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Seehofer hält Informationen über hohe ITX-Belastungen in Kartonsäften zurück

Berlin (ots)

Verbraucherschutzministerium verweigert Auskunft
über Isopropylthioxanthon-Kontaminationen - Deutsche Umwelthilfe legt
Widerspruch ein - Wieder hohe Belastungen in Frucht- und Gemüsesäften
nachgewiesen
09. März 2006: Nach sechs Wochen der Informationsblockade hat das 
Verbraucherschutzministerium (BMELV) auch das Begehren der Deutschen 
Umwelthilfe e. V. (DUH)  zurückgewiesen, entsprechend dem 
Umweltinformationsgesetz (UIG) Auskunft über die ITX-Belastungen in 
Kartonsäften zu geben. Die DUH hat dagegen am heutigen Donnerstag 
Widerspruch eingelegt. Gleichzeitig wurden bei von der DUH 
veranlassten Untersuchungen erneut hohe ITX-Belastungen von mehr als 
50 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) in drei Kartonsäften 
nachgewiesen.
Betroffen waren in dieser Woche der "Grünfink Karotten-Saft mit 
Honig" der Firma A. Dohrn & A. Timm GmbH & Co. KG mit 143 Mikrogramm 
ITX pro Kilogramm (Verpackung Tetra Pak), das Merziger 
"Trink-Frühstück mit Ceralien Orange-Mango-Maracuja"  mit 124 µg/ kg,
sowie der "Maracuja Nektar aus Maracujasaftkonzentrat" von Niehoffs 
Vaihinger mit 72 µg/ kg (beide Verpackungen Elopak). Alle Getränke 
wurden in einer Karstadt-Filiale in Berlin-Neukölln erworben.
"Das ITX-Problem ist längst nicht gelöst. 
Verbraucherschutzminister Horst Seehofer steht seit Monaten in 
engstem Kontakt mit den Verursachern der Misere, nur gegenüber seinen
wirklich ´Schutzbefohlenen´, den Verbraucherinnen und Verbrauchern, 
verweigert er jede Auskunft über das Ausmaß des Problems und lässt 
zu, dass die Entsorgung der ITX-Säfte durch Verbraucherkehlen 
erfolgt", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Mit juristischen Winkelzügen versucht das BMELV nun, das 
Auskunftsbegehren der DUH zu unterlaufen. Druckfarben in 
Lebensmitteln fielen nicht in den Geltungsbereich des 
Umweltinformationsgesetzes (UIG), da dieses nur solche Informationen 
im Zusammenhang mit der menschlichen Gesundheit erfasse, die einen 
Bezug zum Zustand der Umwelt oder Maßnahmen oder Tätigkeiten mit 
Umweltrelevanz hätten, heißt es lapidar in einem Schreiben des 
Ministeriums an die DUH.
Seit Februar letzten Jahres fallen unter den Begriff der 
"Umweltinformationen" jedoch ausdrücklich auch Kontaminationen der 
Lebensmittelkette. Im Übrigen sieht die DUH auch die Umweltrelevanz 
der angeforderten Informationen ohne weiteres als gegeben an.
"Auch jenseits solcher juristischer Spitzfindigkeiten ist und 
bleibt es Horst Seehofers politische Pflicht und Schuldigkeit für 
Aufklärung und Vorsorge zu sorgen, statt weitere Monate tatenlos 
zuzusehen wie ITX-belastete Säfte millionenfach von Kindern und 
Erwachsenen konsumiert werden, ohne dass irgendjemand weiß, welche 
gesundheitlichen Folgen das hat. Herr Seehofer verabschiedet sich mit
seiner Verweigerungshaltung von dem vom ihm selbst propagierten 
Leitbild des mündigen Verbrauchers", so Cornelia Ziehm, die Leiterin 
Verbraucherschutz und Recht der DUH.
In der vergangenen Woche hatte das dem Seehofer-Ministerium 
unterstellte Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hohe 
Konzentrationen von Kartonsäften mit der Druckchemikalie 
