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Der Tagesspiegel: Sterbehilfe-Organisation attackiert deutsche Regierung

Berlin (ots)

Berlin - Der Gründer der Schweizer
Sterbehilfeorganisation "Dignitas", Ludwig Minelli, hat die 
Bundesregierung für ihren Umgang mit Sterbewilligen scharf 
kritisiert. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) habe "keine 
Ahnung" vom "Suizidgeschehen" in Deutschland, sagte Minelli dem 
Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Die Äußerung der Ministerin, dass
sich jeder auch in Deutschland umbringen könne, sei "so 
kaltschnäuzig, fast schon empörend". In Deutschland sei eine 
Freitodbegleitung "nicht unter menschenwürdigen Bedingungen möglich".
Der Bezug von seiner Ansicht nach human wirkenden Giften sei in 
Deutschland verboten, das von seiner Organisation genutzte 
Natriumpentobarbital dürften nur Veterinäre verwenden. "Somit haben 
Tiere in Deutschland mehr Rechte als Menschen."
Auch Kanzlerin Angela Merkel ignoriere "den  Unterschied zwischen 
aktiver Sterbehilfe und begleitetem Freitod", kritisierte Minelli. 
Wenn eine Bundeskanzlerin diesen Unterschied nicht begreife, sei sie 
"leider ungebildet - milde ausgedrückt".  Ausdrücklich wandte sich 
Minelli gegen die aktive Tötung von Patienten auf deren Wunsch hin. 
"Ich finde, man sollte diesen Schritt nicht tun", sagte er. Beihilfe 
zum Suizid ist in Deutschland nicht strafbar, allerdings müssen 
Sterbehelfer befürchten, wegen unterlassener Hilfeleistung belangt zu
werden.  Suizid werde nur "als Unglücksfall gewertet, was Rettung 
verlangt", sagte Minelli. Man müsse Sterbende folglich allein lassen.
Diese Rechtslage müsse geändert werden, forderte der 
DIgnitas-Gründer. Menschen dürften nicht "von Staaten, die behaupten,
freiheitlich-demokratisch zu sein, gezwungen werden, diese 
belastenden Reisen in die Schweiz machen". Die Autonomie des 
Individuums sei "gegen Thron und Kirche hart erkämpft worden. Dieses 
Recht gilt es überall durchzusetzen."
Minelli bestätigte indirekt, dass seine Organisation derzeit 
versucht, in Deutschland einen Präzedenzfall zu schaffen. Eine 
Rechtsänderung in Deutschland sei in drei bis fünf Jahren denkbar, 
sagte er. Und falls deutsche Gerichte nicht "vernünftig" urteilten, 
müsse der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg 
entscheiden.
Ludwig Minelli hat nach eigenen Angaben in den letzten zehn Jahren
mit seiner Organisation 840 Menschen in den Tod begleitet. 60 Prozent
davon seien Deutsche gewesen.
Bei Rückfragen: 030/7262626-12 (Rainer Woratschka) oder 
030/26009-389 (Politikredaktion)

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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