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Verbraucherinformations-Verhinderungsgesetz im Bundestag

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Berlin (ots)

Regierungsfraktionen winken Horst Seehofers "Formulierungshilfe" 
im Hoppla-Hopp-Verfahren durch und verzichten bis auf weiteres auf 
Transparenz bei Lebensmittelskandalen - Entschließungsantrag soll 
Unternehmen zu freiwilligem Wohlverhalten veranlassen - Deutsche 
Umwelthilfe: "Gegen die Wirkungslosigkeit eines Placebos hilft kein 
weiteres Placebo"
11. Mai 2006: Das geplante Verbraucherinformationsgesetz (VIG) 
wird das exakte Gegenteil von dem bewirken, was es verspricht. Statt 
mehr Transparenz bei Lebensmittelskandalen zu garantieren, schützt es
die Unternehmen konsequent vor insistierenden Auskunftsbegehren aus 
der Zivilgesellschaft. Das ist das vernichtende Urteil der Deutschen 
Umwelthilfe (DUH) über das heute von den Koalitionsfraktionen in 
erster Lesung in den Bundestag eingebrachte Gesetz.
"Die von Union und SPD unverändert übernommene 
´Formulierungshilfe´ aus dem Haus von Horst Seehofer ist eines der 
größten Täuschungsmanöver der Politik in den letzten Jahren. Deshalb 
fahren die Nebelwerfer, die mit dem VIG den mündigen Verbraucher 
gestärkt sehen wollen, heute innerhalb und außerhalb des Parlaments 
Sonderschichten", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch in 
Berlin. Wie schlecht das Gewissen der Koalitionsfraktionen sei, könne
man in dem Entschließungsantrag nachlesen, den sie im Rahmen der noch
vor der Sommerpause anvisierten endgültigen Verabschiedung des 
Regelwerks in den Bundestag einbringen wollen. Darin werden die 
Unternehmen aufgefordert, freiwillig jene Transparenz herzustellen, 
vor deren verbindlicher gesetzlicher Regelung die große Koalition 
zurückgeschreckt sei. "Gegen die Wirkungslosigkeit eines Placebos 
wird ein weiteres Placebo angeboten. Das ist genau die Überdosis 
Verschleierung, die alle Parlamentarier, die den Verbraucherschutz 
und sich selbst ernst nehmen, auf die Barrikaden treiben müsste", so 
Resch.
Weder Unternehmen noch Behörden sind nach dem Wortlaut des 
Gesetzentwurfs verpflichtet, die Bevölkerung aktiv und von sich aus 
über Funde belasteter Lebensmittel zu unterrichten. 
Auskunftsansprüche gegenüber privaten Unternehmen sind gar nicht erst
vorgesehen, Informationsbegehren gegenüber Landes - oder 
Bundesbehörden können in der Praxis weitgehend abgeblockt werden. 
Inhaltlich wird der Anwendungsbereich des Gesetzes auf "Erzeugnisse 
im Sinne des "Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes (LFGB)"  
eingeengt. Den Rest des Transparenz-Verhinderungsgesetzes besorgen 
weit reichende "Ausnahmetatbestände", unter die vor allem 
tatsächliche oder vorgebliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 
fallen. Dabei sollen die Unternehmen - ohne jede inhaltliche 
Begründung - selbst bestimmen können, welche Daten unter das 
Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis fallen, und deshalb nicht zur 
Verfügung gestellt werden müssen.
Unternehmen können nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs sogar noch
im Nachhinein, also nachdem sie von den Behörden über einen 
Auskunftsantrag aus der Bevölkerung unterrichtet wurden, für den 
konkreten Fall relevante Daten als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis 
klassifizieren. Sicherheitshalber werden schließlich auch noch 
"sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung 
für den Betrieb mit einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis 
vergleichbar sind", von der Bekanntgabepflicht befreit.
Am Beispiel der aktuellen Diskussion über die Belastung von 
Frucht- und Gemüsesäften in Kartonverpackungen mit der 
Druckchemikalie Isopropylthioxanton (ITX) lässt sich leicht 
nachvollziehen, dass das VIG in der nun eingebrachten Form keinen 
Fortschritt bringt. "Seit Monaten versucht die Deutsche Umwelthilfe 
im Bundesverbraucherschutz- und den zuständigen Länderministerien 
weitgehend erfolglos Informationen über das Ausmaß der 
ITX-Kontaminationen zu erhalten", so die zuständige 
DUH-Projektleiterin Eva Leonhardt. "Wenn es doch einmal, wie im Fall 
Baden-Württembergs eine begrenzte Auskunftsbereitschaft, gibt, dann 
auf freiwilliger Basis. Auch nach Verabschiedung dieses Gesetzes wird
es einen Rechtsanspruch auf Information in einem solchen Fall nicht 
geben." Für die betroffenen Unternehmen wäre es ein Leichtes, die 
Daten unter Hinweis auf angebliche Geschäftsgeheimnisse oder 
wettbewerbsrelevante Informationen zu verweigern.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch befürchtet sogar eine 
Verschlechterung der gegenwärtigen Rechtslage: "Bisher lag die 
Information der Bevölkerung wenigstens teilweise im Ermessen der 
Behörden. Nach dem Seehofer-Gesetz könnten die Unternehmen künftig 
praktisch jedes Informationsbegehren ohne Begründung unter Hinweis 
auf Betriebsgeheimnisse oder wettbewerbsrelevante Informationen 
abschmettern". Der DUH-Bundesgeschäftsführer forderte die 
Bundesregierung auf, das Gesetz "nicht noch vor der Sommerpause 
Hoppla-Hopp durch den Bundestag zu peitschen". Das Regelwerk müsse 
vor seiner Verabschiedung von Verbänden und Fachleuten seriös 
evaluiert werden. Dies sei nicht binnen eines Monats möglich.  Die 
Koalitionsfraktionen müssten sich fragen lassen, ob sie sich künftig 
"mit dem Abnicken von ´Formulierungshilfen´ aus den Ministerien 
begnügen oder ihrem eigenen Gestaltungsauftrag als Abgeordnete 
nachkommen wollen".
Die Deutsche Umwelthilfe hatte im April eine erste Detailanalyse 
der "Formulierungshilfe" aus dem Verbraucherschutzministerium 
vorgelegt und vor der Einbringung des mangelhaften Entwurfs in den 
Bundestag gewarnt (s. Anhang).
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 
Berlin; Tel.: Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19, E-Mail:  
resch@duh.de
Eva Leonhardt, Projektleiterin Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 
4, 10178 Berlin Tel.: 030/258986-12, Fax.: 030/258986-19, mobil: 
0151/16716545, E-Mail:  leonhardt@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178 
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail:  rosenkranz@duh.de

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