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Der Tagesspiegel: Martin Walser äußert sich zu seinem Verlag und warum er bei der Gedenkfeier des Suhrkamp-Chefs Unseld ferngeblieben ist

Berlin (ots)

Am morgigen Mittwoch erscheint im Tagesspiegel ein
Interview mit dem Schriftsteller Martin Walser, in dem er sich unter
anderem über sein Verhältnis zum seinem Verlag, zum Frankfurter
Suhrkamp Verlag äußert. Über sein Fernbleiben von der Gedenkfeier für
den verstorbenen Suhrkamp-Chef Siegfried Unseld am vergangenen
Mittwoch wurde während der Frankfurter Buchmesse vielfältig
spekuliert. Au- schnitt aus dem Interview:
Tagesspiegel: Manchmal streifen Sie in "Meßmers Gedanken" das
Altern, doch in Ihnen scheint so viel Unruhe, da fällt es schwer sich
einen Abschied vorzustellen. Bei einem Alterswerk denkt man doch an
ein erfülltes Leben und Ihres scheint noch so halbleer.
Walser: Meine Erkundungen des Alterns sind Andeutungen. Ich werde
in meinem nächsten Roman zum ersten Mal ein bisschen weitergehen.
Eine Passage darin kratzt an ein paar bühnenfüllenden Kulissen des
allbekannten kulturellen Altersstücks. Das muss man aber als Roman
machen und das darf ich Ihnen ja alles auch gar nicht sagen ... Wenn
wir so reden, ist es mir eine Qual, dass ich immer ein bisschen an
mir vorbeireden muss, aus gewissen Gründen. Das ist grauenhaft. Ich
bin doch voll von meinem nächsten Roman. Ande-rerseits habe ich diese
Situation, diese kulturgesellschaftliche, literaturbetriebliche
Situation seit letztem Jahr ... Durch die - seismologisch gesagt -
Erschütterungen des vergangenen Jahres hat sich in mir ein Gefühl
angenehmer Ortlosigkeit ausgebreitet, was das Daheimsein in einem
Verlag angeht. Soweit kann ich das zum Ausdruck bringen. Ich habe
diese Illusion nicht mehr, die bei einem Autor entstehen kann. Der
Verleger sagt: Das ist mein Autor. Der Autor sagt: Das ist mein
Verleger. Mit solchen pseudo-besitzanzeigenden Fürwörtern bezeichnen
sie einander und das sind die Wärme verbreitenden, angenehmen Lügen
des Alltags. Es ist gut, dass man - ohne dass man es wollte - einmal
richtig durchge-schüttelt wurde, mit fünf bis sechs auf der
Richterskala. Es ist schön, dass ein so notorisch sesshafter Mensch
wie ich unverdient diese Ortlosigkeit empfinden darf.
Tagesspiegel: Ortlosigkeit durch den Tod des Verlegers?
Walser: Das ist richtig. Dieser Tod wurde benutzt.
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Ressort Kultur, Telefon 030/26009-345
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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