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SPIEGEL meldet neuen "Kamikaze-Angriff" des Handels auf das Dosenpfand
Deutsche Umwelthilfe nominiert Metro-Chefstrategen Erich Greipl für den Mehrweg-Innovationspreis

Berlin, Radolfzell (ots)

Nur eine Woche, nachdem die Chefs von
BDI und Coca Cola, Michael Rogowski und Götz-Michael Müller, mit
ihrer Idee einer "Dosen-Steuer" bei Umweltminister Jürgen Trittin
kläglich gescheitert sind, bläst der Handel erneut zum Großangriff
auf das Dosenpfand. Bei der an diesem Montag den 2. Juni 2003
geplanten Sitzung der "Handelsvereinigung für Monopolwirtschaft e.V."
(HfM) soll nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH)
die ultimative Dosenpfand- Verweigerungsstrategie verabschiedet
werden.
Nach einer vorab bekannt gewordenen Meldung des am Montag
erscheinenden Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL planen mehrere
Großhandelsketten unter Führung des Metro-Konzerns "eine Art
Kamikaze-Aktion, um das Dosenpfand doch noch zu kippen". Laut SPIEGEL
sollen in einer "konzertierten Aktion "Ex-und-Hopp"- Verpackungen im
Herbst flächendeckend aus den Regalen der großen Handelsketten und
Discounter geworfen werden". Durch den erwarteten Aufschrei der
betroffenen Getränkeindustrie solle, so der SPIEGEL, "der Druck auf
die Politik erhöht und der Mehrweganteil bei Getränken vorübergehend
über die magische Grenze von 72% getrieben werden. Nach der geltenden
Verpackungsverordnung müsste der Staat das Dosenpfand dann wieder
stoppen". Nach Angaben des SPIEGEL stecken hinter diesem neuen Coup
alle großen Handelsketten und Discounter - mit Ausnahme der
Billigkette Lidl, die offensichtlich nicht an den Erfolg dieser
brillianten Strategie glaubt und bereits im September ein eigenes
Pfandsystem einführen wird.
DUH Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch beglückwünschte Erich
Greipl, Geschäftsführer der Metro Vermögensverwaltung, zur seiner
Absicht, über die Auslistung von Einweggetränken die
Verpackungsverordnung einhalten zu wollen. Resch geht in der Folge
von einer "dauerhaften Stabilisierung des Mehrwegsystems auf hohem
Niveau mit anhaltend positiven Impulsen für den Arbeitsmarkt" aus.
Einweg-Getränke wären nach dem 1. Oktober 2003 auf das bundesweit
verfügbare PetCycle- System sowie auf die im Aufbau befindlichen
Insel-Lösungen der Discounter beschränkt. Neben Lidl überlegt nach
Informationen der DUH derzeit auch ALDI, ein eigenes
Einweg-Pfandsystem als sogenannte "Insel-Lösung" einzuführen.
"Wenn Metro-Chefstratege Greipl das Pflichtpfand über die
Mehrwegquote abschaffen möchte, müssen Handel und Getränkeindustrie
einen langen Atem haben. Nach der geltenden Verpackungsverordnung
kann das Pflichtpfand frühestens zum Frühjahr 2006 wieder aufgehoben
werden." So lange dauert es nach Berechnungen der DUH, bis eine
eventuelle Überschreitung der Mehrwegschutzquote für das Kalenderjahr
2004 amtlich festgestellt ist. Für das Jahr 2003 ist es
ausgeschlossen, auch nur in die Nähe der 72%-Quote zu kommen. Die DUH
würde es begrüßen, wenn die in der HfM zusammengeschlossenen
Handelskonzerne den gesamten Einwegverkauf einstellen und dafür
Getränke in Mehrweg anbieten würden. "Für diese Initiative hat Erich
Greipl den MEHRWEG-INNOVATIONSPREIS des Jahres 2003 verdient", so
Resch.
Am 20. Dezember 2002 hatten dieselben Handelsunternehmen zugesagt,
bis zum 1. Oktober 2003 ein bundesweit funktionierendes
Rücknahmesystem aufzubauen. "Man darf gespannt sein, wie Politik und
einwegorientierte Getränkeindustrie auf diese grandiose
Strategieänderung des Handels reagieren werden."
Hintergrundinformationen:
Mit der geplanten Verabschiedung der Novelle der
Verpackungsverordnung im Bundesrat im Herbst 2003 würde die
Mehrwegschutzquote von 72% entfallen. Sollte das
Novellierungsverfahren scheitern - dies ist Voraussetzung für das
Gelingen der Greipl-Strategie - besteht die VerpackV in der jetzigen
Fassung fort.
Die Verpackungsverordnung sieht für die Auslösung des
Pflichtpfandes wie auch für dessen Abschaffung die Über- bzw.
Unterschreitung einer Mehrwegschutzquote von 72 % vor.
Diese Mehrwegschutzquote setzt sich aus fünf Einzel-Mehrwegquoten
