Mangels Kontrolle: Millionen mit hochgiftigen PAKs belastete Reifen werden in die EU importiert
Berlin (ots)
Untersuchung des Verbandes der Reifenhersteller ergibt massenhafte Überschreitung der EU-REACH-Grenzwerte - Kontrollen finden auch in Deutschland nicht statt - DUH-Bundesgeschäftsführer Resch: "Skandalöse Defizite bei der Überwachung von Umweltvorschriften" - DUH fürchtet Wiederholung bei Umsetzung bevorstehender Reifenkennzeichnung
Mehr als jeder zehnte in die EU importierte Reifen enthält mehr Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) als nach der seit Anfang 2010 gültigen REACH-Verordnung 1907/2006/EG zulässig. Das teilt der Verband der europäischen Reifen- und Gummihersteller ETRMA mit, der EU-weit verkaufte Reifen auf die Verwendung von PAK-haltigen Ölen hin untersucht hat. Nach Angaben des Verbandes werden jährlich 100 Millionen Reifen in die EU importiert. Eine Reihe PAKs haben sich als krebserregend bzw. erbgutverändernd erwiesen.
Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen Resch, bezeichnete das Ergebnis der Untersuchung als schockierend. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. "Die Tatsache, dass ein Herstellerverband die Behörden darauf aufmerksam machen muss, dass Millionen Reifen in Deutschland und der EU letztlich illegal verkauft werden, bestätigt einmal mehr ein skandalöses Manko der Umweltgesetzgebung: Wohl begründete Grenzwerte gegen hoch gefährliche Stoffe werden erlassen und anschließend geschieht nichts." In Deutschland weigerten sich Bund und Länder unter Verweis auf mangelnde Personalkapazitäten, die Ihnen aufgetragenen Kontrollen durchzuführen. Dies sei auf allen Ebenen ein gängiges Muster bei der Überwachung umweltrechtlicher Vorgaben.
Viele Verbände hätten sich in jahrelangen Auseinandersetzungen - mit einem am Ende nicht idealen, aber doch vorzeigbaren Ergebnis - für die Einführung von Grenzwerten für gesundheitsgefährdende Chemikalien eingesetzt. Resch "Aber was hilft eine solche Gesetzgebung, wenn die Verantwortlichen sie nicht kontrollieren und sich das in den betroffenen Branchen herumspricht?" Vergleichbare Kontrolldefizite beobachtete die Deutsche Umwelthilfe schon seit Jahren bei der Energieverbrauchskennzeichnung von Pkw, Energiesparlampen und Haushaltsgroßgeräten. Für Reifen trete im kommenden Jahr eine Kennzeichnung des Rollwiderstandes, der Nasshaftung und der Geräuschentwicklung in Kraft. Bereits jetzt zeige sich im Rahmen vorbereitender Gespräche auf Bundes- und Länderebene, dass sich auch hier niemand für zuständig erklären wolle. "Die Untätigkeit der Behörden gefährdet nicht nur die Gesundheit der Bürger, sondern missachte auch die Anstrengungen von Herstellern, die die Einhaltung neuer Umweltvorschriften ernst nehmen und ihre Produkte zukunftsfähig machen wollen. Sie konkurrieren gegen fragwürdige Billigimporte und werden dabei von den Behörden allein gelassen. Das ist nicht hinnehmbar", sagte Resch. Der DUH-Bundesgeschäftsführer forderte die zuständigen Behörden, aber auch Importeure und Händler in Deutschland auf, ihrer Kontrollpflicht unverzüglich nachzukommen und den weiteren Verkauf unzulässig mit PAKs belasteter Reifen zu unterbinden.
Hintergrund:
"PAK" steht für Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe. Darunter wird eine Gruppe von mehr als hundert chemischen Substanzen mit polyaromatischer Struktur zusammengefasst. Diese kommen auch in Weichmacherölen für die Reifenherstellung zum Einsatz. Acht PAKs haben sich bisher als krebserregend bzw. erbgutverändernd erwiesen. Ihre Verwendung ist daher in der die EU-Gesetzgebung geregelt. Seit dem 1. Januar 2010 dürfen Weichmacheröle für die Herstellung von Reifen oder Reifenteilen nicht in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn sie "...zusammengenommen mehr als 10mg/kg aller aufgeführten PAK enthalten ". Der Grenzwert gilt als eingehalten, wenn unter anderem Hersteller oder Importeure alle sechs Monate bzw. nach jeder größeren Umstellung im Betriebsverfahren entsprechende Überprüfungen durchführen, die eine Einhaltung des Grenzwerts belegen.
Über den Reifenabrieb gelangen in Deutschland schätzungsweise 6 bis 18 Tonnen PAK pro Jahr in die Umwelt. Laut Angaben des Umweltbundesamts sind 10 Prozent dieses Reifenabriebs lungengängig - können also aufgrund ihrer geringen Größe vom Menschen bis in die Lunge eingeatmet werden, wo sie sich einlagern und ihre gesundheitsschädliche Wirkung entfalten.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e. V. Bundesgeschäftsführer,
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Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
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