Roland-Berger-Studie - Tendenzgutachten der Mehrweggegner
Aktuelle SPIEGEL-Online-Umfrage: 81 Prozent für Dosenpfand
Düsseldorf/Radolfzell (ots)
Widerstandsfront bröckelt: Erste Einzelhändler und Lebensmittelketten kündigen Einweg-Auslistung an
Die heute in Berlin vorgestellte Roland-Berger-Studie ist nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) sowie des Bundesverbandes des deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH) nicht relevant für die aktuelle Diskussion um die Pfandpflicht für Einwegverpackungen. So sind die Auftraggeber bzw. die beteiligte "hochkarätige Expertengruppe" teilweise identisch mit jenen Interessenvertretern, die gegen das Pfand auf Einwegverpackungen klagen. Die am Erhalt des bestehenden Mehrwegsystems interessierten Fachverbände des Getränkefachhandels sowie Umweltverbände waren an der Konzeption und Durchführung nicht beteiligt.
Roland Berger hatte am 18. Dezember gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt (AGVU) bekannt gegeben: "Roland Berger schlichtet Streit um Zwangspfand" und hatte sich zudem angemaßt, mit dieser Untersuchung den Prüfauftrag der Umweltministerkonferenz umzusetzen. Tatsächlich hat Roland Berger keinen derartigen Prüfauftrag der Umweltministerkonferenz erhalten.
Das in der Rekordzeit von nur sechs Wochen entstandene Studie zeigt deutlich die Handschrift der an einem weiteren Rückgang des Einweganteils interessierten Wirtschaftskreise. So nimmt Roland Berger an, der Verbraucher würde zukünftig in jedem Fall Einwegverpackungen bevorzugen, bezweifelt die Akzeptanz und Wirksamkeit eines Einwegpfandes und bagatellisiert dessen positive Wirkung beim Littering (Vermüllung der Landschaft) und auf die Stabilisierung der Mehrwegquote.
Aktuelle Befragungen verschiedener Meinungsforschungsinstitute und Zeitschriften in Deutschland belegen nach Ansicht von GFGH und DUH hingegen die beabsichtigte "ökologische Lenkungswirkung" einer Pfandpflicht für Getränke-Einwegverpackungen. So befürworten laut der jüngsten "Spiegel-Online-Umfrage" vom 5. Februar 2001 81% die Einführung eines Dosenpfandes bzw. kaufen ohnehin nur Mehrwegflaschen. Nur 19 Prozent halten die Bepfandung nicht für sinnvoll bzw. kündigen an, weiterhin Dosenbier zu kaufen. Vier weitere von SPIEGEL, MDR, BILD u. a. durchgeführte Umfragen zwischen August 2000 und Februar 2001 weisen ebenfalls einen ausgesprochenen Zustimmungsgrad von 66 bis 81 Prozent aus.
Nach Ansicht von Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des GFGH, wird das Pfand zu einer deutlichen optischen Verteuerung von Einweg führen: Eine 0,5-Liter-Bierdose ist nach der geltenden Verpackungsverordnung künftig mit einem Pfand von DM 0,50 zu belegen, während für die 0,5-Liter-Bierflasche lediglich DM 0,15 an Pfand zu leisten sind.
Eine im November 2000 von DUH und GFGH durchgeführte repräsentative Befragung des Lebensmitteleinzelhandels unter 800 qm Ladenfläche in Deutschland hat darüber hinaus ergeben, dass ein Pfand auf ökologisch nachteilige Einwegverpackungen Mehrweg stabilisieren wird. Zwischenzeitlich haben zahlreiche Einzelhändler wie auch erste Handelsketten (z. B. V-Markt-Kette Augsburg/München, Familia-Warenhausgruppe in Hessen) mitgeteilt, für den Fall eines Einwegpfandes über die Auslistung von Einweg nachzudenken.
Nur die schnelle Einführung einer Pfandpflicht auf Einwegverpackungen kann den freien Fall der Mehrwegquote in Deutschland aufhalten. Von 1996 bis 2000 ist diese von ca. 72 auf 66 Prozent gefallen. Eine von DUH und GFGH vorgenommene Analyse der Entwicklung der Mehrwegsysteme in anderen europäischen Staaten, in Nord- und Südamerika belegt eindrucksvoll, dass die Mehrwegsysteme innerhalb weniger Jahre unter dem Ansturm der Einwegverpackungen regelrecht zusammenbrechen. So ist in den USA die klassische Coca Cola 0,33-L-Pfandflasche nur noch im Souvenirshop erhältlich, der Mehrweganteil in den USA beträgt 0,4 Prozent.
Wie schnell ein Zusammenbruch eines Mehrwegsystems erfolgen kann, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, zeigt die Entwicklung in Belgien. Hier betrug die Mehrwegquote für Mineralwasser und Softdrinks im Jahr 1993 noch 70 Prozent und ist bis Ende 2000 auf ca. 20 Prozent zurückgegangen. In Österreich fiel die Mehrwegquote über alle Getränkeverpackungen in nur drei Jahren von 1997 bis 2000 um über 14 Prozent (von 64,77 auf 50,67 Prozent) und speziell im Segment Mineralwasser um 30 (!) Prozent. Damit ging die Vernichtung mittelständischer Existenzen und Arbeitsplätze einher, da die Entwicklung in beiden Fällen von Groß- und Konzernbetrieben forciert wurde.
Für Rückfragen: Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e.V. Güttinger Str. 19, 78315 Radolfzell Tel.: 07732/9995-0, Fax.: 07732/9995-77, Email: info@duh.de Günther Guder, Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V. Humboldtstr. 7, 40237 Düsseldorf, Tel.: 0211/683938, Fax.: 0211/68 36 02, Email: GFGH_Verbaende@compuserve.com
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