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Pressestimmen: "Der Tagesspiegel" Berlin meint zum Ringen im UN-Sicherheitsrat

Berlin (ots)

Am Dienstag will die US-Regierung über den Text
einer zweiten Irak- Resolution abstimmen lassen. Gleichzeitig hat
Washington angekündigt, dass das Ergebnis der Abstimmung belanglos
ist. Diese Drohung bringt das Friedenslager in die Bredouille.
Entweder es schwenkt um und nickt die amerikanischen Pläne
zähneknirschend ab, oder es forciert das transatlantische Zerwürfnis
und lädiert das Ansehen des Sicherheitsrates, ohne den Krieg
verhindert zu haben. Ein diplomatisches Mega-Debakel bahnt sich an.
Frechheit siegt: Diesem Glauben huldigen offenbar die US-Falken. Von
ihrer Sache haben sie die Welt nicht überzeugt. Andererseits haben
sich die USA durch ihren Truppenaufmarsch unter Zugzwang gesetzt.
"Man kann nicht 250 000 Soldaten in der Wüste herumstehen lassen wie
Komparsen in einer Aida-Inszenierung" moniert ein Regierungsberater.
Aber Angst vor einem Ansehensverlust ist der wohl dürftigste aller
Kriegsgründe. Nun also sitzen alle in der Zwickmühle, Tauben wie
Falken. Dabei weiß die US-Regierung, dass ihre Flucht in die
diplomatische Offensive riskant ist. Sicher, es hat Kriege ohne
UN-Mandat gegeben. Das prominenteste Beispiel ist der Kosovo. Aber
einen Krieg gegen den ausdrücklichen Willen des UN-Sicherheitsrates
zu beginnen, wäre ohne Vorbild. Der amerikanische Einwand, eine
Invasion sei völkerrechtlich schon durch die bestehenden
UN-Resolutionen gedeckt, sticht nicht. Wer eine zweite Resolution so
massiv anstrebt wie Washington, hält sie implizit auch für
erforderlich. Amerika muss wieder zur Flexibilität zurückfinden. Der
Resolutionstext mit dem einwöchigen Ultimatum darf nicht das letzte
Wort sein. Das "Tauben- Trio" jedoch - Russland, Frankreich,
Deutschland - muss sich als Erstes bewegen. "Die Inspektionen können
nicht unendlich weitergehen", steht in deren jüngstem Memorandum. Ein
stures Nein zu jeder Art von Fristsetzung ist also wenig konstruktiv.
Doch Zugeständnisse fallen schwer. Denn im alt-europäischen
Widerstand gegen die Bush-Regierung schwingt Trotz mit. Man will es
diesem ungebildeten, todesstrafewütigen Texaner, der sich von Kyoto
bis zum Internationalen Strafgerichtshof über alle Verträge
hinwegsetzt, zeigen. Solche Gefühle sind verständlich, aber sie
ungebremst auszuleben verschlimmert die Lage.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon:030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email:thomas.wurster@tagesspiegel.de

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