Der Tagesspiegel: Kritik an DKV-Vorschlag zu Zwangsmitgliedschaft für private Krankenversicherungen
Berlin (ots)
Ein Reformvorstoß des designierten Vorstandschefs der privaten Krankenversicherung DKV, Günter Dibbern, ist auf breite Ablehnung in Politik und bei den gesetzlichen Kassen gestoßen. Dibbern hatte im Berliner "Tagesspiegel" angeregt, freiwillig bei den gesetzlichen Kassen (GKV) versicherte Gutverdiener zwangsweise auszuschließen. Die GKV würde dadurch rund fünf Millionen ihrer insgesamt 34 Millionen Versicherten verlieren. Die Gesundheitsexpertin der Grünen, Biggi Bender, nannte es "geradezu absurd, nun eine Zwangsmitgliedschaft für private Versicherungen zu fordern". Vielmehr müsse man den Menschen ermöglichen, frei zu entscheiden, wie sie sich versichern wollten. Dibberns Argument, dass kapitalgedeckte Systeme den gesetzlichen überlegen seien und deshalb möglichst viele in Privatversicherungen wechseln müssten, sei "angesichts der ständig steigenden Tarife bei den Privaten nicht überzeugend", sagte sie dem "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe). Ge- sundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wollte sich zu dem DKV- Vorschlag nicht äußern. Die Ministerin begrüße eine breite Diskussion über die Strukturreform im Gesundheitswesen, wolle aber derzeit keine Bewertungen vornehmen, erklärte eine Sprecherin.
Norbert Klusen, Vorstandschef der Techniker-Krankenkasse, bezeichnete Dibberns Vorstoß als "untauglich": "Unverhohlener kann man seine Profitinteressen nicht vertreten. Es ist doch heute schon nicht einzusehen, weshalb sich Menschen, die mehr als 3825 Euro im Monat verdienen, einfach aus der Solidarität verabschieden können." Eckart Fiedler, Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, beklagte, die Privatversicherungen wollten "abkassieren", da gerade Gutverdiener gesund seien. Der Vorschlag stelle nicht nur das Solidarsystem auf den Kopf, sondern die GKV als Versicherung in Frage. "Risikoselektion darf nicht die Zukunft des Gesundheitswesens bestimmen", sagte er dem "Tagesspiegel" und richtete an die Privaten die Frage: "Will die PKV eine Solidargemeinschaft der Kranken zurücklassen?" Beim Verband der Angestellten-Krankenkassen hieß es, ohne die Gutverdiener wäre die GKV entweder nicht finanzierbar oder aber die Beiträge würden ins Unzumutbare steigen. Ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes nannte Dibberns Vorschlag "kurios" und von "blindem Eigeninteresse" gesteuert.
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