Pressestimmen: Internation. Atomenergiebehörde über das iranische Atomprogramm
Berlin (ots)
Kurzfassung: Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) kritisiert in ihrem jüngsten Bericht deutlich das Nuklearprogramm Irans. Nach Informationen des Tagesspiegels schreibt der Leiter der Behörde, Mohammed al Baradei, in dem Gutachten, das er am Montag in Wien vorstellen wird: Die Anzahl der Versäumnisse des Iran, über (Nuklear-)Materialien, Anlagen und Aktivitäten zu berichten, ist Besorgnis erregend." Al Baradei wirft Iran vor, seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen nicht nachgekommen zu sein. Einige westliche Geheimdienste gehen davon aus, dass Iran ein Atomenergieprogramm betreibt, um sich die technischen Anlagen und das Know-how zur Herstellung von Atomwaffen zu beschaffen sowie ein militärisches Projekt zu verschleiern. Deutsche Sicherheitskreise sprechen von Indizien für eine beunruhigende Entwicklung". Erst im Mai hatte Iran gegenüber der IAEO zugegeben, 1991 knapp zwei Tonnen Atommaterial aus China illegal importiert zu haben. Experten gehen davon aus, dass Iran damit Weiterverarbeitungstechniken erprobt hat, was Teheran bestreitet. Allerdings konnte die IAEO bei einem Besuch Irans im März nachweisen, dass ein Teil des Nukleamaterials fehlte. Ein anderer Teil ist nach Angaben Irans im Jahr 2000 zu Uran-Metall umgewandelt worden, was bei der IAEO Fragen aufwirft. So schreibt Al Baradei in seinem Bericht: Die Rolle des Uran-Metalls im von Iran gemeldeten nuklearen Brennstoffkreislauf ist weiter unklar, weil weder seine Leichtwasserreaktoren noch sein geplanter Schwerwasserreaktor Uran-Metall als Brennstoff benötigen." Uran-Metall wird jedoch zur Herstellung von Uran-Sprengköpfen benötigt. Die US-Regierung ist überzeugt, dass Iran Atomwaffen entwickelt. Der deutsche Botschafter in Washington, Wolfgang Ischinger, warnte, in dieser Frage drohe neuer transatlantischer Streit. In westlichen Geheimdienstkreisen heißt es, Iran verfolge zwei unterschiedliche Atombombenprogramme. Eines auf der Basis von angereichertem Uran, das in einer fast fertig gestellten Anlage im iranischen Nantas produziert werden könnte, und ein weniger fortgeschrittenes auf Plutonium-Basis. Darauf deute die Anlage zur Produktion von schwerem Wasser in Arak hin. Sie soll offiziell einen geplanten Reaktor versorgen. Dieser kann aber auch waffenfähiges Plutonium produzieren.
Langfassung:
Seit Tagen demonstrieren Studenten in Teheran gegen das Regime. Am Montag könnten die Mullahs weiter unter Druck geraten. Dann stellt Mohamed al Baradei, der Leiter der Atomenergiebehörde IAEO, in Wien seinen Bericht über das iranische Nuklearprogramm vor. Und der hat es in sich. Der Tagesspiegel konnte den Bericht einsehen, den Baradei schon an die 35 Länder verschickt hat, die im Leitungsgremium der Behörde sitzen. Dort heißt es: Iran ist seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen was das Melden von Nuklearmaterial, die nachfolgende Weiterverarbeitung und den Gebrauch dieses Materials anbelangt und hat auch Einrichtungen nicht gemeldet, in denen das Material gelagert und weiterverarbeitet wird." Mit anderen Worten, Iran hat die wichtigsten Punkte des Abkommen über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen gebrochen. Al Baradei ist als sehr vorsichtig bekannt. Deswegen heißt es in seinem Bericht nur, die Anzahl der Verstöße Irans gibt Anlass zur Sorge". Doch eine Menge unbeantworteter Fragen lassen erhebliche Zweifel aufkommen, ob Iran nur ein ziviles Atomprogramm verfolgt - oder unter dem Deckmantel der Energiegewinnung die Voraussetzungen zum Bau einer Atombombe schafft. Das Problem: Dieselben Anlagen, die zur Anreicherung von Uran für Brennstäbe taugen, können auch zur Herstellung von waffenfähigem Material verwendet werden. Das iranische Atomprogramm ruft aus mehreren Gründen Skepsis hervor. Wenn es tatsächlich nur zivilen Zwecken dient, bleibt