BKA-Chef Münch warnt vor rechten Einzeltätern
Berlin (ots)
Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, warnt vor weiteren Anschlägen wie vor einem Jahr in Hanau. Die Polizei habe es "zunehmend mit allein handelnden Tätern zu tun, die sich selbst radikalisiert haben und zum Teil irrational agieren", sagte Münch dem "Tagesspiegel" (Mittwochsausgabe). Bei dem Tätertyp vermischten sich "Motive und Hintergründe, die von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Frauenfeindlichkeit oder Antisemitismus über krude Verschwörungstheorien bis hin zu psychotischen Störungen reichen". Sorge bereitet Münch auch der Lockdown, weil noch mehr Menschen im Internet unterwegs seien und "mit Inhalten aus der rechten Meinungsblase" in Berührung kämen.
In Hanau hatte am 19. Februar 2020 der Rassist Tobias Rathjen gezielt auf die Besucher von Shisha-Bars gefeuert. Neun Menschen aus Einwandererfamilien starben. Rathjen erschoss danach seine Mutter und sich selbst. Der Täter hatte in einem Manifest die Ausrottung ganzer Völker gefordert, zugleich aber auch wahnhafte Vorstellungen von der Überwachung seiner Person durch Geheimdienste offenbart. In einem Video hatte Rathjen zudem Verschwörungstheorien geäußert, die denen der US-amerikanischen QAnon-Bewegung ähneln. Demnach tötet eine geheim agierende Elite in Untergrundgefängnissen Kinder, um aus deren Blut ein Verjüngungsmittel zu gewinnen. BKA-Chef Münch warnte jetzt, auch wenn die Anhängerschaft von QAnon in Deutschland überschaubar sei, sei die Dynamik der Verbreitung solcher kruden Theorien groß. Diese könnten "eine gefährliche Wirkung haben".
Die Bundesregierung hat jetzt in einer Antwort auf eine schriftliche Frage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Die Linke) den Anschlag von Hanau als Hasskriminalität mit den "Unterthemenfeldern Fremdenfeindlich, Ausländerfeindlich, Islamfeindlich und Rassismus" sowie der "Deliktqualität Terrorismus" bezeichnet. Die Sicherheitsbehörden hatten nach dem Angriff diskutiert, ob die Tat des als psychisch gestört geltenden Tobias Rathjen als rechtsextremistischer Anschlag zu bewerten sei. Die Linkenpolitikerin Jelpke begrüßte, dass die Bundesregierung die neun Morde an Menschen aus Einwandererfamilien in Hanau klar als rassistisch und islamfeindlich motivierten Terrorakt einstufe.
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