folgender Getränkegruppen zusammen: Bier, Wasser,
Erfrischungsgetränke mit C02, Erfrischungsgetränke ohne C02, sowie
Wein. Nur die ersten drei Getränkegruppen sind derzeit vom
Pflichtpfand betroffen. Die beiden nicht bepfandeten Getränkegruppen
haben einen Anteil von 20,7 % an der Gesamtgetränkemenge.
Die Mehrwegquoten für das erste Quartal 2003 (in Klammer der Wert
für Dezember 2002) lauten: Bier 90,8% (70,9%); Wasser 78,8% (66,6%),
Erfrischungsgetränke mit C02 74,1% (47,9%), Erfrischungsgetränke ohne
C02 ca. 20,9% (ca. 21 %) und Wein 12,3% (14%).
Somit ergibt sich trotz hoher Lenkungswirkung des Pfandes in den
bepfandeten Segmenten eine deutlich niedrigere Gesamtmehrwegquote
(61,4% im 1. Quartal 2003).
Zur Aufhebung der Pfandpflicht muss die jeweilige
Jahres-Mehrwegquote (z. B. für das Kalenderjahr 2003) eindeutig über
dem Schwellenwert liegen. Die DUH hat die rechtliche Frage prüfen
lassen, ob es evtl. genügt, die Mehrweg-Schutzquote nur für ein
Quartal, Monat, Woche, Tag, Stunde oder gar eine Minute zu
überschreiten. Das von uns beauftragte Rechtsanwaltsbüro Geulen &
Klinger ist zum Ergebnis gekommen, dass die Bezugsgröße zwingend das
Kalenderjahr ist.
Wegen der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung (und den in jedem
Fall zu erwartenden juristischen Schritten von nicht begünstigten
Marktteilnehmern) wird die Feststellung der Jahres-Mehrwegquote im
bisherigen (durch div. Gerichtsverfahren bewährten) Verfahren unter
Federführung des BMU erfolgen: Die einzelnen Schritte: Erhebung der
Rohdaten im Auftrag des UBA durch die GVM, Abgleich mit der
Außenhandelsbilanz, Überprüfungen und Abgleich durch UBA/BMU,
Ressortabstimmung und Veröffentlichung der Ergebnisse durch das BMU.
Nach Abschluss des Kalenderjahres dauert dieses Verfahren wie
bisher ca. 15 Monate. Die offizielle Mehrwegquote für 2003 liegt
somit im Frühjahr 2005; die für das Kalenderjahr 2004 im Frühjahr
2006 vor. Nachfolgend wird dargestellt, wie sich die Mehrwegquote
durch die Auslistung von Getränken in Einweg für die Jahre 2003 und
2004 entwickeln würde:
Nachdem die Mehrwegquote im Dezember 2002 auf nur mehr 50,2 %
gefallen war, stieg sie im ersten Quartal 2003 als Folge des
Pflichtpfandes auf 61,4% Für das 2. Quartal 2003 zeichnet sich
derzeit keine gravierende Abweichung ab so dass wir von einer
stabilen Mehrwegquote von 61,4 % für das 1. Halbjahr 2003 ausgehen.
Unterstellt wird in der nachfolgenden Betrachtung für das 2.
Halbjahr 2003 eine Komplettauslistung von klassischen Einweggetränken
durch die im HfM (ohne Lidl) zusammengeschlossenen Handelskonzerne.
Dies beinhaltet nicht nur alle inländisch abgefüllten Einweggetränke.
Alle importierten Einwegwässer (Volvic, Vittel, Evian, Pellegrino
usw.) müssten ab Juli 2003 ebenso wie die importierten Einwegbiere
(Corona, Miller, usw.) oder Energie-Drinks (Red Bull) vollständig aus
den Regalen verbannt werden.
Unter diesen Rahmenbedingungen sind bei einer vollständigen
Auslistung von Getränken in Einweg durch die in der HfM versammelten
Handelskonzerne im 2. Halbjahr 2003 folgende Mehrweg-Einzelquoten
(zumindest theoretisch) möglich: Bier 95 %, Wasser  82% und Getränke
mit C02 85 %. Da das Pflichtpfand nicht für Getränke ohne CO2 und
Wein gilt, finden in diesen Segmenten auch keine Auslistungen und
somit Verschiebungen hin zu Mehrweg statt. Somit werden sich die
Mehrwegquoten für Fruchtsäfte und Wein nicht verändern.
Hieraus resultiert eine Mehrwegquote für das 2. Halbjahr 2003 von
72,9 %. Die max. mögliche Mehrwegquote für das Kalenderjahr 2003
beträgt 67,2 %, die max. mögliche Mehrwegquote für das Kalenderjahr
2004 beträgt 72,9%.
Schlussfolgerungen:
Nach Ablauf des Kalenderjahres 2004 müssen die Handels-Strategen
bis zum Frühjahr 2006 warten, bis offiziell feststeht, ob die
Mehrwegschutzquote von 72% im Kalenderjahr  2004 überschritten war.
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, 
Deutsche Umwelthilfe e.V., 
Güttinger Str. 19, 
78315 Radolfzell, 
Tel. mobil: 0171 3649170 
Tel. 07732/9995-0, 
Fax. 07732/9995-77, 
Email:  resch@duh.de

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