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Der Tagesspiegel: Thierse glaubt nicht an schnelle Steuerreform und warnt vor Steuersenkungen /Bundestagspräsident gegen Gleichsetzung von christlichen und islamischen Symbolen

Berlin (ots)

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warnt
Bürger und Unternehmer vor zu großen Hoffnungen, dass es rasch zu
einer weiteren Steuerreform kommen wird. Angesichts der
"erschreckenden Zahl von 15 Wahlkämpfen" in diesem Jahr, sagte
Thierse dem Berliner "TAGESSPIEGEL AM SONNTAG", sei er "skeptisch",
dass "es wirklich zu einer großen Steuerstrukturreform kommen wird,
die 2005 in Kraft treten kann". Insbesondere den Erwartungen auf
weitere Steuersenkungen erteilte Thierse eine klare Absage. "Der
Staat kann auf Einnahmen nicht verzichten". Deshalb sei der einzige
Weg zur Senkung der Steuers ätze ein "harter Subventionsabbau". Dafür
sehe er allerdings "noch lange keine Einigkeit". Nur bei der
Schaffung von mehr Transparenz im Steuersystem und einer einfacheren
Handhabung sei er optimistisch. Gleichwohl rief Thierse dazu auf, in
der aktuellen Debatte um ein neues Steuersystem grundsätzlich über
die Aufgaben des Staates in der Zukunft und die gerechte Verteilung
des Wohlstandes zu diskutieren. "Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an
dem wir darüber zu diskutieren haben, welche Leistungen der Staat -
also die Gemeinschaft der Bürger - als öffentliche zu erbringen und
welche Leistungen der Einzelne zu finanzieren hat." Für seine Partei
lehnte Thierse die Kürzung von staatlichen Ausgaben zur Finanzierung
einer Steuersenkung allerdings von vornherein ab. Der Staat habe
Ausgaben für Bildung oder Sicherheit, "die die Bürger mit großer
Selbstverständlichkeit erwarten und die zu finanzieren sind". Wer
diese Leistungen kürzen will, müsse wissen, dass die Kehrseite
größere soziale Ungleichheit sein könnte, bei der die Abhängigkeit
des Einzelnen von seinem Geldbeutel wachse. "Eine solche Reform wird
es mit den Sozialdemokraten nicht geben." Nach dem Reformmarathon der
letzten Monate lobte der Bundestagspräsident Politiker und Bürger für
ihre Bereitschaft zur Veränderung. Bei Parteien und in der
Bevölkerung sei das Bewusstsein für den Umfang der Reformen und den
Anteil, der schon geschafft ist, geschärft worden. "Anders als in
früheren Jahren beherrscht Mut und nicht Angst vor den Wählern die
Reformdebatte", sagte Thierse.
Im Streit um das Tragen von Kopftüchern an deutschen Schulen
widersprach Thierse Bundespräsident Johannes Rau (SPD). Zwar habe der
Staat "grundsätzlich die Pflicht zur Neutralität gegenüber allen
Religionen". Die entscheidende Frage bei der Gleichsetzung von
christlichen Symbolen, wie dem Kreuz und dem Kopftuch sei jedoch, ob
das Kopftuch nur ein religiöses Symbol ist. Daran zweifele er. "Ein
Kreuz ist kein Symbol von Unterdrückung, das Kopftuch für viele
muslimische Frauen schon", sagte Thierse. Deshalb sei zwischen beiden
zu unterscheiden. Angesichts der Pflicht für deutsche
Journalistinnen, bei der Berichterstattung aus dem Iran ein Kopftuch
zu tragen, sagte der Bundestagspräsident, dies sei "die Anpassung
einer Reporterin an die Sitten eines Landes. Könnte man dann den
muslimischen Bürgerinnen unseres Landes nicht zumuten, sich an die
Sitten und Grundüberzeugungen unseres Landes zu halten?" Im
Grundgesetz, so Thierse, sei die Unterdrückung der Frau nicht
gestattet. "Das setzt Schranken für das Zeigen einer Symbolik, die
dies ausdrückt."
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Ressort Politik, Telefon 030/26009-389
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Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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