unklar, warum Iran das Nuklearlabor in Teheran, den Komplex zur Anreicherung von Uran in Nantas und die Fabrik zur Herstellung schweren Wassers in Arak bisher geheim gehalten hat. Erst, als im August 2002 Exiliraner von den Projekten berichteten, hat Iran deren Existenz zugeben müssen. Al Baradei war bei seiner - von den Iranern erst hinausgezögerten - Visite im Februar erstaunt, in der Pilotanlage in Nantas schon 160 Gaszentrifugen zur Anreicherung von Uran vorzufinden. Laut Schätzungen könnten die fast fertiggestellten Hauptgebäude in Zukunft je 30000 Zentrifugen beherbergen und so erhebliche Mengen von Uran anreichern, das in einer iranischen Mine abgebaut werden soll. Laut westlichen Geheimdienstquellen plant Iran zwei unterschiedliche Atombombentypen - einen mit Plutonium, den anderen mit angereichertem Uran. Die Plutoniumbombe ermöglicht kleinere Raketensprengköpfe. Waffenfähiges Plutonium muss aber in einem Reaktor aufbereitet werden, der mit Satelliten einfach zu entdecken ist. Die Bombe aus angereichertem Uran (U-235) ist relativ klobig. Die Zentrifugen zur Anreicherung von Uran sind aber leichter zu verbergen. Bisher scheint Iran weit fortgeschritten zu sein, was die Uran-Bombe anbelangt. Zumindest könnte der Komplex in Nantas, der noch dieses Jahr in Betrieb gehen soll, entsprechende Mengen angereicherten Urans liefern - wenn er nicht streng kontrolliert wird. Was die Plutoniumbombe anbelangt, so musste Iran nach der Entdeckung einer Anlage zur Herstellung schweren Wassers zugeben, einen Schwerwasserreaktor bauen zu wollen. Das mutet seltsam an. Schließlich baut Iran in Buschehr schon einen Leichtwasserreaktor. Normalerweise konzentrieren sich Länder wegen des notwendigen Know- hows auf nur eine Technik. Zudem ist man in den letzten Jahren zunehmend von Schwerwasserreaktoren abgekommen - auch aus Kostengründen. Der einzige Vorteil solch eines Reaktors: Man kann mit ihm einfacher waffenfähiges Plutonium produzieren. Noch etwas macht die Inspekteure der IAEO stutzig: Im Jahr 1991 hat Iran 1900 Kilo undeklarierte Uranprodukte in China eingekauft. Um, so kann vermutet werden, verschiedene Verarbeitungstechniken zu erproben - was Teheran bestreitet. Als die Inspekteure im März dann aber den Verbleib des Uranhexafluorid (UF6) klären wollten, fehlten, so der Bericht, fast zwei Kilo Gas, was Teheran mit leckenden Ventilen erklärt. Besorgniserregender ist allerdings die Verarbeitung des in China gekauften Urantetrafluorids (UF4). Das hat Iran in Uranmetall umgewandelt. In Punkt 20 des IAEO-Berichtes heißt es: Die Rolle des Uranmetalls im vom Iran gemeldeten nuklearen Brennstoffkreislauf ist weiter unklar, weil weder seine Leichtwasserreaktoren noch sein geplanter Schwerwasserreaktor Uranmetall als Brennstoff benötigen." Die Forschung an Uranmetall ließe sich erklären - allerdings nicht zivil. Schließlich braucht man Uranmetall zur Herstellung einer Uranbombe. Hinter all den Detailfragender IAEO verbirgt sich aber eine große Frage: Warum braucht Iran überhaupt ein ziviles Atomprogramm wenn nicht dafür, sich das Know-how zum Bau einer Bombe anzueignen? Schließlich hat Iran die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt und erhebliche Erdölvorkommen - warum sollte das arme Land also große Summen in eine aufwändige und im Vergleich zum Erdgas auch sehr teure Art der Energiegewinnung stecken? Bisher hat sich Iran geweigert, dem Zusatzprotokoll zur Atomsicherheit beizutreten, das landesweite, unangekündigte Inspektionen zulassen würde. Diese Verweigerung wird Teheran nach der Vorstellung des IAEO-Berichts wohl nicht mehr lange aufrechterhalten können. Aber die Mullahs haben schon vorgesorgt: Mehrere Quellen berichten davon, dass iranische Experten Seminare in Nordkorea belegt haben. Dort hat man schließlich Erfahrung in der Entwicklung von Atombomben - auch unter Beobachtung der IAEO.
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