Der Tagesspiegel: Verdi-Chef Frank Bsirske: "Die Regierung nimmt eine Amerikanisierung der Verhältnisse in Kauf"
Berlin (ots)
Verdi-Chef Frank Bsirske hat die rot-grüne Wirtschafts- und Sozialpolitik verurteilt. "Die Regierung nimmt mit ihrer Politik eine Amerikanisierung der Verhältnisse in Kauf und bricht dabei mit zentralen Positionen der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften", sagte Bsirske im Interview mit dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe). Das zeige sich beispielsweise daran, "dass wir in Deutschland eine beispiellose Verknüpfung von sozialer Herkunft und Bildungschancen haben. Dass eine sozialdemokratische Regierung das hinnimmt oder sogar forciert, ist schon einmalig".
Über den Kurs der Regierung gebe es "ein erhebliches Maß an Irritation, Demoralisierung, Desorientierung und auch Resignation", sagte Bsirske weiter. "Und zwar gerade bei denen, die aktiv dazu beigetragen haben, dass diese Koalition vor einem Jahr wieder gewählt wurde." Zum künftigen Umgang mit der Regierung sagte der Verdi-Chef, "Dialog und Mobilisierung sind kein Widerspruch, wir brauchen beides". Der Kurs der Regierung "bricht mit den Traditionen dieser Partei und ihrer bisherigen politischen Orientierung".
Zur möglichen Änderung des Tarifvertragsgesetzes, mit dem die Opposition die Bildung betrieblicher Bündnisse für Arbeit erleichtern will, sagte Bsirske, "wir wissen, dass der Kanzler Vertrauen hat in die Selbstregulation der gesellschaftlichen Kräfte". Die Tarifverträge seien bereits "an vielen Stellen geöffnet worden", deshalb "gehen wir davon aus, dass die Bundesregierung das Thema nicht betreibt". Der Verdi-Chef räumte indes ein, "dass die Arbeitgeberseite Rückenwind hat und die Initiative bestimmt". In "diversen Gesetzesvorlagen" hätten die Arbeitgeber "ihre Position durchsetzen können", sagte Bsirske dem "Tagesspiegel".
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