Der Tagesspiegel: Regierungsbeauftragter: Schavan fördert Selektion von Behinderten
Berlin (ots)
Berlin - Mit der Förderung eines Schwangerschaftsfrühtests auf das Down-Syndrom hat sich Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) heftige Kritik aus den eigenen Reihen zugezogen. "Das ist Behinderten-Diskriminierung in der schlimmsten Form", sagte der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstagsausgabe). Bei dem mit 230.000 Euro geförderten Verfahren der Konstanzer GATC Biotech AG gehe es "nicht um Therapie, sondern um Selektion", erklärte der CDU-Politiker. Da Menschen mit Down-Syndrom nicht therapierbar seien, handle es sich ganz offensichtlich um "Rasterfahndung, mit dem einzigen Ziel, Menschen mit Behinderung auszusortieren und zu töten". Dies mit öffentlichen Geldern zu fördern, sei "nicht hinnehmbar".
Er könne die Entscheidung des Ministeriums auch deshalb nicht verstehen, sagte Hüppe, weil sich Schavan noch im Juli dieses Jahres gegen Gentests an Embryonen gewandt hatte - zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei der Debatte über das Für und Wider der Präimplantationsdiagnostik (PID) hätten alle Abgeordneten und Regierungsmitglieder den Wert behinderten Lebens betont, erinnerte auch der Bundesvorsitzende der Behinderten-Vereinigung Lebenshilfe, Robert Antretter. Mit der Förderung des neuen Testverfahrens werde nun "de facto vermittelt, dass es behindertes Leben zu verhindern gilt".
Schätzungen zufolge führen positive Tests auf Trisomie 21 in mehr als 90 Prozent der Fälle zum Schwangerschaftsabbruch. Dabei bestehe durch das Down-Syndrom keine Gefahr für Mutter und Kind, die eine Abtreibung rechtfertige, sagte Hüppe. Auch ein "Leiden" von Betroffenen sei nicht feststellbar. Die Kinder seien "nur anders veranlagt".
Das Ministerium lobt das Testverfahren auf seiner Internetseite. Der große Vorteil sei "das geringe Risiko für Kind und Mutter", heißt es dort. Bei dem Test, den die GATC Biotech AG zur Zeit entwickle, genüge "eine Blutprobe von zehn Millilitern, die einfach aus den Armvenen der Mutter gewonnen wird". Vergleichbare Klarheit könne bisher "nur eine Untersuchung des Fruchtwassers bringen, die jedoch mit dem erheblichen Risiko einer Fehlgeburt einhergeht", sagte ein Sprecher. Angesichts von 31 000 solcher Untersuchungen im Jahr wäre eine ebenso sichere Alternative ohne Fehlgeburtsrisiko "wünschenswert".
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