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Der Tagesspiegel: Sachsen-Anhalt: Polizei ließ brutalen Gewalttäter laufen

Berlin (ots)

In Sachsen-Anhalt ist erneut ein grausiges
Tötungsverbrechen zu beklagen - und die Polizei hat offenbar falsch 
reagiert. Am Sonnabend schlug in Halle ein 16-Jähriger vor einem 
Supermarkt einen 48 Jahre alten Mann zu Boden und trat ihm dann 
mehrfach auf den Kopf. Das Opfer erlag am Dienstag im Krankenhaus 
seinen schweren Verletzungen. Die Polizei konnte aufgrund der 
Hinweise von Zeugen den einschlägig bekannten Täter noch am Sonnabend
in Halle ermitteln, nahm aber nur die Personalien auf, schrieb eine 
Anzeige und ließ den Jugendlichen laufen. Festgenommen wurde er erst 
am Dienstagvormittag, als das Krankenhaus der Polizei mitgeteilt 
hatte, das Opfer werde vermutlich nicht überleben. Die 
Staatsanwaltschaft beantragte am Mittwoch einen Haftbefehl wegen 
Totschlags, der 16-Jährige kam dann in Untersuchungshaft.
"Wir werden jetzt prüfen, warum die Polizei den Tatverdächtigen 
nicht schon am Sonnabend festgenommen hat", sagte der Sprecher der 
Staatsanwaltschaft Halle, Klaus Wiechmann, am Mittwoch dem 
Tagesspiegel. Er deutete an, nach bisherigen Erkenntnissen sei das 
Verhalten der Beamten "nicht korrekt". Der Sprecher der in Halle 
sitzenden Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd, Siegfried Koch, wusste
keine Antwort auf die Frage, wieso die Polizei am Sonnabend dem 
Schläger trotz seiner Brutalität und der kriminellen Vergangenheit 
keine Handschellen anlegte: "Dazu kann ich nichts sagen."
Laut Koch hat der Jugendliche in diesem Jahr bereits wegen einer 
Körperverletzung einen dreiwöchigen Jugendarrest verbüßt. 
Staatsanwalt Wiechmann sagte, außerdem sei ein weiteres Verfahren 
gegen den 16-Jährigen, auch nach einer Körperverletzung, eingestellt 
worden.
Die Polizei nahm den Jugendlichen am Dienstag aus dem 
Schulunterricht heraus fest. Der 16-Jährige legte dann ein Geständnis
ab. Nach einem Streit mit Bekannten "hatte ich Frust", zitierte Koch 
aus den Angaben des Täters. Einen Grund für den Angriff auf das Opfer
konnte oder wollte der Jugendliche nicht nennen. Der 48-Jahre alte 
Mann, ein bei der Stadt Halle angestellter Hausmeister, hielt sich 
vor dem Supermarkt auf und nahm dort Alkohol zu sich. Es habe sich 
aber nicht um einen alkoholkranken Mann gehandelt, sagte Staatsanwalt
Wiechmann. Es gebe auch keine Hinweise, dass der Jugendliche den Mann
aus einem rechtsextremen Motiv heraus, wie Hass auf "Asoziale", 
misshandelte.
Die Polizei in Sachsen-Anhalt steht wegen mehrerer Versäumnisse 
schon länger in der Kritik. Ein Beispiel: Im Juni 2007 ließen Beamte 
in Halberstadt Neonazis laufen, die Theaterschauspieler geschlagen 
hatten. Der Fall steht auf der Agenda des Untersuchungsausschusses, 
den der Landtag vor einem Jahr zur Aufklärung der seit Anfang 2007 
schwelenden Polizeiaffäre eingesetzt hatte.

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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