Pressestimmen: Schröder: Ausgeglichener Etat 2006 nicht mehr zu erreichen Agenda 2010 - Kompromissbereit bei älteren Arbeitslosen Fischer "glänzende Besetzung" für EU-Außenminister
Berlin (ots)
Berlin. Ein ausgeglichener Haushalt im Jahr 2006 ist auch nach Ansicht von Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht mehr erreichbar. "Für ein Budget 2006 ohne Neuverschuldung bräuchten wir Wachstumsraten, die ich nicht erwarten kann", sagte Schröder im Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag". Er sei im übrigen weder bereit, die Staatsausgaben weiter zu kürzen, noch die geplante Steuerreform aufzugeben, um dieses Ziel zu erreichen.
Schröder machte in dem Gespräch mit dem "Tagesspiegel am Sonntag" zudem deutlich, dass der Reformbedarf in Deutschland mit der Umsetzung der Agenda 2010 seiner Ansicht nach noch nicht gedeckt sei. "Bei einer so schnellen Veränderung der ökonomischen Basis unserer Gesellschaften in Europa ist die Notwendigkeit zu reformieren ein permanenter Prozess." Die Agenda sei zwar bereits "ein gewaltiger Kraftakt". "Aber mit der Agenda ist Politik für diese Legislaturperiode ja nicht an ihr Ende gekommen", fügte der Kanzler hinzu. Der SPD-interne Streit über seine Reformpläne ist nach Auffassung Schröders trotz der wachsenden Zustimmung noch nicht beendet: "Ausgestanden ist nichts." Allerdings könne man davon ausgehen, dass es auf dem SPD-Sonderparteitag am 1. Juni eine Mehrheit für die Agenda geben werde. Schröder warnte seine Kritiker vor einer Blockade der Reformpläne. "Wer jetzt nichts tut, liefert die sicherste Gewähr dafür, dass es zu einem Kollaps der Sozialsysteme kommt." Und: "Ich glaube, dass ich die Empfindungen der Parteimitglieder ganz gut kenne" - was er hingegen den lautstarken Kritikern seiner Reformpläne indirekt absprach. Allerdings deutete der Kanzler Kompromissbereitschaft in der Frage der Arbeitslosen über 55 Jahre an. Mit Blick auf die heftigen Bedenken aus der Partei sagte Schröder: "Das muss heißen, das man sich um diese Menschen kümmert, wenn sich nachgewiesener Weise keine Chance für sie eröffnet hat." In der Frage sieht der Kanzler auch die Firmen gefordert: "Da müssen wir auch zu einer veränderten Ethik der Wirtschaft kommen. Dort wurden Menschen zu früh zum alten Eisen gezählt." Ein Vorziehen der Steuerreform, wie von einigen Kritikern gefordert, schloss Schröder kategorisch aus. Er sprach sich auch gegen die Einführung einer Alkoholsteuer aus.
Der Kanzler forderte die CDU-Vorsitzende Merkel und CSU-Chef Stoiber auf, Verantwortung für die Durchsetzung der Agenda 2010 im Bundesrat zu übernehmen "und nicht taktisch vorzugehen". Sonst nutze Gesprächsbereitschaft nichts.
Bundeskanzler Schröder hat Außenminister Joschka Fischer als "glänzende Besetzung" für das Amt des europäischen Außenministers bezeichnet. Er würde einen Fortgang Fischers nach Brüssel zwar mit einem weinenden Auge sehen. "Wenn aber eine solche Position für Deutschland erreichbar ist und man eine exzellente Besetzung hat, darf der Kanzler das nicht egoistisch sehen, schon wegen der Verantwortung für die europäische Idee", sagte Schröder im Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag".
Schröder sagte auch, er sehe "keinen Grund", die Sanktionen gegen den Irak nicht aufzuheben. "Es geht nur um die Bedingungen und das Verfahren."
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