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Der Tagesspiegel: Polizei schaut genauer hin: Nicht-deutsche Herkunft bei Tätern pauschal erfasst - strittige Forderung im Bund in Berlin schon Realität

Berlin (ots)

Die Berliner Polizei erfasst bei weit mehr
Straftaten als bisher bekannt die Herkunft der Täter. Das bestätigte 
am Montag ein Polizeisprecher dem Tagesspiegel. Seit 1. Oktober 2008 
wird bei jeder erfassten Straftat neben den üblich Kriterien 
"deutsch" und "nicht-deutsch" auch die "nicht-deutsche Herkunft" 
erfasst, wie die Polizei auf Anfrage mitteilte. Während bundesweit 
über den Vorstoß von CDU/CSU diskutiert wird, die Herkunft von 
Straftätern zu erfassen, ist dies in Berlin schon seit längerem 
üblich.
Bislang hatte Berlins Polizei allerdings nur bekanntgegeben, dass sie
den Migrationshintergrund von Tätern bei der Jugendgruppengewalt 
erfasst. Zu den Gründen für die ausgeweitete Erfassung wollte sich 
die Polizei nicht äußern, kündigte aber eine Erklärung für kommende 
Woche an. In Politik und Verwaltung provozierte die jetzt bekannt 
gewordene Praxis unterschiedliche Reaktionen. So hält es der 
SPD-Rechtspolitiker Fritz Felgentreu für richtig, bei Straftätern die
Herkunft zu erfassen: "Man muss wissen, bei welchen Gruppen es 
besondere Probleme gibt." Das helfe der Polizei, bestimmte Gruppen 
und Familien gezielter anzusprechen. Dass sehen nicht alle 
Sozialdemokraten so. "Natürlich muss sich die Polizei angucken, mit 
wem sie es zu tun hat - aber das muss man nicht gleich in die 
Kriminalitätsstatistik schreiben, da die Gefahr von 
Fehlinterpretationen droht", sagt Thomas Kleineidam, innenpolitischer
Sprecher der SPD-Fraktion.
Auch beim Koalitionspartner sieht man das Vorgehen der Polizei 
skeptisch. "Es ist für die Arbeit der Polizei bestimmt hilfreich, den
Hintergrund der Täter zu erfassen", sagt Marion Seelig, 
innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Abgeordnetenhaus. 
Allerdings ist sie dagegen, dass diese Angaben in öffentlichen 
Statistiken benutzt werden: "Das schafft Deutsche erster und zweiter 
Klasse." Sie sieht die Gefahr, dass so ganze Bevölkerungsgruppen 
"öffentlich stigmatisiert" werden. Dieses weist SPD-Mann Felgentreu 
zurück. Allerdings sieht auch er das Problem, dass Begriffe wie 
"nicht-deutsche Herkunft" oder "Migrationshintergrund" nicht exakt zu
definieren sind: "Das ist immer auch ein Stück Gefühlssache, es gibt 
hervorragend integrierte Migranten und sehr wenig integrierte 
Menschen, deren Familie seit Generationen hier lebt." Solche 
Definitionen hätten "immer auch ein Element von Willkür". Genau das 
stört den Grünen-Politiker Özcan Mutlu: "Diese Regelung öffnet 
Stigmatisierung und Missbrauch die Tür."
Die Polizei verwendet in ihrer Statistik eine Definition, auf die 
sich die Landesminister im vergangenen September geeinigt haben. 
Danach sind "Deutsche mit Migrationshintergrund" alle Personen, "die 
trotz deutscher Staatsangehörigkeit eine nicht-deutsche Herkunft 
haben (Staatsangehörigkeit oder Geburtsort), oder bei denen dies für 
wenigstens ein Elternteil gilt." Währenddessen ist das Statistische 
Bundesamt schon einen Schritt weiter: "Es handelt sich um eine 
synthetische Variable", sagt Gunter Brückner vom Bundesamt, "wir 
überlegen, ob man den Migrationshintergrund in einigen Jahren anders 
definieren sollte". Etwa, indem nach der Sprache gefragt werde, die 
zu Hause überwiegend gesprochen wird.
Inhaltliche Rückfragen bitte an Tagesspiegel Berlin-Ressort 
030/26009547

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de

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