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Der Tagesspiegel: Ex-Außenminister Joschka Fischer fordert neue Afghanistan-Politik und erwartet Einsatz der Bundeswehr im Süden des Landes

Berlin (ots)

Die Bundeswehr wird nach Ansicht des ehemaligen
deutschen Außenministers Joschka Fischer in absehbarer Zeit auch im 
besonders gefährlichen Süden Afghanistans kämpfen müssen. Nach dem 
bevorstehenden Regierungswechsel in den USA werde sich die 
Bundesregierung entsprechenden Forderungen der Nato-Verbündeten nicht
mehr länger verschließen können, sagte Fischer dem Berliner 
Tagesspiegel in Toronto.
"Mit einer neuen US-Regierung werden wir früher oder später auch 
im Süden kämpfen - aber wir werden immer noch die Bösewichte sein, 
die eine gute Möglichkeit verpasst haben, das aus eigener Initiative 
zu tun", sagte Fischer bei einem Besuch im Munk-Zentrum für 
internationale Studien der Universität Toronto. Der ehemalige 
Außenminister und Grünen-Politiker sieht es als "großen Fehler" der 
Merkel-Regierung, dass Deutschland sich in den vergangenen zwei 
Jahren gegen Forderungen von Nato-Partnern wie Kanada und den USA 
gesperrt hat, die Bundeswehr auch im Süden Afghanistans einzusetzen. 
Ein neuer US-Präsident werde die Deutschen demnächst viel stärker in 
die Pflicht nehmen: "Die nächste amerikanische Regierung wird da ganz
anderen Druck machen als es Bush noch vermag," sagte Fischer.
Joschka Fischer kritisiert, Deutschland und die EU hätten schlicht
"keine Pakistan-Politik", obwohl der Nachbarstaat Afghanistans für 
viele Probleme in Afghanistan verantwortlich sei und sich zur Basis 
für islamistische Al-Quaida-Kämpfer entwickelt habe. Bei der 
Konferenz am Petersberg bei Bonn 2001 sei die Rolle der 
Nachbarstaaten für die Zukunft des Landes nicht ausreichend 
berücksichtigt worden und die "selbstverursachte Schwäche" der USA 
durch den 2003 begonnenen Irakkrieg nicht absehbar gewesen. Daher 
sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel einen neuen Petersberg-Prozess 
starten, fordert Fischer: "Ich würde ihr raten, intiativ zu werden," 
sagte er dem Tagesspiegel.
Zudem müsse die Bundesregierung das Ziel des Afghanistan-Einsatzes
offensiver vertreten: "In Deutschland hat man vergessen, wieso wir 
eigentlich da sind." Es müsse wieder deutlich werden, dass der Krieg 
eine Reaktion auf die Terroranschläge in den USA im September 2001 
war - Anschläge, wie sie nach Fischers Erwartung "wieder passieren 
werden", wenn der Kampf gegen Taliban und Al-Quaida-Kämpfer keinen 
Erfolg habe.
Der Tagesspiegel
- Politikredaktion -
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