Isopropylthioxanthon (ITX) in einer Erklärung als "aus Sicht der 
Risikobewertung nicht akzeptabel" bezeichnet. Aussagen zum mit ITX 
verbundenem gesundheitlichen Risiko könnten nicht getroffen werden, 
weil bis heute ausschließlich Untersuchungen zur erbgutschädigenden 
Wirkung von ITX vorlägen und Entwarnung allenfalls bis zu einer 
Konzentration von weniger als 50 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) 
gegeben werden könne.
Die Verantwortung für die gesundheitliche Unbedenklichkeit ihrer 
Produkte liegt nach Auffassung des BfR bei den Herstellern. Folglich 
müssten "sie alle Anstrengungen unternehmen, um den Übergang solcher 
Stoffe in Lebensmittel zu vermeiden und die für die gesundheitliche 
Bewertung erforderlichen Daten zu erarbeiten".  Das ist jedoch 
derzeit nicht im Mindesten der Fall. ITX-Rückstände von mehr als 50 
Mikrogramm pro Kilogramm seien von den bisher durchgeführten Tests 
auf Genotoxizität nicht abgedeckt. In seiner Erklärung räumt das BfR 
außerdem ein, dass das aktuell diskutierte ITX-Problem eine noch weit
größere Datenlücke überdecke: über 1000 verschiedene Substanzen 
würden für die Bedruckung von Lebensmittelverpackungen eingesetzt. Ob
und in welchen Konzentrationen diese Stoffe in die Lebensmittel 
übergehen, sei ebenso wenig bekannt wie ihre Giftigkeit, da weder auf
nationaler noch auf EU-Ebene entsprechende Prüfregelungen bestünden.
Mit der Ermittlung entsprechender Daten wolle sich die Industrie 
zudem nach eigenen Angaben bis 2010 bzw. 2015 Zeit lassen. Derartige 
Fristen nennen BfR und Kunststoffkommission in ihrer Erklärung 
"unakzeptabel", weil so eine "gesundheitliche Bewertung lange Zeit 
nicht möglich" sei.
"Dass Seehofer offenbar glaubt, die wöchentlichen Meldungen über 
massenhaft verkaufte ITX-Kartonsäfte aussitzen zu können ist schlimm 
genug", sagt Eva Leonardt, die Projektleiterin Kreislaufwirtschaft 
der DUH. "Dass der Minister aber selbst die Alarmrufe eines ihm 
unterstellten Fachinstituts überhört, ist mehr als bedenklich und hat
mit Verbraucher- und Gesundheitsschutz offensichtlich nichts mehr zu 
tun."
DUH-Bundesgeschäftsführer Resch erklärte: "Offensichtlich 
verweigert Seehofer den Verbrauchern jegliche Hilfe. So wird die DUH 
den mühsamen und für den Verbraucherschutz unbefriedigenden Weg 
beschreiten, solange mit ihren Untersuchungen weiterzumachen, bis 
alle belasteten Karton-Säfte aus den Regalen verschwunden sind. Die 
rasche und der Sache angemessene Problemlösung wäre eine von Bund- 
und Länderbehörden veranlasste, flächendeckende Rückholaktion. Darauf
warten viele Verbraucher und Verbraucherinnen seit nunmehr sechs 
Wochen."
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V., (DUH) 
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, (www.duh.de), Tel.: 030/258986-0, 
mobil 0171/3649170, Email:  resch@duh.de
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Deutsche 
Umwelthilfe e.V. (DUH), Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 
030/258986-18, mobil: 0160/5337376, Email:  ziehm@duh.de
Eva Leonhardt, Projektleiterin Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 
4, 10178 Berlin Tel.: 030/258986-12, Fax.: 030/258986-19, mobil: 
0151/16716545, Email:  leonhardt@duh.de

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