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Akzeptanz neuer Stromtrassen kann verbessert werden

Berlin (ots)

Pressemitteilung

Akzeptanz neuer Stromtrassen kann verbessert werden Studie der Universität Magdeburg im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe zeigt, unter welchen Umständen sich Betroffene mit dem Um- und Ausbau der Stromnetze leichter arrangieren würden

Neue Stromtrassen würden von der betroffenen Bevölkerung besser akzeptiert, wenn bei der Planung und Umsetzung bestimmte Mindestanforderungen eingehalten und verbindlichere Regelungen etwa bezüglich der Abstände der Leitungen von Wohngebieten oder der Verlegung der Kabel in die Erde gelten würden. Außerdem sind die Menschen eher bereit, einem Netzausbau "vor ihrer Haustür" zuzustimmen, wenn dieser nachweislich der Integration erneuerbarer Energien dient. Das sind einige der zentralen Ergebnisse einer Untersuchung, die die Forschungsgruppe Umweltpsychologie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) durchgeführt hat. Die vom Bundesumweltministerium finanzierte Studie wurde im Rahmen des "Forum Netzintegration Erneuerbare Energien" der DUH erstellt.

Bei der Erhebung gaben Betroffene in der hessisch-niedersächsischen Region Wahle-Mecklar, wo eine neue Höchstspannungsstromtrasse entstehen soll, Auskunft über ihre Einstellungen zu der Planung. Insgesamt kamen von 1.200 verteilten Fragebögen 450 zurück und konnten ausgewertet werden. Zusätzlich wurden Interviews mit zwölf zentralen Akteuren in der Region geführt.

Ergebnisse 1:

- 75% der betroffenen Bürger verlangen als Voraussetzung für ihre 
  Zustimmung zu einer neuen Trasse die Verlegung der Leitungen in 
  die Erde ("Erdverkabelung"). Allerdings wird der Wissensstand über
  Erdkabel von einem Drittel der Befragten selbst als gering 
  eingestuft.

- Ausdrücklich fordern mehrere Befragte (auch unter Hinweis auf die 
  Rechtssicherheit) verbindlichere Bestimmungen, unter welchen  
  Bedingungen eine Erdverkabelung verpflichtend sein soll.

- 39% der Befragten wären bereit, für die teurere Erdverkabelung 
  einen höheren Strompreis zu akzeptieren.

Dazu Peter Ahmels, Projektleiter bei der DUH: "Konkret wünschen 
insbesondere engagierte Betroffene verbindliche, rechtssichere 
Bestimmungen zur Erdverkabelung in Siedlungsnähe. Dabei bevorzugen 
die Anwohner klar eine Vollverkabelung über die ganze Strecke 
gegenüber einer Teilverkabelung. Die Befragten wären auch bereit, 
dafür mehr zu zahlen". 

Ergebnisse 2:

- 75% derjenigen, die den Fragebogen ausgefüllt haben, wünschen 
  sich, bei der Planung neuer Höchstspannungsleitungen mitreden zu 
  können. Gleichzeitig sind nur einem Viertel der Befragten die 
  Regeln für regionale Planungsverfahren wie Auslagefristen etc. 
  bekannt.

- 85% wünschen sich mehr frühzeitige Informationen über das Vorhaben.

- Regionalen Bürgerinitiativen wird mit 57% unter allen 
  Informationsquellen die größte Glaubwürdigkeit attestiert; 
  Planungsbehörden und Netzbetreibern geben dagegen nur 12% bzw. 10% 
  das Prädikat "glaubwürdig".

- Signifikant wichtig ist den Betroffenen die Transparenz des 
  Planungsprozesses. Aber nur 10% der Befragten stufen ihn derzeit 
  als "fair" ein.

