner Umweltanwalt 
Dr. Remo Klinger verfasstes Rechtsgutachten. Die Expertise kommt zu 
dem eindeutigen Ergebnis, dass die Umgehungsversuche der 
Autohersteller nicht tragen. "Es gibt rechtlich keinen Zweifel, dass 
das bisher eingesetzte Kältemittel zukünftig in keinem neuen 
Fahrzeugtyp mehr verwendet werden darf. Die Autoindustrie mag 
verzweifelt nach rechtlichen Auswegen suchen: Sie existieren nicht. 
Es gibt kein Schlupfloch, mit dem man alles wie bisher belassen 
könnte", sagte Klinger.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0171 3649170, Fax.: 030 2400867-19, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte, Schaperstr. 15,
10719 Berlin; Tel.: 030 8847 280, E-Mail: klinger@geulen.com

Dr. Axel Friedrich, Verkehrsberater, Mobil: 0152 2948 3857, E-Mail:
axel.friedrich.berlin@gmail.com

Eva Lauer, Projektleiterin "Klimafreundliche Kühlung", DUH,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867 -76, E-Mail:
lauer@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 2400867 -0, Mobil: 0171 5660577, Fax: 030
2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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