Der Tagesspiegel: Catenhusen: Europäische Regelung zu Stammzellen könnte am Ende dem deutschen Modell ähneln
Berlin (ots)
Gegner wie Befürworter der Embryonenforschung haben einen Kompromissvorschlag aus Portugal begrüßt. Der Vorschlag, über den die EU-Forschungsminister am kommenden Mittwoch entscheiden, sieht vor, nur Forschung an bestehenden Stammzelllinien zu fördern. Wolf- Michael Catenhusen, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, sagte dem "Tagesspiegel" (Donnerstags-Ausgabe), die Chance sei groß, dass "die europäische Regelung dem deutschen Stammzell-Kompromiss am Ende sehr ähneln" werde. "Die Phase der Blockade liegt hinter uns." Zum Kompro-missvorschlag aus Portugal sagte Catenhusen, wichtig sei es, welcher Stichtag für die gewonnenen Stammzelllinien gelten solle. Die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Maria Böhmer sprach von einem "guten Signal". Der Vorschlag entspreche im Prinzip der deutschen Regelung, sagte sie dem "Tagesspiegel". Dies zeige, wie wichtig es sei, dass sich die Regierung in internationalen Verhandlungen dezidiert an die Beschlusslage des Bundestages halte - was bei den Klonverbots-Verhandlungen in New York leider nicht geschehen sei. Es komme darauf an, dass die Wertvorstellungen der Staaten mit klarer gesetz-icher Regelung "entsprechend geachtet werden". Auch der heftig engagierte Forschungsbefürworter und CDU-Politiker Peter Hintze sieht in dem Vor-schlag einen "gangbaren Weg". "Wenn ein Kompromiss die bisherige Blockade auflöst, finde ich das gut", sagte er dem "Tagesspiegel". Allerdings sei es wünschenswert, dass man sich auf einen späte-ren Stichtag als in Deutschland einige. Dies eröffne die Möglichkeit, "bessere und stabilere Stamm- zelllinien zu bekommen". In Deutschland dürfen nur Stammzellen verwendet werden, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden - und von denen sind laut Hintze manche möglicherweise virenverseucht. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring- Eckardt appelliert an die EU- Kommission, auch bei künftigen Entscheidungen über ethisch umstrittene Forschungsprojekte das geltende Recht der Mitgliedsländer zu berücksichtigen. Die Kommission müsse berücksichtigen, dass verbrauchende Embryonenforschung keine Förderung im Sinne des "gemeinschaftlichen Interesses" der EU-Länder sei. Gerade weil es beim 6. Forschungsrahmenprogramm nicht um deutsches, französisches oder britisches Geld gehe, sondern um knapp bemessenes "europäisches" Forschungsgeld, sollten nur Projekte gefördert werden, die nicht gegen nationale Rechtsgrundlagen verstoßen, so Göring-Eckardt im Ge-spräch mit dem "Tagesspiegel". Für Jörg Tauss, den forschungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, wäre es die sauberste Lösung, dass jedes Land selbst entscheidet, ob und in welchem Umfang es die umstrittene Embryonenforschung fördern will. Doch egal, welche Regelung am Ende aus Brüssel herauskomme - Ruhe werde man nur geraume Zeit haben, sagt Tauss. Erneuter Druck, die in Deutschland gefundene Regelung zu überdenken, werde dann entstehen, wenn es in anderen Ländern zu Erfolgen bei der Embryonenforschung bis hin zu anwendbaren Therapien komme. "Dann haben wir eine völlig neue ethische Debatte."
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