Der Tagesspiegel: Ex-Verfassungsrichter Kirchhof: Familien müssen entlastet werden
Berlin (ots)
Berlin. Die Politik muss nach Meinung des früheren Verfassungsrichters Paul Kirchhof deutlich mehr für Familien mit Kindern tun. Die Beiträge, die Familien an die Renten- und Pflegeversicherung zahlen, sollten sinken, Kindererziehungszeiten bei der Rente stärker angerechnet werden, forderte der Jurist in einem Interview mit dem Tagesspiegel (Montagausgabe). "In keinem anderen Staat klafft die Schere zwischen Kapital und Kindern so weit auseinander", kritisierte Kirchhof. "Der Glanz des Geldes wird aber bald verblassen, wenn es niemanden mehr gibt, an den wir das Geld weitergeben können".
Zugleich mahnte Kirchhof, der heute das Institut für Steuerrecht an der Universität Heidelberg leitet, eine radikale Reform des Steuerrechts an. Eine große Steuerreform mit deutlich niedrigeren Steuersätzen "muss im nächsten Jahr kommen", forderte der Steuerexperte, der selbst eine dreistufige Steuerreform mit einem Spitzensteuersatz von 25 Prozent propagiert. Kirchhof warnte davor, Reformideen zu zerreden. Die Reformvorschläge der Oppositionsparteien seien in ihren Grundzügen ähnlich. Allerdings bestehe die Gefahr, dass jeder noch kleine, eigene Details einbaue, und sich die Modelle am Ende gegenseitig blockieren. "Es geht nur die große Lösung - oder es wird nichts", mahnte der Jurist. Den Plan der Bundesregierung, die dritte Stufe der Steuerreform auf den 1. Januar 2004 vorzuziehen, hält Kirchhof für einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Allerdings müsse die damit verbundene Steuerentlastung der Bürger über einen Abbau von Subventionen finanziert werden und keinesfalls über neue Schulden.
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