Deutsche Umwelthilfe beantragt Widerruf der Typgenehmigung für Opel Zafira 1.6 CDTi wegen zu hoher Stickoxid-Emissionen
Berlin (ots)
Weitere Messungen an verschiedenen Opel Zafira Diesel-Pkw bestätigen die von der DUH erstmals im Oktober 2015 gemessenen hohen Stickoxid-Emissionen - Opel-Vorstand Neumann räumt zu hohe NOx-Emissionen bei 43.000 Fahrzeugen ein - DUH fordert das Kraftfahrt-Bundesamt dazu auf, neben dem Entzug der Typgenehmigung sicherzustellen, dass anstelle der von Opel geplanten "freiwilligen Serviceaktion" ein amtlicher Rückruf erfolgt - Die französische Umweltministerin Royal gibt Rückruf von mehr als 15.000 Renault-Diesel Pkw wegen zu hoher NOx-Emissionen bekannt - DUH hatte die französischen Behörden im November über bis zu 25-fache Stickoxid-Grenzwertüberschreitung eines gemessenen Renault Espace 1.6 cDi informiert - Bundesverkehrsminister Dobrindt behindert weiterhin aktiv die Aufklärung des Diesel-Abgasskandals
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am 15. Januar 2016 beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Widerruf der Typgenehmigung beziehungsweise hilfsweise eine Rückrufanordnung für bereits zugelassene Opel Zafira 1.6 CDTi aufgrund stark erhöhter NOx-Emissionen beantragt. Bereits am 23.10.2015 wurde das KBA erstmals über Messergebnisse mit stark erhöhten NOx-Emissionen sowie sonstige Auffälligkeiten informiert. Zwischenzeitlich fanden weitere Messungen an mehreren unterschiedlichen Zafira-Fahrzeugen durch die DUH sowie Fernsehsender in Deutschland (ARD-Monitor), Großbritannien (BBC) sowie ganz aktuell am 18.1.2016 durch das Belgische Fernsehen (VRT) (http://l.duh.de/fp93s) statt. Sie alle belegen extrem hohe NOx-Emissionen im realen Fahrbetrieb beziehungsweise bei geringfügigen Veränderungen der Prüfsituation im Labor.
Gegenüber der DUH verweigert die Adam Opel AG seit der Veröffentlichung des Prüfberichts der Schweizer Abgasprüfstelle Bern jegliche Antwort auf gestellte Fragen. Opel gibt auch keine technische Erklärung dafür, warum der Opel Zafira die Grenzwerte für NOx im Prüfzyklus zwar einhält, diese aber bei minimalen Variationen der Rahmenbedingungen um mehrere hundert Prozent über dem gültigen Grenzwert liegen. Mitte Dezember hat nun Opel-Vorstand Neumann erstmals Probleme mit der Wirksamkeit des Abgasreinigungssystems bei Euro 6 Dieselmotoren bei 43.000 zugelassenen Fahrzeugen der Modelle Zafira Tourer, Insignia und Cascada eingeräumt und eine 'freiwillige Serviceaktion' und eine 'neue Software-Kalibrierung' für die betroffenen Kunden angekündigt. Die deutschen Behörden schweigen hierzu.
Nach Auffassung der DUH erfüllen die gemessenen Opel Zafira Diesel nicht die Voraussetzungen der EU-Zulassungsrichtlinie 715/2007. Diese besagt, dass die Emissionen "während der gesamten normalen Lebensdauer eines Fahrzeugs bei normalen Nutzungsbedingungen" wirkungsvoll begrenzt werden müssen. "Die Formulierung "bei normalen Betriebsbedingungen" - im engl. Originaltext "in normal use" - heißt schlicht und einfach: Die Vorschriften gelten nicht nur fürs Labor, sondern auch für die Straße, da der Autohalter sein Fahrzeug üblicherweise auch auf der Straße und nicht in Prüflaboren fährt. Auf der Straße zählt der gemessene Opel Zafira zu den besonders schmutzigen Diesel-Pkw, die unsere Luft mit Dieselabgasen vergiften", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Nach dem Eingeständnis der Abgasprobleme durch die Adam Opel AG muss das KBA nun sicherstellen, dass keine Diesel-Pkw mehr verkauft werden, die die gesetzlichen Vorgaben nicht einhalten. Zudem muss die von Opel geplante Veränderung der Motorsoftware auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben hin überprüft werden, um sicherzustellen, dass die betroffenen Fahrzeuge auf der Straße eine funktionstüchtige und somit die giftigen Diesel-Abgase herausfilternde Emissionsminderungsanlage erhalten. Dazu gehört auch die Beseitigung weiterer von der DUH festgestellter Mängel, so die korrekte Anzeige bei Fehlfunktionen des SCR-Kats und die Speicherung der entsprechenden Fehlercodes in der Bordelektronik. Hierfür hält die DUH einen Entzug der Typgenehmigung, jedenfalls aber einen behördlich verfügten und zuvor bezüglich der geplanten Maßnahmen durch die Behörde gegengeprüften amtlichen Rückruf für notwendig. Nur auf diese Weise erhalten die betroffenen Fahrzeughalter ausreichende Rechtssicherheit bezüglich der Folgen eventueller Änderungen bei den Leistungs-, Verbrauchs- und/oder Schadstoffemissionswerten.
