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Neue ITX-Spitzenwerte in Karton-Säften

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Berlin (ots)

Deutsche Umwelthilfe findet immer höhere Belastungen mit der 
Druckchemikalie ITX in Fruchtsäften und Wellnessdrinks - 
Verbraucherschutzminister Seehofer bleibt untätig - Tetra Pak und 
Elopak stehlen sich aus der Verantwortung.
Berlin, 7. Februar 2006: Die Belastungen von Frucht- und 
Gemüsesäften in Kartonverpackungen mit der Druckchemikalie 
Isopropylthioxanton (ITX) erreichen erheblich höhere Werte als bisher
befürchtet. Das geht aus einer dritten Serie der von der Deutschen 
Umwelthilfe e. V. (DUH) veranlassten Untersuchungen hervor. Als 
Spitzenkontamination wurde jetzt ein Wert von 447 Mikrogramm pro 
Kilogramm (µg/kg) in einem beim SB-Warenhaus Kaufland vertriebenen 
Aloe-Vera-Drink im 0,75 l Karton (Verpackung: Elopak) gemessen. Ein 
bei Metro verkaufter Karton-Orangensaft "hohes C" in der 0,2 l 
"Kinderpackung" wies eine Belastung von 247 µg/kg und ein "Gemüsesaft
Tomate TIP TOLL IM PREIS" der Handelskette Real im 1-l-Karton 
enthielt 59 µg ITX/kg Saft (Verpackung in beiden Fällen: Tetra Pak). 
Damit liegen die Spitzenbelastungen um einen Faktor von fast neun 
über dem Grenzwert von 50 µg/kg, dessen Überschreitung bei der 
Zulassung von Verpackungen normalerweise umfangreiche 
Toxizitätsuntersuchungen auslöst. Insgesamt 11 von 25 in den 
vergangenen Tagen im Auftrag der DUH untersuchte Karton-Säfte 
enthielten die Chemikalie ITX, die im Druckprozess zur raschen 
Trocknung der Farben auf der Verpackung eingesetzt wird.
"Wenn Druckchemikalien in Rekordkonzentrationen in Karton-Säften 
und so genannten Wellness-Drinks auftauchen, ist das ein Fall für den
Verbraucherschutzminister. Horst Seehofer muss endlich handeln", 
forderte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch bei der Vorstellung 
der aktuellen Untersuchungsergebnisse. Schwere Vorwürfe erhob Resch 
gegen die Verpackungshersteller Elopak und Tetra Pak. Beide 
Unternehmen seien über die ITX-Kontaminationen schon monatelang 
informiert gewesen, bevor diese im November 2005 erstmals in Italien 
öffentlich bekannt wurden. Elopak habe besorgte Fruchtsaftabfüller 
"mit abwiegelnden Schreiben hinters Licht geführt". Gegenüber seinen 
Industriekunden habe das Unternehmen sogar geleugnet, dass ITX 
überhaupt in Fruchtsäfte gelange. Tetra Pak habe die Aussagen der 
Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verfälscht 
zitiert und als "Persilschein für eine angebliche Unbedenklichkeit 
von ITX" uminterpretiert. Den hatte die EU-Behörde aus Mangel an 
toxikologischen Studien ausdrücklich nicht ausgestellt, sondern im 
Gegenteil auf die fehlenden toxikologischen Tests hingewiesen.
Als "dreisten Versuch der Verpackungshersteller, sich aus der 
Verantwortung zu stehlen" bezeichnete Resch die der DUH aus Kreisen 
der Abfüller bekannt gewordene Praxis der Firmen Tetra Pak und 
Elopak, der Fruchtsaftindustrie nicht nur den entstandenen Schaden 
unverkäuflicher, ITX-belasteter Säfte nicht ersetzen zu wollen. 
Vielmehr säßen viele Abfüller darüber hinaus auf vollen Lagern 
ITX-haltiger Kartonagen. Statt diese zurückzunehmen und durch 
ITX-freie Ware zu ersetzen, verlangten die Verpackungshersteller die 
volle Bezahlung von der Fruchtsaftindustrie georderter einwandfreier 
Ersatzware. Resch: "Diese Praxis stellt nicht nur das 
Verursacherprinzip auf den Kopf. Es wächst auch die Gefahr, dass 
viele der unter ökonomischen Druck geratenen Getränkeabfüller ihre 
ITX-haltigen Kartons in den kommenden Wochen und Monaten aus 
ökonomischen Zwängen heraus in der Hoffnung aufbrauchen, dass diese 
unentdeckt bleiben." Von den verantwortlichen Unternehmen Tetra Pak 
und Elopak verlangte der DUH-Geschäftsführer, ITX-haltige 
Rohkartonage vollständig zurückzurufen und die Abfüller zu 
entschädigen.
