"Wir irren uns empor"
München (ots)
14. Mai 2009 - Irrtum gehört zum Alltag eines Forschers. "Wir machen viele Versuche, stellen viele Hypothesen auf, entwerfen viele Theorien und prüfen dann, ob sie etwas taugen", bekennt der Braunschweiger Wissenschaftsphilosoph Gerhard Vollmer in der Juni-Ausgabe von P.M. MAGAZIN (ab morgen im Handel). "Die meisten taugen nichts. Sie sind Sackgassen, Fehlversuche, Irrtümer." Aber das sei kein Grund zur Resignation: "Wir irren uns empor." Stück für Stück nähern sich die Forscher durch das Erkennen der Irrtümer der Wahrheit. Fallibilismus nennt sich die wissenschaftstheoretische Grundhaltung, die den Keim des Zweifels an den eigenen Erkenntnissen stets in sich trägt. "Theorien sind Denkwerkzeuge, mit denen wir die Welt erklären wollen. Wenn sie versagen, dann müssen wir sie hinterfragen und neue suchen", sagt Vollmer.
Hundert Jahre lang behaupteten Forscher, allen voran der deutsche Chemiker Georg Ernst Stahl, dass Stoffe beim Verbrennen leichter werden, weil aus ihren Poren ein Gas entweicht, das so genannte Phlogiston. Bewiesen wurde die Theorie nie, dennoch war sie unangefochten. Die Suche nach dem chemischen Element Phlogiston führte schließlich um 1800 zur Entdeckung des Sauerstoffs. Mit einem Schlag waren alle Phänomene der Verbrennung nicht nur erklärbar, sondern auch beweisbar, und die Phlogisten-Theorie verpuffte wie heiße Luft. Dennoch war sie kein Irrweg, sondern ein Umweg zur Wahrheit.
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