Pressestimmen: Lafontaine, Gabriel zu SPD-Reformen
Berlin (ots)
Der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine will nach eigenen Worten eine Konfrontation auf dem SPD-Sonderparteitag zu den Sozialreformen vermeiden. Mit Blick auf die Debatten um seine neuerliche Kritik an der rot-grünen Bundesregierung sagte Lafontaine dem "Tagesspiegel" (Donnerstag-Ausgabe), er wolle "alles vermeiden, was zu einem Showdown wie bei dem Film 12 Uhr mittags führen könnte". Ob er zum Parteitag kommen werde und dort dann reden wolle, sei noch nicht entschieden. Es gebe für ihn auch Gründe, die dagegen sprächen. Schließlich wolle er "nicht irgendjemandem einen Vorwand geben, von der Sache abzulenken". Auf dem Sonderparteitag geht es auch Sicht Lafontaines zentral um geplante Änderungen bei der Arbeitslosenhilfe, beim Arbeitslosengeld, Kündigungsschutz, Krankengeld und den Tarifverträgen. Hier habe die SPD "vor der Wahl das Gegenteil dessen versprochen, was sie jetzt tun will", rügte Lafontaine. Lafontaine begründete seine Kritik an den Kanzlerplänen mit dem Hinweis, es seien doch - wirtschaftspolitisch gesehen - nicht Staudämme gebrochen, so dass man nun einer Flut Herr werden müsse. Er sagte, die Rahmendaten in der Finanz- und in der Steuerpolitik hätten sich doch kaum geändert. Ein "neues Momentum" für Änderungen sehe er nicht, auch kein neues ökonomisches oder sozialpolitisches Faktum, das zur Begründung für einen Kurswechsel tauge.
Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel widersprach der Einschätzung in diesem Punkt. Die Partei habe in ihrem Programm zur Bundestagswahl im September den Realitäten nicht ausreichend Rechnung getragen, sagte er dem "Tagesspiegel". Der gesamte Parteivorstand - dem Gabriel angehört - sei nun gefordert zu erklären, warum der Kurs in der Sozialpolitik verändert werden müsse. Wie Lafontaine und die Mehrheit der SPD-Linken wandte sich Gabriel, der zu den so genannten Reformern zählt, gegen eine Konfrontation in der SPD. Sie wäre nach seinen Worten "unpolitisch". Durch eine derartige "Dramatisierung" werde nur verhindert, das zu debattieren, was über die vier Punkte - ohne den der Tarifverträge - hinaus gehe. Geredet werden müsse über alles, was Impulse für Wachstum und Beschäftigung gebe. "Es ist ja nicht alles falsch, was die Linke vorschlägt", sagte der frühere Ministerpräsident, "zum Beispiel der Hinweis auf eine veränderte Steuerpolitik".
Gabriel ist dafür, die Steuerreform vorzuziehen und die Steuern für Arbeitnehmer zu senken. Beim Arbeitslosengeld tritt er für eine Modifizierung des Schröder-Vorschlages ein. Grundsätzlich müsse es bei jedem gekürzt werden, der eine angebotene Arbeit ablehne.
Gefragt, ob er sich vorstellen könne, die verschiedenen Positionen zusammenzuführen und integrierend zu wirken, erwiderte Gabriel: "Der Moderator muss eine Funktion haben - ich habe keine." Klassischerweise sei dies die Aufgabe des Generalsekretärs. Als Mitglied des Parteivorstandes "mache ich mir aber Gedanken, wie man einen Showdown verhindert", fügte Gabriel hinzu.
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