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Der Tagesspiegel: Historiker Norbert Frei zur NSDAP-Mitgliedschaft von Walser, Lenz und Hildebrandt

Berlin (ots)

Der Historiker Norbert Frei hält die Annahme der
Schriftsteller Martin Walser, Siegfried Lenz und des Kabarettisten 
Dieter Hildebrandt für glaubwürdig, dass sie ohne ihr Wissen Mitglied
der NSDAP wurden. Gegenüber dem Tagesspiegel (Dienstags-Ausgabe) 
sagte der an der Schiller-Universität in Jena lehrende 
Zeithistoriker: "Es hat Sammelanmeldungen gegeben, und es kann und 
muss auch Fälle gegeben haben, in denen die Betroffenen nichts davon 
wussten."  Die Existenz von unwissentlichen NSDAP-Mitgliedschaften 
ist laut Frei unbezweifelbar. Der Frage, ob etwa Angehörige der 
Hitlerjugend, insbesondere der späten Jahrgänge 1926 und 1927, mit 
Sicherheit eine Anmeldung zugesandt oder ihre Mitgliedskarte 
ausgehändigt bekamen, war Frei bereits 2003 bezüglich der 
NSDAP-Mitgliedschaft des Historikers Martin Broszat im Detail 
nachgegangen. Er kam zu dem Ergebnis, es sei "nach Lage der Dinge 
unwahrscheinlich", dass Broszat von seiner Aufnahme in die Partei 
wusste, wie er in der "Zeit" schrieb. Sein damaliges Fazit, so Frei, 
gelte auch für die aktuellen Fälle. Ungeachtet des konkreten 
Einzelfalls könne man "fast schon abstrakt vermuten, dass etliche 
Angehörige dieser Generation in solche Anmeldesituationen geraten 
sind".
Die Enthüllungen lösten im Übrigen eine "Sommerdebatte aus, die wir 
schon öfter hatten", sagte Frei, Jahrgang 1955. Offenbar gebe es bei 
Walser, Lenz und Hildebrandt keinen individuellen, jeweils 
unterschrieben Aufnahmeantrag. Für die Beurteilung der Genannten ist 
dies aber in den Augen Freis das entscheidende Kriterium. 
Interessanter sei es, zu fragen, was die frühe NS-Erfahrung der 
Flakhelfer-Generation für die Gesellschaft der Bundesrepublik 
bedeutete. "Mit ihr haben wir die erste Generation der Nachkriegszeit
im Blick, die sich für den demokratischen Neubeginn eingesetzt und 
die Angebote der Alliierten wie die Reeducation-Programme auch 
angenommen hat. Nicht die gesamte Generation, aber doch etliche ihrer
Protagonisten", betonte Norbert Frei.
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Kultur, Tel. 030/26009-522 oder -345

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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