Der Tagesspiegel: Verbandschef der Krankenkassen: "Das Urteil zum Bereitschaftsdienst in Krankenhäusern muss nicht zur Mehrkosten führen"
Berlin (ots)
Der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Angestelltenkrankenkassen, Herbert Rebscher, hat bestritten, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Bereitschaftsdiensten von Klinikärzten zusätzliche Ausgaben bedeutet. Wenn die Krankenhäuser ihre Arbeitsabläufe wirtschaftlich organisierten, müsse das Urteil nicht zu Mehrkosten führen, sagte Rebscher dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochsausgabe). "Dann sind auch keine Beitragserhöhungen notwendig."
Der Vorsitzende des Klinikärzteverbands Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, Montgomery nannte solche Annahmen "reinen Blödsinn". Man benötige 15 000 neue Ärzte und "eine Milliarde Euro sofort", sagte er dem "Tagesspiegel". Die Kassen versuchten "ihre Grundpolitik, den Abbau der Krankenhausleistungen, fortzuführen". Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat den Krankenhäusern für dieses und das nächste Jahr lediglich 200 Millionen Euro versprochen. Die jährliche Zu-wandung soll allerdings bis zum Jahr 2009 auf 700 Millionen Euro im Jahr steigen.
Montgomery bezeichnete das Urteil gegenüber dem "Tagesspiegel" als "historischen Sieg". Arbeitsminister Wolfgang Clement müsse das deutsche Arbeitszeitgesetz nun schnellstmöglich europäischem Recht angleichen. "Das geht nicht von heute auf jetzt, darf aber auch nicht noch fünf Jahre dauern".
Der Vorsitzende des Marburger Bundes räumte ein, dass die Klage auch unter Kli-nikärzten auf Widerstand gestoßen sei. "Mit Sicherheit ist eine kräftige Minderheit der Ärzte nicht glücklich über das Urteil", sagte Montgomery dem "Tagesspiegel". Sie hätten sich - legitimerweise - an die Mehreinnahmen durch Bereitschaftsdienste gewöhnt. Viele glaubten inzwischen, "dass man ein anständiges Einkommen nur erzielen kann, wenn man 80 Stunden in der Woche arbeitet wie ein Kesselflicker". Die Mehrheit der Klinikärzte allerdings wolle weniger arbeiten und sei auch bereit, dafür Einkommenseinbußen zu ertragen.
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