Verbraucherschutzminister Seehofer forderte Resch auf, "angesichts
der immer brisanteren ITX-Messergebnisse, sein monatelanges Phlegma 
in dieser Sache aufzugeben und wie die Behörden in Italien oder 
Kroatien zu erkennen, dass es seine Aufgabe ist, die Verbraucher und 
Verbraucherinnen zu schützen und nicht mächtige 
Verpackungsunternehmen." Alles andere grenze an "Kumpanei des 
Ministers mit den Verpackungsherstellern zulasten der Abfüller." 
Solange Seehofer untätig bleibe, hätten die an diesem Chemieskandal 
unschuldigen Fruchtsaftabfüller kaum Chancen, sich den entstandenen 
Schaden von Tetra Pak, Elopak oder ihren Versicherungen ersetzen zu 
lassen.
Die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH, Cornelia Ziehm, 
forderte Seehofer erneut auf, eine vollständige Liste ITX-belasteter 
Produkte zu veröffentlichen, statt sich weiter wegzuducken. Ziehm 
erinnerte den Minister an den nicht einmal 100 Tage alten 
Koalitionsvertrag. Darin hatte die Große Koalition unter der 
Überschrift "Lebenswertes Deutschland" vollmundig versprochen: "Die 
Verbraucher müssen so informiert sein, dass sie selbstständig 
entscheiden und auswählen können. Wir stehen zum Leitbild der 
mündigen Verbraucher als eigenverantwortlich handelnde Konsumenten 
und Marktteilnehmer." Ziehm: "Das bleibt pure Lyrik, solange dem 
eigenverantwortlichen Konsumenten die grundlegenden Informationen 
vorenthalten bleiben. Vorsorgender Gesundheits- und Verbraucherschutz
sieht anders aus."
Ziehm warf Seehofer vor, die Erkenntnisse der europäischen und 
deutschen Behörden zur Überwachung der Lebensmittelsicherheit nur 
selektiv weiterzugeben. So habe das wissenschaftliche Gremium der 
EFSA am 7. Dezember 2005 erklärt, dass über genotoxische 
Untersuchungen hinaus keine weiteren Toxizitätsdaten zu ITX vorlägen.
Während die Wissenschaftler eine andere Druckchemikalie (EHDAB) vom 
Verdacht der Giftigkeit freisprachen ("weder genotoxisch noch 
teratogen"), hieß es an gleicher Stelle zu ITX: "Angesichts fehlender
Toxizitätsdaten sind keine weiteren Aussagen zur Unbedenklichkeit 
möglich." Praktisch gleichlautend hatte sich auch das Seehofer 
unterstellte Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geäußert ("Für 
eine vollständige gesundheitliche Bewertung liegen dem Institut nicht
genug Daten vor"), ohne dass sich diese Ambivalenz bis heute in den 
Verlautbarungen des BMELV niedergeschlagen hätte.
Eva Leonhardt, Projektleiterin Kreislaufwirtschaft der DUH, 
erinnerte an die grundlegende Regelungslücke, die die ITX-Misere erst
möglich gemacht habe. Weil es für die auf Getränkekartons 
aufgebrachten Druckchemikalien bisher keinerlei Vorschriften
oder Grenzwerte gebe, fühle sich niemand verantwortlich. Leonhardt: 
"Die Katze beißt sich in den Schwanz: Ohne gesetzliche Regelung 
werden ITX und andere Druckchemikalien nicht ausreichend untersucht. 
Daraus ziehen die Verantwortlichen den Schluss: Ohne Untersuchung 
keine Gesundheitsgefährdung, ohne Gesundheitsgefährdung kein 
Handlungsbedarf und keine Notwendigkeit für gesetzliche Regelungen. 
Der Dumme ist der Verbraucher, der nicht wissen kann, ob er mit dem 
Wellness-Drink in einer Kartonverpackung auch noch einen kostenlosen 
Chemiecocktail als Beigabe zu sich nimmt."
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V., (DUH),
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, (www.duh.de), Tel.: 030/258986-0, 
mobil 0171/3649170, Email:  resch@duh.de
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Deutsche 
Umwelthilfe e.V. (DUH), Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 
030/258986-18, mobil: 0160/5337376, Email:  ziehm@duh.de
Eva Leonhardt, Projektleiterin Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 
4, 10178 Berlin, Tel.: 030/258986-12, Fax.: 030/258986-19, mobil: 
0151/16716545, Email:  leonhardt@duh.de

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