"Der Informationsbedarf zum Um- und Ausbau der Stromnetze ist unter den regional betroffenen Bürgerinnen und Bürgern sehr groß, wie unsere Studie zeigt. Eine breit angelegte Informationskampagne könnte Fortschritte erbringen, sofern sie von einer als glaubwürdig und unabhängig eingestuften Organisation durchgeführt wird, erläutert Irina Rau, eine der AutorInnen der Studie von der Universität Magdeburg. Die Antworten zeigten klar, dass die frühe Information der Anwohner und anderer Betroffener über geplante Stromtrassen für die Akzeptanz essentiell sei. Stärker als bisher üblich sollten Institutionen bei der Informationsbereitstellung beteiligt werden, die von den Betroffenen als unabhängig eingestuft werden.

Ergebnisse 3:

- 87% der Befragten fürchten einen negativen Einfluss auf das 
  Landschaftsbild.

- Knapp zwei Drittel der Befragten akzeptieren neue Stromtrassen, 
  sofern sie der Integration erneuerbarer Energien dienen.

- 45% machen ihre Zustimmung davon abhängig, ob zuvor alle anderen 
  Möglichkeiten, wie zum Beispiel eine stärker dezentral 
  ausgerichtete Stromerzeugung, ausgeschöpft wurden.

- 80% der Betroffenen fürchten im Zusammenhang mit dem Trassenbau 
  gesundheitliche Beeinträchtigungen durch elektromagnetische Felder
  in ihrer direkten Umgebung.

- Ebenfalls 80% erwarten ökologische Beeinträchtigungen.

- 65% sorgen sich um einen möglichen Wertverlust ihrer Immobilien.

- 45% sehen für die eigene Region keinen Nutzen durch die neue 
  Stromleitung, nur 20% erwarten Vorteile.

- Mögliche Kompensationszahlungen werden von der Mehrheit als   
  Möglichkeit zur Schaffung von Akzeptanz abgelehnt; sie können aber
  im Einzelfall dazu beitragen, einen "Gerechtigkeitsausgleich" für 
  unvermeidbare Belastungen zu schaffen.

"Offenbar hat in den meist ländlich geprägten Regionen, in denen neue Trassen geplant werden, die Bewahrung des Landschaftsbilds einen sehr hohen Stellenwert. Der Netzausbau hat dennoch Chancen, von einer Mehrheit akzeptiert zu werden, wenn er klar der Integration erneuerbarer Energien dient. Allerdings auch dann nur als ultima ratio, wenn vorher alle anderen Möglichkeiten - wie zum Beispiel eine dezentralere Stromerzeugung - ausgeschöpft werden und persönliche Beeinträchtigungen minimiert werden", erläuterte Ahmels. Insgesamt gebe die Untersuchung eine Fülle von Hinweisen, wie die Akzeptanz neuer Stromtrassen erhöht werden könne, erklärte Ahmels. In Zukunft mache sich deshalb unglaubwürdig, wer es bei der allgemeinen Klage über die "vielfältigen Widerstände vor Ort" belasse. "Wir stehen mit unseren Möglichkeiten, den Umbauprozess in das regenerative Zeitalter zu beschleunigen und dabei die Menschen mitzunehmen, erst am Anfang. Wir müssen die große Zustimmung zu den erneuerbaren Energien auch für den Netzumbau erreichen."

Hier finden Sie den Abschlussbericht der Akzeptanzstudie der Universität Magdeburg sowie eine grafische Darstellung, die zeigt, unter welchen Umständen betroffene Bürger einen Netzausbau in ihrer Region akzeptieren könnten: http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=23627

Pressekontakt:

Dr. Peter Ahmels, Leiter Erneuerbare Energien, Deutsche Umwelthilfe
e.V. Mobil 0151-162 25 863 , Tel.: 030 2400867-91, ahmels@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V. Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21, rosenkranz@duh.de

Irina Rau, Forschungsgruppe Umweltpsychologie (FG-UPSY),
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tel.: 0391 6711049,
irina.rau@fg-upsy.com

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