Der Tagesspiegel: Nur die Umweltsenatorin fährt klimafreundlich
Senat hat eigene Vorgaben zum Spritverbrauch großteils noch nicht umgesetzt
Im Laufe des Jahres sollen wenigstens die Mindeststandards erfüllt erfüllt werden
Berlin (ots)
Der Senat ist bei der klimafreundlichen Umrüstung seines Fuhrparks noch nicht weit vorangekommen. Mit bis zu 224 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ist das Gros der Fahrzeuge von Senatoren und Staatssekretären weiter deutlich durstiger - und deshalb klimaschädlicher - als der Durchschnitt der heutigen Neuwagen: Dessen Mittelwert liegt bei rund 160 Gramm CO2 pro Kilometer.
Da die Senatsautos immer nur für ein Jahr geleast werden, wäre eine Umstellung relativ schnell möglich. Im März 2007 hatte eine Anfrage der Grünen im Parlament die teils exorbitanten Kraftstoffverbräuche publik gemacht. Wie sich jetzt aus einer Auskunft der Innenverwaltung ergibt, sind zumindest die größten Spritschlucker ersetzt worden. Was möglich ist, zeigt Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke), die auf einen Toyota Prius mit sparsamem Hybrid-Antrieb umgestiegen ist. Ihr Staatssekretär dagegen wird in einem Audi chauffiert, der gut doppelt so viel CO2 in die Luft bläst wie das Auto der Chefin. Während dessen Emission bei 104 Gramm pro Kilometer liegt, betragen die Emissionen der anderen Senatsfahrzeuge 168 bis 224 Gramm. Lompscher war es auch, die in einem Rundschreiben Mitte 2007 die Vorbildfunktion öffentlicher Fuhrparks angemahnt und neue Umweltstandards für Senats- und Bezirksverwaltungen festgelegt hatte. Autos sollten immer aus dem "gemessen am Einsatzzweck niedrigst möglichen Segment" ausgewählt werden, heißt es darin. Zugleich werden verbindliche Höchstgrenzen und wünschenswerte Sollziele für jede Kategorie aufgelistet. Für Mittelklassewagen etwa liegt die Höchstgrenze bei 160 Gramm und der Sollwert bei 140 Gramm CO2 pro Kilometer. Durch die "äußerst ambitionierten" Grenzwerte sollte "ein Zeichen gesetzt und insbesondere auch die deutsche Autoindustrie unter Druck gesetzt" werden, wie Lompscher damals erklärte. Gut drei Monate später wurde dem FDP-Abgeordneten Henner Schmidt auf Nachfrage mitgeteilt, dass zwischenzeitlich sieben neue Fahrzeuge geleast worden seien, davon "fast 29 Prozent mit umweltfreundlichem Antrieb". Was in Zahlen bedeutete: zwei. "Ich war auch überrascht zu erfahren, dass Verstöße gegen so ein Rundschreiben keine Sanktionen nach sich ziehen", sagte Schmidt gestern. Der Grüne Michael Schäfer legte nach: "Die Klimapolitik des Senats beschränkt sich ja weitgehend auf Symbolpolitik. Und wenn man genau hinschaut, klappt nicht einmal die."
Während für den Ausstoß giftiger Abgase EU-Normen gelten, gibt es für das nicht unmittelbar giftige, aber klimaschädliche CO2 kein Limit. Die Emission hängt direkt vom Verbrauch ab. Vorgaben dazu finden sich bereits im 2006 vom Senat beschlossenen Landesenergieprogramm: In die Umweltstandards für neue Dienstwagen sollten demnach Informationen über möglichst niedrige CO2-Emissionen aufgenommen werden. Die dafür zuständige Innenverwaltung wurde beauftragt, bevorzugt Erdgasautos zu beschaffen, weil deren CO2-Bilanz günstiger ist als die von Benzin- und Dieselmotoren. Bereits diese Forderungen blieben vage gegenüber dem, was das Abgeordnetenhaus ursprünglich wollte: Im Februar 2006 hatten die Parlamentarier eine Obergrenze von 6,5 Litern Kraftstoffverbrauch im Stadtverkehr pro 100 Kilometer gefordert. Mehrere der aktuellen Senatsfahrzeuge verbrauchen etwa das Doppelte. Die Innenverwaltung kündigte gestern an, jene Autos, die nicht einmal die von Lompscher ausgegebenen Höchstgrenzen einhalten, durch andere zu ersetzen. Nur in Einzelfällen sei das wegen spezieller Sicherheitsvorschriften nach aktuellem Stand nicht möglich. Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der ebenfalls klimafreundlicher fahren wollte, ist Mitte 2007 auf einen "Bluetec"-Mercedes umgestiegen. Der ist zwar auch nicht sparsam, aber vergiftet zumindest seine unmittelbare Umgebung kaum noch mit Stickoxiden. Die sind ein typisches Dieselabgas - und sollen aus der Berliner Innenstadt ab 2010 mit der zweiten Stufe der Umweltzone ausgesperrt werden.
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