Nachdem das französische Umweltministerium Anfang November verkündete, von ihrem Ministerium kontrollierte französische Diesel-Pkw seien bezüglich ihrer Abgasemissionen unauffällig, veröffentlichte die DUH am 24. November 2015 alarmierende Ergebnisse ihrer Abgasmessungen in der Schweizer Abgasprüfstelle Bern. So wurde im offiziellen Prüfzyklus mit warmem Motor eine bis zu 25-fache Überschreitung der NOx-Emissionen bei einem aktuellen Renault Espace 1.6 cDi festgestellt. Neben den deutschen Behörden und der EU-Kommission informierte die DUH auch das Pariser Umweltministerium und übersandte diesem einen ins Französische übersetzten Prüfbericht sowie sämtliche Messprotokolle. Die französischen Behörden führten in der Folge weitere Messungen an Renault-Diesel Modellen durch und stellten dabei nun ebenfalls Abweichungen bei den Stickoxid- und CO2-Emissionen fest. Die französische Umweltministerin Ségolène Royal gab heute einen Rückruf von mehr als 15.000 betroffenen Renaults bekannt. Nach ihrer Aussage weisen die Fahrzeuge bei höheren oder niedrigeren Außentemperaturen als unter Laborbedingungen keine ausreichende Abgasreinigung auf.
"Die USA zeigen uns, wie eine lückenlose Aufklärung eines Umweltskandals erfolgen kann. Und die Franzosen nehmen Hinweise von NGOs offensichtlich ernst, führen eigene Messungen durch und schrecken auch nicht vor einem von der Ministerin verkündeten Rückruf von 15.000 Fahrzeugen eines französischen Herstellers zurück. Deutschland kämpft hingegen für eine weitere Aufweichung von Dieselabgasgrenzwerten, verweigert den Dialog mit Institutionen, die zur Aufklärung beitragen wollen und hält seit zwei Monaten vorliegende Prüfergebnisse an gemessenen Fahrzeugen anderer Hersteller geheim", bilanziert Resch.
Vier Monate nach Beginn des Diesel-Abgasskandals hat Verkehrsminister Dobrindt noch kein einziges der seit November 2015 seinem Haus vorliegenden Prüfergebnisse veröffentlicht, obwohl nach Informationen der DUH zum Teil erhebliche Überschreitungen bei den NOx-Grenzwerten bei mehreren Herstellern festgestellt wurden. Anstatt die Öffentlichkeit und die betroffenen Autohalter zu informieren, hält man es für ausreichend, sich nur mit den Autoherstellern über die Werte auszutauschen.
"Die DUH führt seit Oktober 2015 detaillierte Abgasmessungen an Diesel-Pkw durch und veröffentlicht trotz massivster Drohungen der betroffenen Hersteller die festgestellten NOx-Grenzwertüberschreitungen bei Opel, Renault, Mercedes und BMW. Wir erhalten keinerlei Unterstützung bei unserer Aufklärungsarbeit durch die Bundesregierung - im Gegenteil. Der Bundesverkehrsminister weigert sich, mit uns zu sprechen und hat kein Interesse an angebotenen weiteren Informationen. Dobrindt hat offensichtlich auch seinem Haus ein Kontaktverbot auferlegt. Für keines der seit September 2015 übersandten Schreiben beziehungsweise Prüfprotokolle, Anfragen um Gespräche auf Arbeitsebene etc. erhielt die DUH eine Antwort oder auch nur eine Eingangsbestätigung", so Resch.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de
Dorothee Saar, Bereichsleiterin Verkehr und Luftreinhaltung
Tel.: 030 2400867-72, Mobil: 0151 16225862, E-Mail: saar@duh.de
Ann-Kathrin Marggraf, Pressereferentin
Tel.: 030 2400867-21, Mobil: 0151 26749133, E-Mail: marggraf@duh.de
DUH im Internet: www.duh.de, Twitter: https://twitter.com/Umwelthilfe
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